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Wird die EZB zur Bad Bank?

 

Es wird derzeit ja ganz munter darüber diskutiert, ob die Europäische Zentralbank durch ihr Programm zum Ankauf von Staatsanleihen zu einer Bad Bank wird, in der die privaten Banken ihre Risiken abladen.

Ich teile diese Einschätzung mit Einschränkungen – aber ich denke, es ist der Preis für die Abwendung der Katastrophe.

Zur Erinnerung: Damals in den Tagen vor dem Rettungswochenende brach der Bondmarkt zusammen – wenn nichts geschehen wäre, hätte in den Tagen darauf halb Europa Bankrott anmelden müssen. Deshalb hat die Politik ihr Rettungspaket geschnürt und weil klar war, dass die Märkte den zerstrittenen Staatschefs nicht mehr über den Weg trauen, hat die EZB mitgemacht, weil nur sie schnell und entschlossen handeln konnte. Wenn es hart auf hart kommt, das lehrt diese Krise, dann sind in einer parlamentarischen Demokratie nur die Zentralbanken handlungsfähig. Das mag man demokratietheoretisch problematisch finden, aber es ist eben so.

Nun also kauft das Eurosystem Anleihen der europäischen Schuldenstaaten und stützt damit die Anleihekurse. Was folgt daraus? Es kommt darauf an.

Erstens: Die Marktkurse sind tatsächlich Ergebnis „dysfunktionaler“ Prozesse, wie die EZB argumentiert. Es handelt sich also um Panikpreise, die nicht den wahren Wert der Anleihen spiegeln. Die Interventionen der EZB würden im Idealfall diese Fehlentwicklungen beseitigen. Weil die natürlichen Preise über den künstlich verzerrten liegen, hat die Notenbank auch keine Verluste zu befürchten. Es wäre eine klassische Liquiditätsoperation, vergleichbar mit einer Intervention am Devisenmarkt um dort Fehlbewertungen zu korrigieren.

Zweitens: Der Markt hat recht und die Preise der Anleihen entsprechen ihrem Wert. Sie fallen, weil zum Beispiel damit zu rechnen ist, dass Griechenland seine Schulden nicht mehr bezahlt. Dann betreibt die EZB eine künstliche Preismanipulation. Die Titel, die sie hält, würden im Wert verfallen, sobald sie mit den Käufen aufhört und die Notenbank müsste Wertberichtigungen vornehmen.

In beiden Fällen profitieren die Banken. Im ersten Fall, weil die Stützungsaktion die Marktpreise stabilisiert und die Institute deshalb keine mark-to-market Verluste bilanzieren müssen (weshalb der talk Unsinn ist, nur die französischen Banken profitierten, weil die deutschen Institute wegen ihrer Versprechungen gegenüber dem Finanzminister, Griechenlandanleihen nicht zu verkaufen, ihre Bilanzen nicht säubern könnten. Alle profitieren – zumal nach allem was man hört die deutsche Abmachung ihr Papier nicht wert ist und die Franzosen etwas ähnliches unterschrieben haben).

Im zweiten Fall kommt hinzu, dass jene Banken, denen es gelungen ist, ihre Anleihen an die Zentralbank zu verkaufen, dieser ihre Risiken übertragen haben. Im Falle einer Restrukturierung würde also die EZB – und mithin der Steuerzahler – die Lasten tragen und nicht mehr die privaten Banken (Aber auch hier kommt es auf die Details an. Eine Bank, die jetzt ihre Anleihen an die EZB verkauft, muss je nach Ankaufspreisen bei den aktuellen Kursen wohl erst einmal Verluste realisieren. Die Frage wäre, ob die möglichen Ausfälle durch die Umschuldung höher wären oder nicht).

Ist das alles ein Skandal? Nicht wirklich. Es war schon immer klar, dass das Rettungspaket für den Euro vor allem ein Rettungspaket für die Banken ist, weil wir die Banken nun einmal brauchen, um die Wirtschaft am Leben zu halten. Ich finde die Empörung darüber künstlich. Die Alternative wäre die Kernschmelze des Finanzsystems und das kann nun niemand wollen. Deutsche Banken haben mehr als 500 Milliarden Euro in der Peripherie. Wenn es kracht, dann ist das hiesige Bankensystem ausgelöscht. Viel Spaß.

Nehmen wir an, das griechische Kontingent der Anleihen fällt in der Tat aus und ein Euro ist nur noch 50 Cent wert. Dann wäre das ein Verlust von (meine Schätzung) etwa 5 Milliarden Euro, aufgeteilt nach Kapitalquote also für Deutschland 1,5 Milliarden. Peanuts im Vergleich zu den Kosten der Katastrophe. Goldman Sachs (leider kein Link) taxiert den Verlust bei einem Engagement der EZB von 150 Milliarden Euro und einem Haircut von 50 Prozent auf knapp vier Prozent der Zentralbankbilanz.

Man kann darüber sprechen, ob es nicht besser wäre, die Politik hätte die Rettung alleine übernommen, aber das war angesichts der gegebenen Handlungsbeschränkungen offensichtlich nicht möglich.

Und übrigens hält niemand die Politik davon ab, sich das Geld von den Banken (oder genauer gesagt den Haltern der Anleihen, also auch den ganz normalen Sparern) zurückzuholen. Mein Vorschlag: Zinsen besteuern. Und zwar mit Karacho.