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Weihnachten im Iran: Christen verhaftet

In den letzten Wochen sind an mindestens drei Orten im Iran Christen verhaftet worden, „um sie daran zu hindern, christliche Weihnacht zu feiern“, wie die Organisation „Human Rights Activists in Iran“ mitteilt.

Als ihre Angehörigen vor den Gefängnissen demonstrierten, wurden sie mit „unnötiger Härte“ von den Sicherheitsorgangen zurückgewiesen. Hier die bisher bekannten Namen der Verhafteten:

1 – Mrs. Shirin Sadeg Khanjani, church member – Teheran

2 – Mr. Behrooz Sadeg Khanjani, church member – Teheran

3 – Mr. Hamid Reza Tolooinia, church member – Teheran

4 – Mr. Bahman Irani, church member Karaj (a province of Teheran)

5 – Mr. Behnam Irani, church member – Karaj

6 – Mr. Shahin Taghizadeh, father of one, curch member City of Rasht

7 – Mr. Yoosuf Noorkhani, father of two,

8 – Mr. Mathias Hagnejad, arrested and released on Tuesday

9 – Mr. Parviz Khalajzamani, father of three, church member – City of Rasht

10 – Mr. Mohammad Baliad, church member – City of Rasht

11 – Mr. Payman Salarvand & Mr. Soharab Sayadi, church member – City of Rasht

12 – Mr. Davood and Mr. Amin (both have been released).

Das Schicksal dieser Menschen steht im Zusammenhang einer neuen Repressionswelle gegen religiöse Minderheiten im Iran.

 

Mozart als Muslim-Test. Die Berliner Wiederaufnahme des „Idomeneo“

In Berlin geht man jetzt nicht mehr einfach in die Oper. Man checkt ins Opernhaus ein wie am Flughafen.

Metalldetektoren, Taschenkontrollen, grimmig dreinschauende Herren mit Kabel hinterm Ohr. Und da kommt auch schon der Innenminister mit seinem Tross, für den sich magische VIP-Schleusen öffnen.
So war es jedenfalls am Montag, als an der Deutschen Oper der »Idomeneo« zur Wiederaufführung kam, der im September in vorauseilender Selbstzensur abgesetzt worden war.

Man hatte Anschläge von Islamisten befürchtet, weil in der Schlusszene die abgetrennten Häupter von Poseidon, Buddha, Jesus und Mohammed zu sehen waren. Den weltweiten Aufruhr nach der Absetzung der Oper hatte Wolfgang Schäuble elegant gekontert, indem er die gesamte Islam-Konferenz zum gemeinsamen Besuch der Wiederaufnahme einlud – eine schöne Gelegenheit, etwas für die Rede- und Kunstfreiheit zu tun.
Schäuble hat damit auch etwas für die Deutsche Oper getan, wie sich zeigte: So voll war das krisengeschüttelte Haus seit Jahren nicht mehr. Man sollte in Betracht ziehen, das Kulturressort wieder ins Inneniministerium zurückzuverlegen.
Denn dieser Minister kann kulturpolitische Weihnachtswunder bewirken. Zum Beispiel vermag er halbtote Opern zum Leben erwecken. Die Berliner Gesellschaft war vollständig erschienen, um sich zur Kunstfreiheit zu bekennen. Und um die anderen dabei zu beobachten, wie sie es tun.

Und ein wenig auch um selbst dabei gesehen zu werden. Ist das nicht der Kulturstaatsminister Neumann, der da auf Englisch mit Al-Dschasira parliert? Und das ist wohl die Integrationsministerin Böhmer, die dem japanischen Fernsehen Rede und Antwort steht? Und dies dort muss der Autor Peter Schneider sein, der, ebenfalls auf Englisch, einen Vortrag über Idomeneo und Abraham hält.Sie waren alle gekommen – die Stölzls und Döpfners, die Künasts und Pflügers, die Lammerts und Körtings und Wowereits.
Schäuble hatte viel riskiert mit seiner Einladung an die Muslimvertreter, sich einen Ruck zu geben und demonstrativ die Oper zu besuchen. Das wurde gerade in den letzten Tagen deutlich, als die Repräsentanten des Zentralrats der Muslime und des Islamrats ihren Boykott verkündeten.

