Die letzten zwanzig Jahre sind durch verschiedene Vermögenspreisblasen gekennzeichnet, wie die japanische Aktien- und Immobilienblase, die dot.com Bubble, die US Immobilienblase und zuletzt die Ölkrise, die sich durch aus hier einreihen lässt. Und der Ausdruck „Bubble Economy“ ist mittlerweile zu einer Beschreibung der globalen Wirtschaft geworden. Beim diesjährigen Treffen der französischen, italienischen und deutschen Bankenvolkswirte am letzten Dienstag ging es unter anderem um die Frage, wie es sich vermeiden lässt, dass Vermögenspreise von ihren Fundamentalwerten abweichen. In meinem Kurzvortrag vertrat ich die Thesen, dass sich
- Asset Price-Blasen nicht vermeiden lassen, da sie ein konstituierendes Merkmal marktwirtschaftlicher Systeme sind – sie treten nämlich meist dann auf, wenn das wirtschaftspolitische Umfeld besonders freundlich ist, wenn also die Inflation niedrig, das Wachstum robust und die Staatsfinanzen solide sind, und dass
- durch gezielte Maßnahmen nur tendenziell verhindert werden kann, dass sie zu groß und damit zu gefährlich für den Wachstumsprozess werden.
Bevor ich meine Thesen am Beispiel der vier genannten Blase erläutere, zunächst die Frage: Was ist eine Blase und weshalb sind Blasen so gefährlich für die Wirtschaft?
Nach dem New Palgrave Dictionary of Economics liegt eine Blase, ein „bubble“, vor, wenn die Marktpreise von Aktien, Anleihen, Immobilien oder Rohstoffen über ihren fundamental gerechtfertigten Werten liegen und sich von diesen immer weiter entfernen. Das ist immer dann der Fall, wenn die Mehrzahl der Marktakteure davon überzeugt sind, dass sie diese Aktiva zu höheren Preisen weiterverkaufen können. Ein anderes Indiz dafür, dass eine Blase vorliegt, ist meiner Ansicht nach, wenn immer mehr Banken und Makler behaupten, diesmal sei alles anders als früher, dass die üblichen Mechanismen von Angebot und Nachfrage nicht mehr zur Erklärung der Preisexplosion taugten, oder wenn Analysten die Prognose für die gerechtfertigten Preise erhöhen, weil der Markt ihre alten überholt hat.
Blasen sollten vor allem deswegen verhindert oder klein gehalten werden, weil von ihnen Preissignale ausgehen, die dazu führen, dass Ressourcen unproduktiv eingesetzt, also verschwendet werden: Das Produktionspotential – und damit der Wohlstand – nimmt dadurch langsamer zu als es sonst möglich wäre.
Wenn Blasen platzen, wenn die Vermögenspreise purzeln, kommt es zudem stets zu Finanzkrisen, ausgelöst durch hohe Abschreibungen bei den Kreditgebern. Meist verschlechtern sich auch die Vermögensverhältnisse der privaten Haushalte, weil der Wert ihrer Aktiva verfällt und sie dadurch auf einmal überschuldet sind. Alle sind gezwungen, ihre Bilanzen zu bereinigen, ihre Schulden zurückzahlen. Wie geht das? Sie müssen sich einschränken. Das löst vor allem dann Rezessionen aus, wenn bedeutende Teile der Wirtschaft vom Einbruch der Vermögenspreise betroffen sind. Es ist nicht so schlimm, wenn eine Preisblase bei Oldtimern oder moderner Kunst platzt, es wird aber ernst, wenn wir es mit dem gesamten Aktienmarkt oder dem gesamten Immobilienmarkt zu tun haben.
Schauen wir uns nun die vier Blasen jüngeren Datums daraufhin an, ob sie tatsächlich in einem erfreulichen gesamtwirtschaftlichen Umfeld entstanden sind, und was geschah, nachdem sie geplatzt waren.
1. Die japanischen Aktien- und Immobilienblasen der achtziger Jahre
Im September 1982 lag der Nikkei 225 bei 6.911, siebeneinviertel Jahre später, Ende Dezember 1989, erreichte er seinen Kulminationspunkt bei 38.916 – das war ein durchschnittlicher jährlicher Anstieg von 26,9 Prozent. In den folgenden 13 Jahren und vier Monaten sank der Index mit einer durchschnittlichen Rate von 11,1 Prozent. Obwohl er sich danach erholte, liegt er auch heute noch um 63,7 Prozent unter seinem Höchstwert.
