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Was bringt der Hebel?

Während sich die Debatte in Deutschland darum dreht, ob es denn überhaupt rechtmäßig sei, den EFSF auf 2000 Milliarden Euro hochzuhebeln, läuft an den Finanzmärkten eine ganz andere Debatte: Ob diese Übung überhaupt etwas bringt. Und eine ganze Reihe von Argumenten sprechen dagegen:

1. Die Feuerkraft wird überschätzt. Um auf die 2200 Milliarden kommen, wird in der Regel so gerechnet. Der Fond hat eine maximale Ausleihsumme von 440 Milliarden Euro. Wenn er damit nun 20 Prozent der Anleihen der Krisenländer garantiert, erhält man 440 x 5 = 2200 Milliarden, die bewegt werden können. Dabei wird aber vergessen, dass der EFSF einen Teil seiner Mittel schon vergeben hat beziehungsweise für die Bankenrekapitalisierung weitere vergeben muss. Nomura taxiert die freien Ressourcen auf 200 Milliarden Euro – was eine maximale Hebelsumme von 1000 Milliarden ergibt bei einer Absicherung von 20 Prozent.

2. Die Bonität der garantierenden Staaten ist in Gefahr. Durch die Hebelung steigt zwar nicht die gesamte Haftungssumme, aber die Intensität der Haftung – schließlich garantiert der Fonds statt einer gesamten Anleihen ein Portfolio, dass sich nur aus Verlusttranchen zusammensetzt. Damit aber steigt die Gefahr, dass das erhöhte Ausfallrisiko auf die Bonität der Staaten durchschlägt, die im Ernstfall für den Ausfall gerade stehen müssen. Das könnte insbesondere für Frankreich gefährlich werden. Wenn aber die Franzosen ihr AAA Rating verlieren, verliert auch der Fonds seine Topnote (es sei denn Deutschland springt ein, aber dann wäre irgendwann auch das deutsche Rating in Gefahr). Ohne eine AAA Absicherung aber ist die Versicherung, die der Fonds den Anlegern anbietet, nur noch bedingt glaubwürdig.

3. Die Idee einer Versicherung hat ihre Tücke. Verkauft wird das Konzept ja bekanntlich als eine Art Teilkaskoversicherung für Anleiheinvestoren. Die sollen angelockt werden, weil sie ja wissen, dass ihnen bei einem Zahlungsausfall 20 Prozent garantiert werden. Die Frage ist, was eine Teilkaskoversicherung bei einer Staatspleite bringt. Denn wenn ein Land erst einmal zahlungsunfähig ist oder sich dafür erklärt, dann ist die Versuchung groß, nicht nur 20 Prozent, sondern gleich 50 oder 60 Prozent abzuschneiden. Wo man schon einmal dabei ist und die Märkte ohnehin schon in Panik sind. Der Punkt ist: Eine Staatspleite ist ein so schwer kontrollierbare Ereignis, das möglicherweise eine Vollkasko erfordert. Dann wäre aber der Hebel dahin.

Ich höre aus dem Markt auch Stimmen, die die Versicherungslösung für ausreichend halten, doch mein Eindruck ist, dass man das mehr und mehr skeptisch sieht. Und das ist in diesem Fall entscheidend, denn diese Jungs müssen wir ja überzeugen.

 

How not to recapitalise Europe’s banks

Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen, dass ich es für besser halte, die Ausfallwahrscheinlichkeit europäischer Staatsanleihen zu senken, als die Banken dafür vorzubereiten, die Ausfälle abzufedern. Nun bin ich wohl auf der falschen Seite der Geschichte – aber wenn man die Banken rekapitalisiert, sollte man es schon richtig machen. Und nicht so, wie es mein ehemaliger Ressortleiter Sven Clausen heute in der FTD vorschlägt (sorry, Sven, auf andere Zeitungen kann ich gerade nicht zugreifen).