Mit einem mal schien nicht nur die symbolische Opern-Aktion, sondern das ganze große Islam-Projekt des Innenministers auf Messers Schneide zu stehen. Doch es war nur Theaterdonner, und am Ende hatte Schäuble alles richtig gemacht.
Ali Kizilkaya vom Islamrat hatte Schäubles Einladung »ein wenig populistisch« genannt: »Jetzt läuft es nach dem Motto: Nur wer zur Oper geht, ist integriert. Die anderen sind noch nicht so weit.«

Und Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime fühlte sich gar »politisch instrumentalisiert«: »Ich gehe in die Oper, um mich zu entspannen und nicht, um Religion, Kunst und Poltitik in einen Topf zu werfen.«

Mazyek blieb trotzig weg. Kizilkaya aber kam zur Oper, und blieb doch der Aufführung fern. Er war freilich gerne bereit, seine Haltung vor Journalisten zu begründen. So kam es, dass der Muslimvertreter, der die Oper nicht gesehen hatte, am meisten auf Sendung war.
Schäuble gab sich nachher im Gespräch zufrieden selbst mit dieser Haltung: Wenn jemand durch seine Anwesenheit dafür eintrete, dass die Oper aufgeführt werden könne, reiche ihm das.
Und die Opernverweigerer vom Zentralrat der Muslime? Haben Sie nicht auch das gute Recht, fernzubleiben? Niemand sollte zum Besuch einer Oper genötigt werden, um seine freiheitliche Gesinnung zu beweisen.

Der Regisseur Hans Neuenfels hat selbst bekannt, es gehe in seiner Inszenierung »um die Infragestellung von Autorität, von politischer wie geistlicher, denn hier kämpft ein Menschenkönig gegen einen Gott.«

Es wäre widersinnig, ausgerechnet ein Kunstwerk, das kritisch-subversiv sein will wie diese Neuenfels-Inszenierung, zum Geßlerhut der politischen Korrektheit zu machen, vor dem sich jeder zu verneigen hat, der dazugehören will.

Wer Mozart als Muslim-Test benutzt, tut der Kunst einen Tort an. »Als Vertreter einer Religionsgemeinschaft bin ich weder Kunstkritiker noch zuständig für Geschmacksfragen«, hatte Aiman Mazyek, der Generalsekretär des Zentralrats seine Absage begründet.
Im Karikaturenstreit hatten die beiden Muslimvertreter, die sich jetzt so zurückhaltend gaben, allerdings wenig Hemmungen gezeigt, als Kunst- und Geschmacksrichter im Namen einer ganzen Weltreligion aufzutreten. Man wird sie daran erinnern müssen.
Der Abend in der Oper hat gezeigt, dass es unter Muslimen viele nuancierte Haltungen zur Freiheit der Kunst gibt.

Bekir Alboga, Vertreter des größten Moscheeverbandes, der türkeinahen Ditib, stand die ganze Vorstellung mannhaft und mit guter Laune durch, wenn auch am Ende ein wenig mit zusammengebissenen Zähnen, als die blutigen Köpfe auf die Bühne kamen. Geklatscht hat er bei dieser Szene nicht. Aber es scheint, als hätte auch ihn das Stück nicht kalt gelassen.

Es geht darin – sehr ernst und unmozartisch – um einen Vater, der in die tragische Lage geraten ist, seinen Sohn opfern zu sollen – und die grausamen Götter um Gnade bittet. Das ist ein Thema, das wahrlich auch Muslime angeht. Bei Mozart sind die Götter am Ende gnädig, unter der Bedingung, dass König Idomeneo auf die Macht verzichtet.
Manche Muslimvertreter scheint der Prozess, den Wolfgang Schäuble durch die Einberufung der Islam-Konferenz gestartet hat, einstweilen zu überfordern. Sie kommen noch nicht mit der neuen Situation klar, dass sie nun Partner sind und sich nicht mehr als mißverstandene Opfer sehen können.

