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Die Trends, auf die es ankommt

 

Manche Anleger haben den Eindruck, dass sich an den Kapitalmärkten kein Geld mehr verdienen lässt. Falsch! Auch wenn das Wachstum niedrig ist, und selbst wenn die Wirtschaft insgesamt stagniert, findet immer noch genug Strukturwandel statt, der sich profitabel nutzen lässt. Ständig entstehen neue Unternehmen, ständig scheiden andere aus dem Markt aus. Es fehlt nie an Innovationen bei den Produkten, bei ihrer Herstellung, im Vertrieb und in der Kommunikation. Vor allem die Schwellenländer befinden sich in einem dynamischen Aufholprozess, während die reichen Länder eher konsolidieren und relativ gesehen zurückfallen. Auch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen wandeln sich im Laufe der Zeit.

Wer die Wirtschaft aufmerksam beobachtet, wird ohne große Mühe Trends erkennen, die wegen ihrer Plausibilität das Zeug dazu haben, lange in die Zukunft zu reichen. Einer davon betrifft China. Gemessen an seiner Kaufkraft besitzt das Land die größte Volkswirtschaft der Welt. Wegen seiner extrem hohen Investitionsquote ist weiterhin mit hohen Wachstumsraten zu rechnen, wenn auch mit deutlich geringeren als in der Vergangenheit. Es ist offenbar in großem Stil zu Fehlinvestitionen gekommen, also zu Investitionen, die sich jetzt nicht mehr rechnen. Der dadurch erzwungene Schuldenabbau bremst die Ausgabendynamik und damit die Zuwachsraten der Produktion. Davon abgesehen ist China fundamental aber ein sehr gesundes Land, das seine Probleme ohne Hilfe von außen lösen wird. China ist die Zukunft.

Sinkende oder auf niedrigem Niveau stagnierende Rohstoffpreise sind ein anderer wichtiger Trend. Überkapazitäten, die in Zeiten hoher Preise geschaffen wurden, und eine schwache Nachfrage als Folge ressourcenschonender Produktionsverfahren und Vorschriften, sowie die zunehmenden Bedeutung von nicht so rohstoffintensiven Dienstleistungen und das langsamere Wachstum der Weltwirtschaft sorgen dafür, dass die Preise nachhaltig unter Druck bleiben. Vor allem fossile Brennstoffe werden zunehmend durch alternative Energiequellen ersetzt.

Ich denke zudem, dass es für einige Jahre bei den niedrigen Inflationsraten bleiben wird. Vor allem im Euroraum gibt es wegen der schwachen Nachfrage erhebliche ungenutzte Kapazitäten; dem entspricht am Arbeitsmarkt die hohe Arbeitslosenquote. Es fällt daher schwer, Preise und Löhne auf eine inflationäre Weise anzuheben. Das wird auf der Angebotsseite zudem durch den intensiven und nie nachlassenden internationalen Wettbewerb erschwert. Hiesige Arbeitnehmer konkurrieren immer unmittelbarer mit ihren Kollegen in den ärmeren Ländern. Das hält die Inflation auf lange Zeit in Schach.

Es ist daher wahrscheinlich, dass wir es auf Jahre hinaus mit niedrigen Leitzinsen zu tun haben. Dadurch wird ein Crash der Bondmärkte vermutlich verhindert, aber gute Erträge lassen sich dort nur dadurch erzielen, dass man riskantere Papiere kauft und Papiere guter Qualität tendenziell verkauft, also etwa deutsche oder schweizerische zugunsten von griechischen oder italienischen.

Durch die niedrigen Realzinsen bei den Festverzinslichen (und erst recht bei den Sparkonten) werden Aktien zu einer zunehmend attraktiven Alternative. Tendenziell dürften sie nach traditionellen Maßstäben als überbewertet gelten – insbesondere trifft das auf US-Aktien zu –, weniger aber im Vergleich zu Bonds. Das vergleichsweise größte Kurspotenzial haben dabei wieder einmal die Aktien des Euroraums.

Ausführliches zu den Aussichten und Risiken für Aktien, Bonds und Rohstoffe finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – The trends to watch, November 2015*) (pdf, 569 KB)

*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)