Wird sich das Wachstum der deutschen Wirtschaft nur vorübergehend abschwächen oder steuern wir auf eine Rezession zu? Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland, wie sie im Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo Instituts zum Ausdruck kommt, spiegelt seit dem Ausbruch der Finanzkrise im letzten August die Gespaltenheit der Konjunkturexperten wieder. Während die aktuelle Lage immer noch vergleichsweise positiv beurteilt wurde, hatten sich die Erwartungen der Unternehmen Monat für Monat verschlechtert. Nach den Zahlen, die das Ifo Institut am Donnerstag veröffentlicht hat, wurden diese Erwartungen leider nicht enttäuscht, denn die Unternehmen schätzen ihre aktuelle Lage jetzt deutlich schlechter ein als noch vor zwei Monaten (gegenüber Mai ist dieser Index um 4,3 Punkte eingebrochen). Und die Erwartungen trüben sich noch weiter ein. Hier liegt der Index jetzt bei 90 Punkten so niedrig wie zuletzt vor gut fünf Jahren. Damals war Deutschland in der Rezession.
Der Aufschwung der letzen zwei Jahre scheint nun entgültig sein Ende gefunden zu haben. Die Industrieproduktion ist seit drei Monaten rückläufig und der Auftragseingang ist bis Mai (neuere Zahlen gibt es noch nicht) sechs Monate in Folge gesunken. Beide Indikatoren, gemessen an den Veränderungsraten gegenüber dem Vorjahr, entwickeln sich mittlerweile unterdurchschnittlich. Die negative Entwicklung schlägt sich auch in die Stimmung der Unternehmen nieder.
Zwar ist der Index der Lageeinschätzung im Vergleich zu seinem langjährigen Durchschnitt trotz des Einbruchs immer noch recht hoch, mit einem dünner werdenden Auftragspolster wird sich das aber bald ändern. Der Pessimismus, wie er in den Erwartungen über die nächsten sechs Monate zum Ausdruck kommt, verfestigt sich. Das dürfte früher oder später auch den Arbeitsmarkt belasten und den Abschwung noch beschleunigen. Denn für die Binnennachfrage, die angesichts der schwächeren Weltwirtschaft das Wirtschaftswachstum in Deutschland dieses Jahr retten sollte, sieht es dann noch schlechter aus. Eine nachlassende Investitionstätigkeit wurde von den führenden Wirtschaftsforschungsinstituten zu Jahresanfang zwar schon einkalkuliert, der private Konsum sollte es aber richten. Davon kann spätestens jetzt wohl keine Rede mehr sein. Zu den höheren Kosten für Energie und Lebensmittel und den sinkenden Reallöhnen wird nun noch die größere Arbeitsplatzunsicherheit hinzukommen. Das ist alles nicht förderlich für die Kauflaune der Haushalte.
Aus der Wachstumsdelle, die von den Forschungsinstituten und der Europäischen Zentralbank (EZB) für das zweite und dritte Quartal erwartet wird, könnte eine größerer Krater werden. Dass es im zweiten Quartal einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem ersten Quartal gegeben hat, ist mittlerweile Konsens. Das Ifo Institut rechnet mit minus 0,4 Prozent, das Institut für Weltwirtschaft (IfW) mit minus 0,6 Prozent und das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) gar mit minus einem Prozent. Ab dem vierten Quartal soll die Wirtschaft aber schon wieder an Dynamik gewinnen. Das ist jedenfalls das Credo von Jean-Claude Trichet dem Präsidenten der EZB. Die Frage ist nur, wo soll die Dynamik herkommen, wenn die Verbraucher zusehend mehr verunsichert sind und die Unternehmen immer pessimistischer werden.