Zentral- und Islamrat haben Probleme mit der Zusammensetzung der Islam-Konferenz. Es paßt ihnen nicht in den Kram, daß die Konferenz die ganze breite des muslimischen Lebens in Deutschland zu repräsentieren versucht – Konservative, Liberale, Säkulare und Islamkritikerinnen wie Necla Kelek und Seyran Ates. Sie werden damit leben müssen.
Wolfgang Schäuble spielt einen hohen Einsatz, indem er die Islam-Konferenz zu seinem großen persönlichen Projekt gemacht hat.

Er hat die Teilnehmer nicht in die Oper eingeladen, um sie moralisch zu erpressen, sondern um zu beweisen, dass auch Muslime Rede- und Kunstfreiheit zu schätzen wissen – selbst da, wo es weh tut.

Dass der Kulturkampf bei einem gemeinsamen Opernbesuch beigelegt wird – bestrickt von Mozarts Musik, die die Verschonung eines Opfers durch gnädige Götter feiert – ist sicher eine sehr deutsche Idee. Doch der sympathische kulturprotestantische Idealismus des Innenministers ist diesmal aufgegangen.

p.s. Man kann das ja jetzt so sagen, da wir diesen Pseudo-Kulturkampf überstanden haben: Die Neuenfels’sche Schluss-Idee mit den abgeschlagenen Köpfen ist einfach nur Blödsinn: Die Versöhnung hat ja in der Oper schon stattgefunden. Idomeneo wird von der Blutttat verschont, wenn er die Macht aufgibt.

Die Götter wollen bei Mozart kein Blut sehen. Dass der König den Religionsstiftern dann trotzdem die Köpfe abschlägt, ist eine aufgesetzte Religionskritik für Dumme. Und im Falle von Jesus, wenn ich das so sagen darf, leuchtet es am allerwenigsten ein. Er hat sich schließlich schon kreuzigen lassen.

 

Europäische Wissenschaftler boykottieren Iran nach Holcaust-Konferenz

Der aussenpolitische Thinktank der iranischen Regierung – IPIS -, der in der letzten Woche die sogenannte Holocaust-Konferenz organisiert hatte, wird nun von europäischen Wissenschaftlern boykottiert.

Francois Heisbourg, Direktor des IISS (International Institute for Strategic Sudies), gab am Wochenende bekannt, dass 40 europäische und nordamerikanische Forschungsinstitute ab sofort nicht mehr mit dem ISIS zusammenarbeiten werden.

Ich halte diesen Schritt für richtig und unvermeidlich. Das Tragische daran ist, dass die Regierung Achmadinedschad genau diese Folgen provozieren will. Isolation ist gut für sie und hilft ihr, missliebige Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Aber eine weitere Kooperation mit den Kräften, die Holocaustleugnung als wissenschaftliche Forschung ausgeben, würde einer stillschweigenden Legitimation ihrer Infamie gleichkommen.

Das wirft die grundsätzliche Frage auf, wie die Kulturpolitik des Westens gegenüber dem Iran weiter verfahren soll.

Wir wollen weder die demokratische Opposition, noch die gesprächsbereiten Teile des Establishments isolieren. Sie werden aber von einem Boykott mitbetroffen sein.

 

Achmadinedschad kommentiert in seinem Blog die Studentenproteste

Der Iran ist irgendwie doch ein wunderbares Land, selbst mit diesem grauenhaften Präsidenten.

Machmud Achmadinedschad schreibt in seinem eigenen Blog über die Studentenproteste gegen seinen Auftritt an der Amir Kabir Universität zu Beginn dieser Woche.

Welch ein Sieg der Blogger-Kultur: Der Präsident, der von den Studenten zum Rückzug gezwungen wurde, muss der peinlichen Niederlage im Internet einen Sinn geben. Denn in der Blogosphäre werden im Iran mitlerweile die Meinungen gemacht.

