Japan gilt in Deutschland als Paradebeispiel dafür, dass eine expansive staatliche Fiskalpolitik einer Wirtschaft nicht aus der Krise helfen kann. Holger Steltzner spricht vielen deutschen Ökonomen aus dem Herzen, wenn er schreibt:
Dass ausgerechnet Krugman vor verlorenen Jahren à la Japan warnt, ist ein Treppenwitz, verschrieben doch zuvor er und andere Ratgeber aus Wall Street den Japanern die keynesianische Medizin. Seit mehr als zwanzig Jahren betreibt Tokio eine ultralockere Geld- und eine extrem expansive Fiskalpolitik.
Und um noch einen obendrauf zu setzen:
Könnte man mit Schulden Wachstum kaufen, wäre Japan das wachstumsstärkste Land der Erde. Und Griechenland der Motor in der Eurozone.
So ist es, möchte man da rufen – allein es ist nicht so. Adam Posen vom Peterson Institute for International Economics, ein Kenner der japanischen Wirtschaftspolitik, hat das einmal so formuliert:
Japan had a series of recoveries from 1995-2002 aborted by insufficient monetary ease and ill-timed fiscal tightening.
Sie haben richtig gelesen: fiscal tightening. Die Japaner haben den Geldhahn nämlich fast genau so oft zugedreht wie aufgedreht und den – pardon – Steuerhahn ebenfalls. Es gibt nämlich noch eine zweite Kausalität in der Beziehung von Wachstum und Schulden. Sie läuft vom Wachstum zu den Schulden. Die Schulden sind also das Ergebnis der niedrigen Wachstumsraten.
Und was Griechenland angeht so liegt Steltzner richtig, nur die Ironie ist fehl am Platz. Als Griechenland mit Schulden Wachstum kaufte, war es der Motor der Euro-Zone. Jetzt macht es keine Schulden mehr und ist nicht mehr der Motor.
Dazu muss man wissen, dass der Bruttoschuldenstand eines Landes natürlich überhaupt nichts über den Expansionsgrad der Fiskalpolitik aussagt, weil er von vielen Faktoren beeinflusst wird und eben die oben angesprochene Kausalität wirkt. Wie stark der Staat die Konjunktur im keynesianischen Sinn stützt, kann man aber zum Beispiel am konjunkturbereinigten Defizit ablesen, das den staatlichen Konjunkturimpuls abbildet. Eine Ausweitung des Defizits entspricht einem expansiven, eine Rückführung einem restriktiven Impuls.
Hier sind die Daten:
Siehe da: Griechenland fährt seit 2009 eine enorm restriktive Finanzpolitik. Und auch in Japan wechseln sich expansive und restriktive Perioden ab. Extrem jedenfalls war die Fiskalpolitik nicht.
Ganz so offensichtlich wie die FAZ meint, sind die Lehren aus den Fällen Griechenland und Japan also nicht.