Angela Merkel stimmt einem Schuldenschnitt zu. Diese Aussage wird die Bundeskanzlerin natürlich zurückweisen, aber sie weiß genau, dass sie mit der Wahrheit in der Griechenland-Krise zumindest kreativ umgeht. Wer mein Zeuge dafür ist? Niemand anderes als der Internationale Währungsfonds (IWF).
Dessen Chefvolkswirt Olivier Blanchard hat in einem Blogbeitrag soeben das – von Merkel mitgetragene – Angebot der Europäer analysiert. Wir erinnern uns: Die Ziele für den Primärüberschuss wurden reduziert.
Der Primärüberschuss – also der Etatüberschuss vor Zinszahlungen – ist eine entscheidende Stellgröße für die Schuldentragfähigkeit. Je niedriger dieser Überschuss, desto schwieriger ist es, die Schulden zu stabilisieren (wobei ein zu hoher Überschuss ebenfalls schlecht ist für die Schuldensituation, weil er das Wachstum abwürgt).
Blanchard hat nun erstmals ausgeführt, was aus der Anpassung des Überschusses folgt.
On the other hand, the European creditors would have to agree to significant additional financing, and to debt relief sufficient to maintain debt sustainability. We believe that, under the existing proposal, debt relief can be achieved through a long rescheduling of debt payments at low interest rates. Any further decrease in the primary surplus target, now or later, would probably require, however, haircuts.
Übersetzt heißt das: Die Rechnung geht nur auf, wenn weitere Maßnahmen zur Senkung der Schuldenlast ergriffen werden – eine Verlängerung der Rückzahlungsfristen oder sogar eine echter Schnitt. Und: Wir sprechen hier über die Schulden der Griechen bei den europäischen Steuerzahlern.
Die neuen Zahlen sind das Ergebnis der Verhandlungen von Angela Merkel mit IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Präsident Mario Draghi vor zwei Wochen im Kanzleramt. Die Kanzlerin hat also einer Lösung zugestimmt, die einen Schuldenschnitt beinhaltet.
Sie sollte das endlich auch offen sagen.