Bekanntlich zahlen Unternehmen in Südeuropa derzeit höhere Zinsen als ihre Konkurrenten in Nordeuropa, was die EZB auf den Plan gerufen hat. Die große Frage ist: Woher rühren diese Zinsdifferenzen und wie soll die Staatengemeinschaft damit umgehen?
Eine Antwort auf diese Frage – die unter anderem die Bundesbank geben würde – ist, dass es sich dabei um eine völlig normale Sache handelt. Ein Kredit an ein Unternehmen in Spanien ist schließlich angesichts der desaströsen Lage der spanischen Wirtschaft riskanter als ein Darlehen an einen deutschen Betrieb. Die höheren Zinsen würden also nur das höhere Risiko spiegeln.
Man kann dieses Argument sogar noch weiter treiben. Die Krise ist ja letztlich eine Zahlungsbilanzkrise. Die Länder Südeuropas haben über ihre Verhältnisse gelebt – die Investitionen waren nicht durch die inländische Ersparnis gedeckt – und müssen sich deshalb anpassen. In dieser Sichtweise wäre die schwache Kreditdynamik ein Ausdruck dieses Anpassungsprozesses und sollte nicht bekämpft werden.
Allerdings zeigt die Erfahrung mit Zahlungsbilanzkrisen auch, dass es in der Regel weder im Sinne der Gläubiger noch im Sinne der Schuldner ist, wenn diese Anpassung über Nacht geschieht, weil dabei wirtschaftliche Substanz vernichtet wird. Man sollte sie also zeitlich strecken – und genau das ist die Legitimation für staatliche Eingriffe.
Ich bin allerdings auch skeptisch, ob eine Senkung des Zinsniveaus – sei es durch die EZB oder durch eine Förderbank – das am besten geeignete Instrument ist. Viel spricht dafür, dass die Kreditflaute einerseits mit der geringen Nachfrage nach Krediten zu tun hat. Es wäre also nötig, die Sparauflagen weniger restriktiv zu gestalten, sprich den Ländern mehr Zeit zu geben.
Und es wäre, was das Kreditangebot angeht, anderseits nötig, die Banken in die Lage zu versetzen, mehr Kredite zu vergeben. Das Problem ist dabei nicht die mangelnde Liquidität, sondern erstens die mangelnde Kapitalausstattung und zweitens die Risikoaversion angesichts maroder Bankbilanzen. Man müsste also im Bankensystem sauber machen – also Institute abwickeln oder rekapitalisieren.
Das bedeutet nicht, dass die EZB nichts tun kann. Weitere Zinssenkungen würden vor allem über den Wechselkurskanal positiv wirken und negative Einlagezinsen könnten die Banken dazu animieren, stärker ins Risiko zu gehen. Aber ohne eine Lösung des Bankenproblems geht es nicht.