Die Immobilienpreise hatten sich in der Schlussphase der Aktienhausse ebenfalls stark erhöht, und zwar um nicht weniger als 71,0 Prozent in den vier Jahren bis 1991 (der Wendepunkt kam hier etwas später als bei den Aktien). In der Folge sanken die Preise bis 2006 Jahr für Jahr, insgesamt um mehr als 50 Prozent. Wirklich erholt haben sie sich bisher noch nicht.
Von der Inflation der Verbraucherpreise her gab es keinen Anlass einzugreifen – sie bewegte sich in der zweiten Hälfte der Achtziger zwischen minus 1 Prozent (1986) und plus 2,5 Prozent (1989). Der Yen hatte von Anfang 1984 bis Anfang 1990 gegenüber dem Dollar um 79,3 Prozent aufgewertet, so dass Japan Preisstabilität importierte und trotz der Hochkonjunktur kein Inflationsproblem hatte, außer vielleicht in der zweiten Jahreshälfte 1989. Daher konnte die Notenbank die Zinsen von 7 ¼ Prozent im Jahr 1981 auf 2 ½ Prozent Anfang 1987 senken. Andernfalls wäre der Yen noch stärker gewesen. Ab Mitte 1989 ging es dann, ziemlich spät, in die andere Richtung, bis auf 6 Prozent im Herbst 1990, als der Aktienmarkt schon längst im freien Fall war. Vermutlich hat das den Crash mit ausgelöst, und dann verstärkt.
Es gab im Übrigen auch nur Positives von der Finanzpolitik zu berichten: Das staatliche Defizit hatte 1983 noch 4 Prozent des BIP betragen – im Finanzjahr 1990/91 war daraus ein Überschuss von 2 Prozent geworden.
Der Einbruch der Asset-Märkte hatte verheerende Folgen für das Wirtschaftswachstum: Im Durchschnitt hatte das reale BIP von 1982 bis 1990 jährlich um 4,1 Prozent zugenommen, auch 1991 war noch ein gutes Jahr (+3,4 Prozent). In den folgenden 13 Jahren bis 2003 aber fiel die durchschnittliche Zuwachsrate auf 0,9 Prozent, die Beschäftigung ging stark zurück, der Bankensektor musste zeitweise de facto verstaatlicht werden, viele Unternehmen waren eigentlich überschuldet („walking dead“) und konnten nur durch die Prolongation ihrer Schulden zu Nullzinsen und ohne Amortisationsverpflichtung am Leben gehalten werden. Besonders viele junge Haushalte waren, nachdem die Hauspreise eingebrochen waren, plötzlich finanziell unter Wasser und brauchten mehr als eine volle Dekade, bis sie sich wieder etwas leisten konnten. Hätte der Staat nicht massiv gegengehalten, wäre das Wirtschaftswachstum noch schwächer ausgefallen. Er musste in Kauf nehmen, dass die Defizite in den Jahren 1999 bis 2003 auf 8 Prozent des BIP anschwollen und die Staatsschuldenquote auf über 150 Prozent des BIP anstieg. Auch heute noch hat Japan eine der höchsten Staatsverschuldung der Welt.
Was die Erholung so schwer machte, war die Deflation, die ab 1998 einsetzte und erst seit Herbst 2007 – mit einigem guten Willen – als überwunden gelten kann. Sinkende Preise machen die Zinspolitik zu einem stumpfen Instrument – auf weniger als 0 Prozent (wie in den Jahren 1999 und 2000) lassen sich die Zinsen nicht senken. Wenn die Inflationsrate bei minus 1 Prozent liegt, betragen die Realzinsen plus 1 Prozent. In einer Rezession sind aber eigentlich negative Realzinsen angebracht. Für Zentralbanken ist Deflation daher ein noch größeres Übel als Inflation.
2. Die amerikanische Dotcom-Blase
NASDAQ, der US-Aktienindex für Technologiewerte, war von 500 im Dezember 1990 bis auf 4.697 im Februar 2000 gestiegen, also im Durchschnitt um 27,7 Prozent jährlich. Da das nominale BIP in dieser Zeit nur um 5,4 Prozent pro Jahr zugenommen hatte, übertraf die Wachstumsrate des Index die des gesamtwirtschaftlichen Outputs um einen Faktor von nicht weniger als 5,1. Am Ende hatte das Kurs-Gewinnverhältnis des Index die schwindelerregende Höhe von 50 erreicht.
