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Draghi macht seine Sache gut

 

Wenn man von allen Seiten Kritik bekommt, liegt man vielleicht gar nicht so falsch, heißt es. Wenn es danach geht, dann macht Mario Draghi vieles richtig. Seine Entscheidung, die Notkredite für Griechenland einzufrieren aber nicht auf null herabzusetzen, wurde von den Hardlinern um die Bundesbank als Konkursverschleppung bezeichnet. Die Griechen und viele amerikanische Ökonomen haben sie dagegen als Erpressung empfunden.

Tatsächlich hat Draghi diese für die EZB extrem schwierige Situation recht passabel gemeistert. Denn jede Notenbank einer Währungsunion steckt in einem Dilemma, wenn ein Mitgliedstaat auszutreten droht. Nach der reinen Lehre sollte eine Zentralbank im Fall einer Panik im Bankensektor großzügig Liquidität bereitstellen, um die erhöhte Nachfrage nach Cash zu befriedigen, bis sich die Lage beruhigt hat. Genauso wie es Walter Bagehot in seinem Klassiker Lombard Street beschreibt.

„The way in which the panic of 1825 was stopped by advancing money has been described in so broad and graphic a way that the passage has become classical. ‚We lent it,‘ said Mr. Harman, on behalf of the Bank of England, ‚by every possible means and in modes we had never adopted before (…). After a day or two of this treatment, the entire panic subsided, and the ‚City‘ was quite calm.'“

Diese Rolle kann eine Notenbank aber nur mehr bedingt erfüllen, wenn die Banken nicht mehr solvent sind (was sie im Fall einer Staatspleite nicht mehr wären), wenn ihre Sicherheiten nichts mehr wert sind und wenn die Währung womöglich überhaupt nicht mehr die Währung des betreffenden Landes ist. Denn dann ist die Liquiditätsgewährung ein Verlustgeschäft für die Notenbank.

Anderseits würde die EZB aber auch ihr Mandat überschreiten, wenn sie einem Mitgliedsland der Eurozone die Liquidität komplett verweigert, damit das Bankensystem zum Einsturz bringt – und so den Austritt erzwingt. Denn es ist nicht die Aufgabe Mario Draghis, zu entscheiden, wer der Währungsunion angehört.

Zwischen diesen beiden Polen musste sich Draghi bewegen. Er hat auf den Abbruch der Gespräche zwischen den Griechen und ihren Partnern reagiert, aber nicht den Stecker gezogen, und er hat jetzt nach Wiederaufnahme der Gespräche die Liquidität leicht erhöht. Das ist nicht der schlechteste Kurs – für alles andere sind die Politiker verantwortlich.