Denkbar wäre etwa Mitte nächsten Jahres, damit die Unternehmen genügend Zeit haben und sich in einer regulären Hauptversammlung auch das Plazet ihrer Eigentümer, der Aktionäre, abholen können. In dieser Zeit hätten die Banken genügend Instrumente: Sie können sich auf die Suche nach neuem Eigenkapital machen, Vermögenswerte, die Eigenkapital binden, verkaufen, Gewinne einbehalten. Der große Charme dieser Lösung: Endlich hätte die Politik die Privatisierung der Verluste aus der Finanzkrise, die sie schon so lange fordert.

Jede Bank wird vermeiden wollen, dass sie verstaatlicht wird und sich deshalb panisch von allem trennen, was Eigenkapital bindet. Auch von Krediten an Unternehmen und Haushalte. Die Einräumung einer Frist für die Rekapitalisierung ist ein sichereres Rezept für eine Rezession. Um das gefährliche Deleveraging zu verhindern muss entweder sofort rekapitalisiert werden, am besten zu einem Stichtag in der Vergangenheit – oder man schreibt den Banken ein bestimmtes Kapitalniveau und keine Quote vor, damit die Reduktion von Geschäftsvolumen kein Mittel ist, um das Ziel zu erreichen.

So wird das nichts.

 

 

Noch einmal Spaß mit Target 2

Es gibt wirklich wichtigere Dinge in diesen Tagen, aber da Hans-Werner Sinn damit begonnen hat, Pressemitteilungen zu Monatsberichten der EZB zu verschicken, nun doch noch einmal das leidige Thema.

Die EZB bringt in ihrem Monatsbericht einen Kasten zum Thema Target 2. Eine der zentralen Aussagen:

It would be wrong to believe that TARGET2 liabilities that result from the provision of relatively large amounts of liquidity to banks in some countries have a negative impact on bank lending in other countries. Rather, banks in countries where the NCB displays a positive TARGET2 balance (see Chart C, middle panel) tend to be recipients of cross-border payment flows from other countries. Banks in such countries need less central bank liquidity than would otherwise be the case in order to continue lending to households and firms in their economies.

Mit anderen Worten: Die hohen Target-Forderungen der Bundesbank bedeuten mitnichten, dass hier im Lande bei irgendjemandem die Kredite knapp werden. In seinem ersten Beitrag in der FAZ zum Thema schreibt Sinn:

Die Bundesbank verzichtet also auf eine innerdeutsche Kreditvergabe zugunsten einer Kreditvergabe über die irische Notenbank. … [Der] Traktor [ist] gegen einen erzwungenen, kontokorrentähnlichen Kredit der Bundesbank an den irischen Bauern geliefert worden, der zu Lasten der Kreditvergabe an deutsche Kreditkunden geht. 

Wichtig ist: Das wurde damals so verstanden, dass deutsche Firmen die Liquidität gekürzt wird, weil diese nach Portugal und Irland ströme.  Diese Interpretation war einer der wichtigsten Gründe für die ganze Aufregung und die Kritik an Sinn. Denn die Schlussfolgerung wäre gewesen, dass sich die Iren unsere Kredite klauen.

Inzwischen scheint das Ifo-Institut an diesem Punkt nachgebessert zu haben, denn es heißt in der neuesten Version des Arguments nur noch,  dass weniger Zentralbankliquidität in Deutschland zur Verfügung gestellt würde – es wird also die Behauptung fallen gelassen, dass den Unternehmen und Verbrauchern Liquidität fehle (weil die Banken das, was sie von der Zentralbank weniger bekommen, von anderen Banken bekommen). So kann das Ifo-Institut nun freudig mitteilen:

Die Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB)zu den Target-Salden bestätigen die Darstellung des ifo Instituts dazu, obwohl letztere wesentlich ausführlicher ist (Sinn und Wollmershäuser, CESifo Working Paper 3500, Juni 2011). Das ifo Institut begrüßt, dass es keine sachlichen Differenzen über den Vorgang an sich gibt. (…)   Ein positiver Target-Saldo wie in Deutschland bedeutet keine Einschränkung der Liquidität, da diese Salden aus dem Zufluss grenzüberschreitender Liquidität resultieren. (Die von außen zufließende Liquidität verdrängt deshalb den Refinanzierungskredit in Deutschland! Vgl. Sinn und Wollmershäuser, Abbildung 9. )

Klar: Wenn die These nur noch ist, dass die deutschen Banken weniger Geld von der Bundesbank benötigen, weil sie von ausländischen Banken mit Geld zugeschüttet werden, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Aber: Dann ist die ganze Sache vollkommen unkontrovers und auch irrelevant, denn ob die Deutsche Bank sich nun bei der Bundesbank refinanziert oder bei der BNP Paribas ist schlicht egal. Wichtig ist, was bei den Unternehmen ankommt.

Ich habe übrigens von Anfang an Sinns These zugestimmt, dass die EZB Leistungsbilanzdefizite finanziert im Süden (nur brauche ich dazu keine Target-Salden, sondern kann direkt in die Refinanzierungsstatistik). Aber ich halte das für richtig, und auch hilfreich für die deutsche Wirtschaften um die Anpassung zu erleichtern, die ansonsten schockartig gekommen wäre – was schlecht wäre für uns und die anderen.

 

Schadet die Bankenrekapitalisierung?

Regelmäßige Leser wissen, dass ich die Bankenrekapitalisierung für problematisch halte, weil ich lieber die Staaten retten würde. Ich gehe sogar noch weiter: Die Kombination aus Stresstest und Zwangsrekapitalisierung, wie sie jetzt geplant ist,  könnte die Krise sogar noch verschlimmern. Warum? Nun welche Anreize gehen davon aus, dass Banken, die stark in Südeuropa engagiert sind, nun mit der Staatsgewalt rechnen müssen? Genau, sie werden einen noch größeren Bogen um Südeuropa machen. Diese Krise unterscheidet sich von der Immobilienkrise, weil es um Staatsanleihen geht. Wenn wir uns die erhöhten Kapitalanforderungen wie eine Steuer vorstellen, dann hat auch diese Steuer Lenkungswirkungen – im Fall spekulativer Geschäfte ist sie erwünscht, im Fall der Staatsfinanzierung nicht.

In jedem Fall: Je mehr wir die Banken wegen ihres PIIGS Exposures quälen – durch Stresstests, Zwangskapital etc. – desto weniger werden sie dort investieren. Merkt Euch meine Worte. Ich weiß, dass ist ziemlich off-consensus und ich hoffe, ich täusche mich. Aber was, wenn nicht?

 

Der Bernd-Lucke-Plan: Rezept für ein Desaster

Wie ich höre macht in Berlin ein Insolvenzszenario von Bernd Lucke und Harald Hau die Runde, das kürzlich in der FAZ vorgestellt wurde. Die beiden Ökonomen schlagen vor, statt immer neue Rettungsschirme aufzuspannen die Banken zu rekapitalisieren, damit sie Staatsinsolvenzen verkraften.

Eine zwangsweise Rekapitalisierung gefährdeter Banken könnte die Rettungsfonds für hochverschuldete Euroländer ersetzen. Die deutschen Steuerzahler käme dies wesentlich günstiger. Die Bundesregierung sollte diesen Schritt tun.

Die Bundesregierung – das wird die Leser dieses Blogs nicht überraschen – sollte diesen Schritt nach meiner Ansicht nicht tun. Er würde im Desaster enden. Der Plan wird nicht aufgehen, weil er auf falschen Annahmen beruht. Noch einmal Lucke und Hau:

Wir unterstellen im Folgenden, dass private Gläubiger 50 Prozent ihrer Forderungen auf griechische und portugiesische Staatsschulden abschreiben müssen, während Irland, Italien und Spanien trotz der Insolvenz noch 75 Prozent des Schuldendienstes leisten.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir schulden nicht nur Griechenland um, sondern auch noch Irland, Spanien und Italien. Und das geht einfach so. Die Investoren werden brav ihren Haircut akzeptieren, die frisch kapitalisierten Banken schreiben die Verluste ab und danach kehrt Europa wieder fröhlich an den Kapitalmarkt zurück.