Die Inflationsraten bewegten sich in dieser Zeit meistens zwischen 1 ½ und 3 Prozent, waren also moderat, und das obwohl der Dollar auf Abwertungskurs war. Real wuchs das BIP im Durchschnitt um ansehnliche 3,1 Prozent jährlich, und aus den staatlichen Budgetdefiziten zu Beginn der Dekade waren am Ende Überschüsse geworden. George W. Bush fand also, als er Anfang 2001 als Präsident vereidigt wurde, ein wohlbestelltes Haus vor.
Obwohl auch die anderen amerikanischen Aktienindices stark zugelegt hatten, wenn auch nicht so dramatisch wie der NASDAQ, sah die Fed keinen Anlass, mit der Zinspolitik aktiv gegenzuhalten. Erst ganz am Schluss, ab Mitte 1999, erhöhte sie die Zinsen von damals 4,75 Prozent innerhalb eines Jahres auf 6,5 Prozent. Das muss ihr schwergefallen sein, denn die Inflationsraten betrugen gerade einmal 2 Prozent. Vermutlich waren die raschen Zinsanhebungen der Auslöser des Aktiencrashs vom Frühjahr 2000. In gerade einmal zweieinviertel Jahren stürzte der NASDAQ um 75 Prozent ab und liegt auch heute noch um 48 Prozent unter seinem Höchststand.
Die realwirtschaftlichen Auswirkungen des Crashs waren zwar heftig. Es gab aber keine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale. Zum einen hatte der Börsenwert der Unternehmen im NASDAQ nie mehr als 77 Prozent des US-BIP erreicht, zum anderen hatte die Notenbank, Japans traumatische Erfahrungen vor Augen, sehr schnell, sehr massiv und sehr erfolgreich gegengesteuert – sie scheute sich nicht, die Funds Rate auf 1 Prozent zurückzufahren und dann dort ein Jahr zu halten. Das ist wohl der Grund, warum die meisten Amerikaner annehmen, dass eine solche Politik auch diesmal – 2008, eine geplatzte Blase später – erfolgreich sein wird.
3. Die amerikanische Immobilienblase
Von Januar 1991 bis Januar 2006 war die Anzahl der (annualisierten) Housing Starts von 800 Tsd. auf knapp 2,3 Millionen gestiegen und hatte sich damit fast verdreifacht. Das machte auf’s Jahr gerechnet eine Zuwachsrate von 7,2 Prozent, was um ein Mehrfaches höher war als die Zuwachsrate der Haushaltsgründungen. Anders als bei den Aktienblasen handelte es sich hier weniger um eine explosive Zunahme der Preise als um einen sehr langen Boom. Das ökonomische Umfeld war, wie oben beschrieben, sehr freundlich: Das jährliche Wachstum des realen BIP lag relativ stetig bei etwa 3 Prozent, und die Inflation betrug bei den Verbraucherpreisen im Durchschnitt ebenfalls etwa 3 Prozent – erst 2006 gab es eine leichte Beschleunigung auf 3 1/2 Prozent. Die Fed begann Mitte 2004 ihre extreme Niedrigzinspolitik aufzugeben – innerhalb von zwei Jahren erhöhte sie die Fed Funds Rate von 1 Prozent auf 5 ¼ Prozent – was aber eigentlich immer noch unter dem „neutralen“ Satz lag.
Die Immobilienpreise begannen erst 1997, fünf Jahre nach der vorangegangenen Rezession, ernsthaft anzuziehen. Zwischen 1996 und 2001 stiegen sie um 42 Prozent, in den folgenden vier Jahren dann schon um 64 Prozent. Immer mehr Haushalte beliehen ihre Immobilien, um ihren Konsum zu steigern. Sie setzten darauf, dass der Wertzuwachs die höhere Verschuldung mehr als wettmachen würde. Lange Zeit hat das funktioniert. „Hauspreise steigen immer, mal langsamer, mal schneller, oder haben Sie schon mal etwas anderes erlebt?“. Der übliche Bubble Talk.
Der Einbruch bei den Housing Starts begann im Januar 2006. Es war zu einem Überangebot gekommen. Von damals bis heute gab es bei den Starts einen Rückgang von 54,6 Prozent. Die Hauspreise befinden sich inzwischen ebenfalls im freien Fall. Im März lagen die Hauspreise nach dem S&P/Case-Shiller Composite-20 Index um 14,4 Prozent unter ihrem Vorjahresniveau. Da es immer noch einen großen Überhang an unverkauften Häusern gibt, werden die Preise wohl weiter fallen.