Nirgendwo sonst im Nahen Osten (und wo überhaupt auf der Welt?) ist dies denkbar: Der Präsident rechtfertigt sich im Internet. (Hier ein älterer Beitrag über den bloggenden Präsidenten.)
Und wie er es macht, ist auch nicht ungeschickt, wenn auch total verlogen:

Als eine „kleine Minderheit“ von Protestierenden „völlig unbehelligt“ von der „absoluten Mehrheit“ ihn als den „gewählten Präsidenten“ beschimpfen konnte, habe er eine „große Freude“ gefühlt.

Er habe sich an die Studentenunruhen früherer Zeiten erinnert gefühlt, als der Schah Protestierende erschiessen liess.

Damals war der Preis des Protest Tod und Folter, so der Präsident.

Doch heute nehme die loyale Mehrheit die Bekundungen einer radikalen Minderheit gelassen hin – „mit Würde und Wohlwollen“.

1975 habe er selber die Brutalität des Schah-Regimes erlebt, und doch habe er bei den Unruhen gegen ihn selbst „kein böses Gefühl gegen irgendjemanden in meinem Herzen“ gespürt, sondern nur Dankbarkeit für die „Befreiung“ durch die Revolution.

„Diese Freiheit ist aus dem Blut unserer Märtyrer erwachsen“, schließt der Präsident seine Einlassungen.

Nicht erwähnt ist dabei allerdings die blutige Niederschlagung der Studentenproteste von 1999, bei der mindestens fünf Beteiligte zu Tode kamen und zahlreiche in den Gefängnissen endeten.

Nicht erwähnt bleiben selbstredend auch die Morde an demokratischen Oppositionellen vor genau 8 Jahren. (Bis heute ist die bestialische Ermordung des Ehepaars Darioush udn Parwaneh Forouhar – die charismatischen Anführer der demokratischen, säkularen Kräfte – durch iranische Sicherheitskreise nicht gesühnt.)

Und nicht erwähnt bleiben die willkürlichen Verhaftungen von Intellektuellen und Gewerkschaftern in diesem Jahr.

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Die jungen Gesichter der Studenten, die bei dem Protest dabeiwaren, werden wir uns merken müssen. Nach den Worten des Präsidenten dürfte ihnen nichts geschehen. Nach den Wahlen am heutigen Freitag wird man weitersehen.

 

Kritisches zum Mufti Ceric

Dies hier schreibt eine Leserin aus Wien zu meinem Porträt des Grossmuftis Ceric, die sich „ein differenzierteres Porträt“ wünscht und auf Äusserungen hinweist, die nicht mit den von mir zitierten reformerischen Erklärungen des Muftis zusammenpassen:

Am 25.11.06 veröffentlichte der Islamwissenschaftler Prof. Rešid Hafizović in der Tageszeitung „Oslobodjenje“ einen offenen Brief, in dem er die Haltung des Großmuftis und seines „Riaset“, des vierzehnköpfigen Gelehrtenrats, dem er vorsitzt, anprangert. Es handelt sich um deren Verhalten gegenüber den fundamentalistischen Wahabiten und den Saudis, die diese Wahabiten in Bosnien eingeschleust haben und sie unterstützen…. Weiter„Kritisches zum Mufti Ceric“

 

Holocaustleugner treffen sich in Teheran – doch iranische Studenten nennen Achmadinedschad einen „Faschisten“

Die Teheraner „Holocaust-Konferenz“ hat vor allem dies bewiesen: Wer den Massenmord an den Juden leugnet, stellt sich ins Abseits der Weltöffentlichkeit.

Dem Ruf des iranischen Präsidenten war eine bunte Schar gefolgt: Rassisten wie der ehemalige Ku Klux Klan-Chef David Duke saßen neben fanatisch-messianischen Rabbinern, die Israel ablehnen (weil erst der Messias die Juden aus der Diaspora ins Heilige Land zurückbringen darf).