Das funktioniert vielleicht im Elfenbeinturm der Universität, aber nicht an den Kapitalmärkten. Wer Griechenland umschuldet, spielt schon mit dem Feuer. Wer den Zahlungsausfall von Spanien und Italien – ein Land mit ausstehenden Anleihen im Wert von rund 1600 Milliarden Euro – will, der legt einen Flächenbrand, der Europa verwüsten wird.

Denn die Folgeeffekte – Ausfall von Credit Default Swaps, Bilanzlücken bei den Versicherungen, eine globale Vertrauenskrise – werden nicht zu kontrollieren sein. Die Investoren werden sich komplett zurückziehen. Wer, liebe Professoren, übernimmt dann die Refinanzierung? Und wenn die Italiener schon einmal beim Default sind, warum sollen sie nicht gleich 60 oder 70 Prozent wegstreichen.

Wertlose Forderungen müssen abgeschrieben werden und irgendjemand muss die Verluste tragen, wird man nun einwenden (Catherine Hoffmann tut das heute in der Süddeutschen). Wertlos ist eine Forderung aber nur, wenn das betreffende Land wirklich insolvent ist. Und Italien ist zwar eine Bananenrepublik aber nicht insolvent. Und ich würde argumentieren, dass das mindestens auch für Spanien, Irland und Portugal gilt. Diese Staaten haben Liquiditätsprobleme.

Was Lucke und Hau nicht begreifen: Wer solvente Länder umschuldet, der schafft ein Problem, das nicht existieren würde, wenn es gelänge, die Märkte endlich wieder von der Solvenz zu überzeugen, so dass sie diese Staaten weiter finanzieren. Mit anderen Worten: Je größer der Schuldenschnitt, desto größer das Loch, dass wir mit unseren Steuergeldern füllen müssen. Der Rettungsschirm dagegen kostet nichts, wird verdienen sogar daran, weil die Kredite mit Zinsen zurückgezahlt werden. Wer das nicht glaubt, der frage beim IWF nach, der seit einigen Jahrzehnten ganz gut von der Liquiditätshilfe lebt.

Ja aber die Griechen, wird es jetzt heißen, die sind doch insolvent. Mag sein, und in diesem Fall ist tatsächlich die Frage, wer die Verluste nimmt. Mein Position ist, dass sie der Steuerzahler nehmen soll, weil ich glaube, dass eine Pleite sehr teuer werden wird. Darüber kann man streiten. Aber Italien in den Bankrott zu schicken – das ist der Auftakt für den Untergang Europas.

 

Der Irrweg der Bankenretter

Die Kollegen von FT Alphaville bringen es auf den Punkt.

 Put bluntly there’s no amount of capital that will protect the region’s banks against a multi sovereign default.

Deshalb ist der Strategieschwenk im Kampf gegen die Euro-Krise ein Fehler. Sichern wir die Staaten, dann löst sich das Bankenproblem in Luft auf.

 

Ist Griechenland gar nicht pleite?

In der EU scheint es inzwischen Konsens zu sein, dass die Griechen pleite sind und deshalb einen massiven Schuldenschnitt benötigen. Nun ist das mit Staatsinsolvenzen so eine Sache. Es lässt sich schwer feststellen, wann ein Land objektiv nicht mehr in der Lage ist, seine Schulden zurückzuzahlen. William Cline vom renommierten Peterson Institute for International Economics in Washington hat sich die Zahlen noch einmal angeschaut und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Griechenland ist überhaupt nicht bankrott.

The results here suggest instead that Greece can manage its sovereign debt under the new package so long as it meets the fi scal adjustment targets. So far the evidence is that Greek political leaders are willing to take the extensive and unpopular measures necessary to do so.