Das ist sehr gefährlich für die Konjunktur: Der Bestand an Häusern ist etwa zweieinhalb mal mehr wert als alle US-Aktien zusammen, und auch breiter gestreut. Der Immobilienboom war zum Motor des Konsums, der bei weitem wichtigsten Komponente der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage geworden. Wenn dieser Motor stockte, wäre es auch mit dem Wachstum vorbei. Daher die geradezu panische Reaktion der Fed, als im Spätsommer letzten Jahres auch noch eine Finanzkrise ausbrach: Die Funds Rate wurde in einigen wenigen Schritten von 5 ¼ Prozent auf heute 2 Prozent heruntergeschleust, also weit unter die Inflationsrate von zur Zeit 4 Prozent.
Wir wissen natürlich nicht, wie die Geschichte endet. Aber es sieht ganz danach aus, als würde die Rezession doch länger und tiefer ausfallen, als bisher vermutet. Der Prozess des Schuldenabbaus und des Gürtel-enger-Schnallens hat gerade erst begonnen. Hinzu kommt noch der erhebliche Verlust an Kaufkraft durch die Verteuerung von Energie und Nahrungsmitteln.
Wenn eine große Blase in einem Schlüsselbereich einmal platzt, ist guter Rat teuer. Die normalen wirtschaftspolitischen Instrumente greifen nicht mehr so richtig, vor allem nicht die Zinspolitik. Nach der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre und nach der japanischen Aktien- und Immobilienkrise der achtziger Jahre musste der Staat in die Bresche springen. Es könnte auch diesmal so kommen.
4. Die gegenwärtige Ölkrise
Im Zeitraum von Dezember 1985 bis Dezember 2001 kostete ein Fass Erdöl im Durchschnitt $19,95. Die Schwankungen um diesen Mittelwert waren gering. Bis Ende 2001 hatte sich noch nicht viel getan – der Ölpreis lag noch bei $20. Heute sind es $127. In den vergangenen sechs Jahren und fünf Monaten haben sich die Preise daher durchschnittlich um jährlich 33,4 Prozent erhöht.
Es gibt keinen Zweifel, dass wir es hier mit einer Blase zu tun haben, auch wenn man bei einem Asset wie dem Öl Probleme hat, den fundamentalen Wert zu berechnen; es gibt nämlich keine Einkommensströme, die man auf die Gegenwart herunterdiskontieren könnte, wie man das bei Aktien, Bonds und Immobilien üblicherweise macht. Man kann sich aber anschauen, wie das nominale Sozialprodukt der Welt zugenommen hat: In Dollar gerechnet, betrug die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate von 2001 bis 2007 laut IWF „nur“ 7,9 Prozent. Mit anderen Worten, die Ölpreise sind in dieser Zeit um das 4,2-fache rascher gestiegen.
Wieder war das wirtschaftliche Umfeld sehr freundlich: Die Weltinflationsrate, gemessen am BIP-Deflator, lag bei 3,8 Prozent pro Jahr. Bei den Verbraucherpreisen sah es noch günstiger aus – im Durchschnitt waren sie in den sogenannten advanced economies um 2,0 Prozent und in den Entwicklungsländern Asiens um 3,6 Prozent gestiegen. Es mangelte auch nicht an Liquidität – vor allem weil die Währungsreserven der Schwellenländer durch die Interventionen zugunsten des Dollar mit jährlich etwa 27 Prozent zugenommen hatten. Es gab weder zwingende Gründe für eine restriktive Geldpolitik noch für eine restriktive Finanzpolitik. Der Währungsfonds hatte seinen Einfluss verloren, weil kein wichtiges Land mehr auf sein Geld angewiesen war.
Wieder hören wir, dass diesmal alles anders ist. Analysten scheuen sich nicht, einen Ölpreis von 200 Dollar vorauszusagen, wobei diese Marke nicht erst nach Jahrzehnten, sondern innerhalb der nächsten zwei oder drei Jahre erreicht sein soll.
Die Probleme bei dieser Art Blase entstehen nicht so sehr dann, wenn sie einmal geplatzt ist, sondern zur Zeit ihres Dickerwerdens. Etwa 90 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Netto-Einfuhrländern. [in Ländern, die Netto-Importeure von Öl sind.] Dort kommt es zu einem starken Verlust an Kaufkraft, nicht zuletzt auch weil die Preise von Substituten wie Gas, Kohle, Strom und sogar von Agrarrohstoffen in die Höhe schießen. Das Wachstum des Konsums geht deutlich zurück, weil die Ausgaben für Energie in den Budgets der Haushalte eine feste Größe sind und Einsparungen ihre Zeit brauchen. Alle Ölpreisexplosionen sind bislang von Rezessionen begleitet gewesen.