Ihnen zur Seite mehrfach verurteilte Hetzer wie der rechtsradikale Franzose Robert Faurisson und radikale iranische Ayatollahs.

Weisse Rassisten, jüdische Sektierer, Revisionisten und Mullahs vereint in der Leugnung des bestdokumentierten Verbrechens der Menschheitsgeschichte: Eine Versammlung, deren Teilnehmer sich untereinander fast so sehr hassen wie alle zusammen die Juden, demontiert sich selbst. Sie muss man nicht fürchten.

Mit dem Gastgeber ist es eine andere Sache. Im Unterschied zu vielen seiner Gäste weiss er, was er tut.

Der Aufstand der Anständigen in aller Welt – unter ihnen auch Muslime und nicht wenige Iraner – ist ihm gleichgültig.

Innenpolitisch peitscht Achmadinedschad die Moderaten vor sich her, aussenpolitisch bewirbt er sich mit seinem Antisemitismus um die Rolle des Führers der frustrierten muslimischen Massen.

Doch es gibt auch gute Nachrichten aus Teheran. Am Tag der Eröffnung der Konferenz protestierten hunderte iranische Studenten gegen eine Vortrag Achmadinedschads an der Amir Kabir Universität.

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Sie riefen: „Faschistischer Präsident, für Dich ist hier kein Platz“ und „Tod der Tyrannei“. Sie verbrannten sein Bild und sie zündeten Feuerwerkskörper. Der Präsident musste sich zurückziehen.

Diesen Studenten stehen schlimme Zeiten hervor. Wir sollten Sie nicht vergessen. Sie sind unsere Hoffnung auf einen anderen Iran.

p.s. (14.12.) Hier eine Interpretation des von mir sehr geschätzten Hossein Derakshan (aka Hoder), der das Bloggen im Iran eingeführt hat:

The more surprising fact is that the conference is organised by and at the IPIS, a respected think-tank at the Foreign Ministry which was for years under Sadegh Kharrazi, the moderate young diplomat who then became the ambassador in France.

The fact that IPIS has organized the conference, to me, hints at the fact that Khamanei and Ali Larijani have approved Ahmadeinjead’s anti-Israeli comments. Or at least have not been able to resist against him and his arguments.

Whatever the reason, this conference is a sign that Ahmadinejad is consolidating his power inside the system gradually, carefully and quite intelligently. This is very alarming.

This is basically his style: Using Khomeinist ideological talking points to disarm the traditionalist conservatives and the Khomeinist reformers and consolidate policy- making power in areas he has not much control on, such as nuclear negotioations, foreign affairs, oil, intelligence, etc.

Khatami with the same tactic could’ve disarmed Khamenei as well, but he didn’t, for various reasons.

 

Tony Blair bestimmt Integration und Multikulturalismus neu

Die Debatte über den Gesichtsschleier (Nikab) in England war nur der Anfang einer grundlegenden Revision des britischen Multikulturalismus:

In einer ungewöhnlich scharf formulierten Rede hat Tony Blair letzte Woche gesagt, Immigranten hätten „die Pflicht sich zu integrieren“ und sollten „lieber wegbleiben“, wenn sie nicht bereit seien, die traditionelle britische Toleranz gegenüber anderen Religionen zu akzeptieren.

Blair verteidigte das Verbot des Gesichtsschleiers als „puren Commonsense“  in Jobs, die auf Kommunikation beruhen (wie etwa Lehrerin, Verkäuferin etc.). Er erteilte allen Vorschlägen, die Scharia-Gesetze in Grossbrittanien anzuwenden, eine Absage und appellierte an Moscheen, die keine Frauen zum Gebet zulassen, ihre Position zu überdenken.