Ein zentraler Punkt in der Analyse von Cline ist die Unterscheidung zwischen Brutto- und Nettoverschuldung. In Europa ist das Konzept der Bruttoverschuldung üblich. Sie misst schlicht die Verbindlichkeiten des Staatssektors. Wenn ein Staat beispielsweise eine Bank mit Verbindlichkeiten von 100 Milliarden Euro übernimmt, steigt die Bruttoverschuldung um 100 Milliarden Euro.

Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass der Staat ja auch Vermögenswerte übernimmt, die wieder zu Geld gemacht werden können. Die Nettoverschuldung rechnet solche Effekte gegeneinander auf. In der Regel spielt das keine große Rolle, es gibt aber Ausnahmefälle. Japan beispielsweise hat nach Daten des Internationalen Währungsfonds eine Bruttoverschuldung von 220 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist die Zahl, die in den Medien immer wieder genannt wird. Die Nettoverschuldung des Landes aber liegt bei nur 117 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – unter anderem dürfte das daran liegen, dass der japanische Staat Eigentümer der Post ist, die in dem Land ein wichtiger Anbieter von Finanzdienstleistungen ist. Wie auch immer: 117 Prozent ist schon weit weniger dramatisch als 220 Prozent und das könnte ein Grund dafür sein, dass die Japaner mit ihren Schulden gut leben können.

Cline zufolge ist auch Griechenland so ein Ausnahmefall. Ein Großteil des vom IWF im Juli vorhergesagten Anstiegs der Verschuldung auf 172 Prozent des BIP sei darauf zurückzuführen, dass die griechische Regierung mehr Geld in ihre Banken und den Aufbau eines Vorrats an Sicherheiten für den geplanten Anleihetausch im Rahmen der auf dem letzten EU-Gipfel vereinbarten Privatsektorbeteiligung stecken müsse. Würde man diese Verbindlichkeiten mit dem dadurch erworbenen Vermögen gegenrechnen, läge die Schuldenquote um 33 Prozent niedriger.

Cline simuliert nun die Entwicklung der griechischen Nettoverschuldung unter der Annahme, dass die im Juli vereinbarten Vorgaben eingehalten werden.

In the central baseline through 2020 after the July 2011 package, gross debt peaks at 175 percent of GDP in 2012, then falls to 113 percent by 2020; net debt falls from 121 percent of GDP in 2011 to 69 percent by 2020.

Die Nettoverschuldung Griechenlands liegt also im Jahr 2020 bei 69 Prozent der Wirtschaftsleistung – Griechenland stünde besser da als der Durchschnitt der sieben führenden Industrienationen heute, die im Mittel eine Nettoverschuldung von 73 Prozent des BIP haben. Die Zinslast fällt von 7,2 Prozent des BIP in diesem Jahr auf 5,2 Prozent in 2020.

Voraussetzung ist, dass die Griechen einen strengen Konsolidierungskurs fahren. Doch wenn das Land die Privatisierungen vorantreibt, wäre nach Schätzungen von Cline ein Haushaltsüberschuss vor Zinszahlungen von 4,4 Prozent des BIP im Jahr ausreichend. Das ist hart, aber machbar.

Nun ist es wie immer in der Ökonomie: Man kann auch zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Aber Clines Zahlen sind durchaus interessant – und sie sollten all jenen eine Lehre sein, die mit der Insolvenz schnell bei der Hand sind.

 

Unser Rösler

Eines muss man Philipp Rösler lassen: Es mit der Schlagzeile „Rösler legt Regeln für die Staateninsolvenz vor“ auf die Titelseite und die Aufschlagseite des Wirtschaftsteils der FAZ zu schaffen, obwohl doch nach monatelangen Verhandlungen bereits Regeln für Staateninsolvenzen aufgestellt und in einen völkerrechtlichen Vertragsentwurf wurden, nämlich den für jedermann öffentlich zugänglichen Entwurf für eine Vertrag zur Einrichtung  des Europäischen Stabilitätsmechanismus, der derzeit Gegenstand intensivster Abstimmungsprozesse innerhalb der EU ist – unter diesen Umständen also den Eindruck zu erwecken, man habe da das ganz große Ding entdeckt:  Respekt!