In den Ländern, die von der Preishausse profitieren, also die OPEC, Russland, Brasilien oder Norwegen kommt es zu einer Hochkonjunktur, meist begleitet von Immobilienblasen, was aber quantitativ nicht sehr ins Gewicht fällt und eine globale Rezession nicht verhindern kann. Diese wiederum wird über kurz oder lang zu einem Überangebot an Öl und damit zu einem Einbruch der Ölpreise führen. Dann kann der Zyklus von vorne beginnen.
Ich denke, dass die vier Beispiele belegen, dass sich Bubbles nur schwer mit traditionellen wirtschaftspolitischen Mitteln vermeiden lassen. Zu bedenken ist auch, dass es stets starke Widerstände gegen ein frühzeitiges Eingreifen gibt, also gegen einen Anstieg der Zinsen, höhere Steuern, eine langsamere Expansion der Staatsausgaben, oder gegen regulatorische Eingriffe in die Kreditvergabe der Banken. Wer weiß, ob wir es tatsächlich mit einer Blase zu tun haben? Vielleicht handelt es sich ja nur um längst überfällige Strukturanpassungen, etwa um die Modernisierung des Wohnungsbestands oder dauerhaft höhere Zuwachsraten der Unternehmensgewinne oder einen steileren Wachstumspfad des globalen BIP, Stichwort China und Indien?
Es fragt sich auch stets, ob die Blase nicht ohnehin bald platzen wird – warum also gegensteuern? Was ist im Übrigen so falsch an kräftigem Wachstum, wenn die Inflation niedrig ist? Man müsste ja zudem manchmal ein paar Jahre in die Zukunft schauen können. Der Zeithorizont von Politikern ist bekanntlich nicht lang, und wo gibt es wirklich unabhängige Zentralbanken? Wie die Fed gerade vormacht, geht die Unabhängigkeit sehr rasch über Bord, wenn die Stabilität des Finanzsystems insgesamt in Gefahr ist. Die Rettung der Banken hat Priorität, wenn sie nur genügend wichtig sind, auch wenn sie es im Grunde verdient hätten, in Konkurs zu gehen.
Larry Summers hat am Montag in der Financial Times eine Liste von sechs Vorschlägen präsentiert, mit denen sowohl die Regulierung der Banken verbessert als auch die Reaktion auf eine post-bubble-Krise beschleunigt werden kann: 1) keine regulatorische Arbitrage, 2) keine Selbstregulierung durch die Finanzinstitute, 3) die Aufsichtsbehörden sollten keine Krisen vorhersagen – denn das können sie nur selten -, sie sollten vielmehr das System widerstandsfähiger gegen Schocks machen, 4) antizyklische Ansätze: Exzesse sind zu vermeiden, wenn die Zeiten gut sind, und der Abbau von Schulden sollte nicht forciert werden, wenn die Blasen einmal geplatzt sind, 5) die Aufsicht sollte darauf achten, welche „parallel banking activities“ sich entwickeln, ob es außer den Banken noch andere Institutionen gibt, die sich kurzfristiges Geld leihen, um es langfristig anzulegen; dazu gehören in dieser Krise die Anleiheversicherer, Hedge Funds, einige Hypothekenbanken und Versicherungen, 6) es müssen Bedingungen geschaffen werden, die verhindern, dass der Untergang eines Instituts zu einer systemgefährdenden Krise führt.
All das ist leichter gesagt als getan. Lassen Sie mich zum Schluss zwei Ökonomen zitieren, die sich intensiv mit „Maniacs, Panics, and Crashes“ (so der Titel eines Klassikers zum Thema von Charles Kindleberger) beschäftigt haben: Von Hyman Minsky stammen die Sätze „… turbulence – especially financial instability – is normal in a capitalist economy. […] There is no possibility that we can ever set things right once and for all; instability, put to rest by one set of reforms will, after time, emerge in a new guise.“ (Stabilizing an Unstable Economy, Ausgabe von 2008, S. 327 und 370), und von John Kenneth Galbraith aus seinem Buch „A Short History of Financial Euphoria (1990, p. 107) die resignierende Schlussfolgerung „Yet clearly the speculative episode, with increases provoking increases, is within the market itself. And so is the culminating crash.“