Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Wann kommt der Schuldenschnitt in Griechenland?

 

Der Streit um eine Lösung der Griechenlandfrage hält an, am Dienstag dieser Woche konnte sich die Euro-Gruppe nicht auf ein Maßnahmenpaket einigen, um die Schulden des Landes zu drücken – vor allem weil Deutschland radikale Maßnahmen wie einen Schuldenschnitt zum jetzigen Zeitpunkt scheut.

Argumentierte die Bundesregierung bisher eher formaljuristisch – ein Schuldenschnitt macht aus einem Kredit einen Transfer und das ist haushaltsrechtlich und europarechtlich problematisch – so ist neuerdings auch ein ökonomisches Argument aus Berlin zu hören.

Demnach würde ein Schuldenschnitt den Deutschen ein wichtiges Druckmittel gegenüber den Griechen aus der Hand nehmen, denn wenn die Schulden erst einmal weg seien, könne das Land ja machen, was es wolle. Unter anderem deshalb hat Bundesbankpräsident Jens Weidmann vorgeschlagen, den Schuldenschnitt erst am Ende des Anpassungsprozesses zu vollziehen – quasi als Belohnung für die erbrachten Leistungen.

Politisch wäre das aus Sicht der Bundesregierung charmant, weil dann die Rechnung erst nach der Bundestagswahl im September präsentiert würde. Und allen Beteiligten ist klar, dass Griechenland seine Schulden nicht tragen können wird.

Aber würde der Schuldenberg die Griechen dann nicht ersticken? So einfach ist es nicht. Schulden sind vor allem ein Problem, weil die Zinsausgaben den Haushalt belasten. Der Staat hat weniger Geld, um sich um seine eigentlichen Aufgaben zu kümmern und Investoren müssen fürchten, ihr Geld nicht zurückzubekommen, weil dafür die Ressourcen nicht da sind.

Doch die griechischen Zinsausgaben fallen bereits, schließlich wurden die Zinsen auf die offiziellen Kredite gesenkt und sollen noch weiter reduziert werden. Und die im Rahmen des ersten Schuldenschnitts getauschten Anleihen haben eine sehr lange Laufzeit, so dass in den kommenden Jahren keine großen Summen für die Ablösung anstehen. Laut Kommission gibt Griechenland im kommenden Jahr 5,4 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Zinsen aus, 2011 waren es 7,1 Prozent.

Entscheidend für den idealen Zeitpunkt der Entschuldung ist deshalb, ob von einer hohen Schuldenlast per se negative Effekte ausgehen – was in der Literatur unter dem Thema debt overhang verhandelt wird. Wenn ich sie richtig übersehe, sind die Ergebnisse da nicht so eindeutig, zumal wenn ein Schuldenschnitt später in Aussicht gestellt wird. Die Schulden müssten dazu führen, dass die Investoren verunsichert werden und deshalb dem Land kein frisches Geld leihen – beziehungsweise sie müssten dazu führen, dass in der griechischen Privatwirtschaft weniger investiert wird.

Ich will nicht abstreiten, dass das der Fall ist und wahrscheinlich wäre es für Griechenland besser, wenn der Schnitt früh käme. Aber ganz so einfach wie die Anhänger dieser Lösung es sich machen ist die Sache nicht.