Minderheitenorganisationen, die nicht für die Integration ethnischer oder religiöser Minderheiten arbeiten, sollen künftig von öffentlicher Förderung ausgeschlossen werden. Staatliche Förderung sei viel zu freigiebig an Organisation verteilt worden, „die eng um religiöse, rassische oder ehtnische Identitäten gruppiert sind“.
Blair vergleicht in der Rede die weissen Rassisten der Britisch National Party mit der radikalen Minderheit unter den Muslimen, die sich der Integration verweigert.

Blair sieht seine Intervention nicht als  Abschied vom Multikulturalismus, sonder als dessen Neubestimmung. Er feiert ausdrücklich  das buntere, ethnisch und religiös diversifizierte England  von heute – „not the stuffy old Britain that used to be sent up in the comedy sketches of the 1970s.

Aber dieses England braucht eine neue Vergewisserung seines Zusammenhalts. Und hier ist Blair wieder einmal unerreicht in seiner politisch-moralischen Klarheit. Was dieses multikulturelle England zusammenhält, sind gemeinsame Werte, die neu bekräftigt werden müssen.

The 7/7 bombers were integrated at one level in terms of lifestyle and work. Others in many communities live lives very much separate and set in their own community and own culture, but are no threat to anyone.But this is, in truth, not what I mean when I talk of integration. Integration, in this context, is not about culture or lifestyle. It is about values. It is about integrating at the point of shared, common unifying British values. It isn’t about what defines us as people, but as citizens, the rights and duties that go with being a member of our society.

Christians, Jews, Muslims, Hindus, Sikhs and other faiths have a perfect right to their own identity and religion, to practice their faith and to conform to their culture. This is what multicultural, multi-faith Britain is about. That is what is legitimately distinctive.

But when it comes to our essential values – belief in democracy, the rule of law, tolerance, equal treatment for all, respect for this country and its shared heritage – then that is where we come together, it is what we hold in common; it is what gives us the right to call ourselves British. At that point no distinctive culture or religion supercedes our duty to be part of an integrated United Kingdom.

Zu Recht weist Blair darauf hin, dass dies keine rein britische Debatte sei. In Deutschland würden ähnliche Themen im Rahmen der „Islam Konferenz“ behandelt, in Italien im neu gegründeten Consulta Islamica.

Wenn unsere Kanzlerin es irgendwannn über sich bringt, sich zu dieser Schicksalsfrage des Landes zu äussern und neu zu bestimmen, was Integration in Deutschland eigenlich heissen soll, dann liegt die Latte jetzt ziemlich hoch.

 

„Ich will jetzt Blut sehen“

Aus dem SWR:

„Zwei Schüler aus dem rheinland-pfälzischen Ludwigshafen waren während eines Killerspiels im Internet auf die entsprechende Drohung gestoßen. Einer ihrer ‚Counter Strike‘-Mitspieler habe bei dem Mannschaftsspiel auf eigene Leute geschossen und ‚wild in der Luft rumgeballert‘, sagte Hetger. Nach Aussage der Realschüler habe der Unbekannte im Internet geschrieben: ‚Ich habe dieses hier satt, ich will jetzt Blut sehen.‘ Auf Nachfragen seiner Mitspieler kündigte er einen Amoklauf in seiner Schule am Nikolaustag an.“

Die beiden Realschüler, die die Sache gemeldet haben, sind zu loben. Sie haben, wie die meisten Spieler, noch nicht die Fähigkeit eingebüsst, zwischen Realität und Spiel zu unterscheiden.

Durch die Debatte der letzten Wochen sind sie aber darauf aufmerksam geworden, dass es nicht allen so geht, und dass es also ernst zu nehmen ist, wenn einer sagt, „ich will jetzt Blut sehen“.

Die beiden Schüler haben richtig gehandelt.

Sie wissen, dass ihr Spiel Teil einer Gewalt-Popkultur ist, in der mancher die Orientierung verliert, und sie wissen offenbar auch, dass Täter ihre Taten nach der Ikonografie dieser Spiele modellieren – was immer noch hartnäckig von der Gamer-Gemeinde und den Apologeten der Game-Industrie in den Feuilletons bestritten wird.