 

Warum Bankenrekapitalisierung nicht immer der beste Weg ist

Kantoos hat sich in die Debatte um die von Christine Lagarde angestoßene Bankenrekapitalisierung eingeschaltet und meine These kritisiert, es sei sinnvoller, die Staaten zu retten als die Banken. Eine Rekapitalisierung mit öffentlichen Mitteln, so argumentiert er, sei keine Rettung, weil die Bankaktionäre verwässert würden und somit das Risikokapital zur Verlustabdeckung herangezogen wird, wie es auch sein sollte.

Eine erzwungene Rekapitalisierung (oder in manchen Fällen schlicht Abwicklung) von Banken ist der erste sinnvolle Vorschlag seit langer Zeit (den ich schon im Frühjahr 2010 angewendet hätte), und ich hoffe sehr, dass die deutsche Regierung sich dies auf die Fahnen schreibt.

Ganz ähnlich sieht das Holger Steltzner heute in der FAZ:

Einige Länder brauchen für einen Neuanfang einen harten Schuldenschnitt. Das setzt voraus, dass nicht nur südeuropäische Banken, sondern auch Finanzinstitute aus Frankreich oder Deutschland genügend Kapital haben, um die Verluste tragen zu können. Mit einer Rekapitalisierung der europäischen Finanzinstitute kann die Ansteckungsgefahr gebannt und die Erpressbarkeit von Regierungen und der Zentralbank reduziert werden. Nur darüber kann die Staatsschuldenkrise gelöst werden. Dieser Weg ist für den Steuerzahler viel günstiger als der Rettungsfonds.

Ich bestreite nicht, dass eine Rekapitalisierung der Banken  – die dann ja einen Schuldenschnitt in Portugal, Irland, Griechenland und massive mark-to-market Verluste in Italien und Spanien aushalten können müssen  – eine mögliche Lösung der Krise ist. Ich frage mich aber: Ist es die günstigere, in einer Situation, in der die Kosten jeder Form der Rettung steigen, je mehr Investoren wir vertreiben? Ist sie kontrollierbar angesichts der Folgen, die eine Massenpleite in Europa für die Weltkonjunktur und den Ruf der Gemeinschaft am Kapitalmarkt haben wird ? Und ist die Währungsunion mit eingebautem Pleiterisiko, die sie hervorbringen würde, wünschenswert?

Ich würde keine der Fragen mit einem klaren Ja beantworten und deshalb bin ich nicht überzeugt. Kantoos hat Recht:  In dem Maße, in dem es sich um eine Solvenzkrise handelt, muss irgend jemand den Schaden bezahlen. Aber ich halte es für günstiger, diesen Schaden die Staaten tragen zu lassen (die sich das Geld dann ja über Steuern bei den Profiteuren abholen können) als den Anleihemarkt in Brand zu setzen. Und ich glaube, dass wir es abgesehen vielleicht von Griechenland nicht zwingend mit einem Solvenzproblem zu tun haben – und ein Liquiditätsproblem lässt sich durch Brückenfinanzierung lösen ohne das Kosten anfallen.

 

 

Schützt die Staatsanleihe

Ich war am Donnerstag bei einem Briefing von Joachim Fels, Chefvolkswirt bei Morgan Stanley. Ich bin mit Fels nicht immer einer Meinung, er ist aber einer der wenigen Bankökonomen, die ich respektiere und schätze, weil er sich eine eigene und meistens gut fundierte Meinung erlaubt. In diesem Briefing entspann sich eine interessante Debatte: Was ist eigentlich eine Staatsanleihe? Weiter„Schützt die Staatsanleihe“