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Iran treibt Geschlechter-Apartheid voran

Nach einem Bericht der Website ROOZ Online wird im Iran die Segregation der Geschlechter aggressiv vorangetrieben.

Im Kabinett Achmadinedschad sind Pläne gebilligt worden, Krankenhäuser zukünftig getrennt nach Geschlechtern auszulegen, ganz wie in Saudi-Arabien.

Das Erziehungsministerium kündigte offiziell an, dass ab dem nächsten akademischen Jahr die männlichen Lehrer aus den Schülen für Mädchen entfernt werden sollen.

Im Kulturministerium wurde es Frauen verboten, nach 6 Uhr abends zu arbeiten, „um unmoralischem Verhalten vorzubeugen“.

Das Wissenschaftsministerium kündigte an, dass Universitäten in Zukunft getrennte Eingänge für Männer und Frauen ausweisen sollen.

Ausserdem werden zusätzliche Videokameras in den Uni-Gebäuden installiert, um die Interaktion zwischen Männern und Frauen zu überwachen.

Dies alles natürlich, um die „Pläne der Feinde Irans“ zu zerstreuen, die „Unmoral und Dekadenz zu sähen bemüht sind“.

 

Kopftuchstreit in Ägypten: Kulturminister soll gehen

International verschäft sich zusehends die Kopftuchdebatte:

In Ägypten haben 130 Parlamentarier den Rücktritt des Kulturministers gefordert, weil dieser das islamische Kopftuch als Symbol für die Rückschrittlichkeit des Landes bezeichnet hatte, berichtet dpa. Die Zeitung »Al-Masry Al-Yom« berichtete am Dienstag, bei der Kampagne gegen Faruk Husni arbeiteten die Abgeordneten der Muslimbrüder und der Nationaldemokratischen Partei (NDP) erstmals zusammen. Auch 50 NDP-Abgeordnete hätten die Rücktrittsforderung unterzeichnet. Die NDP von Präsident Husni Mubarak hat die absolute Mehrheit im Parlament.

Der Minister hatte vergangene Woche in einem Interview darüber geklagt, dass immer mehr Ägypterinnen das Kopftuch anlegen. Islamische Religionsgelehrte und die Muslimbruderschaft erklärten daraufhin, als Kulturminister habe er kein Recht, öffentlich seine persönliche Meinung zu religiösen Fragen zu äußern.

Die Nationalisten und die Islamisten ziehen immer häufiger an einem Strang, ganz wie auch in der Türkei. Rückzugsbastionen wider die schleichende Islamisierung werden geschliffen.

 

Amokläufer im Münsterland war begeisterter Computerspieler

Nach Angaben eines Mitschülers verbrachte der Amokläufer, der an der Geschwister-Scholl-Schule ein Blutbad anzurichten versuchte, seine Nachmittage bevorzugt beim Computerspielen.

Das Killerspiel „Counterstrike“ soll seine Lieblingsbeschäftigung gewesen sein.
Ich bin gespannt, was die zahlreichen Debattenbeiträger dazu zu sagen haben, die in Antworten auf meinen Beitrag – über die Popkultur des Todes und der Gewalt – solche Zusammenhänge systematisch geleugnet oder verharmlost haben.

Wird man das Problem anhand dieses Falles an sich heranlassen – oder heisst es weiter Abwehr, Abwehr, Abwehr?

 

Britischer Muslimführer unterstützt Holocaustleugner David Irving

Nach einem Bericht des Observer vom Wochenende hat einer der Vorsitzenden der einflussreichen britischen Moslemorganisation MPAC (Muslim Public Affairs Committee), Asghar Bukhari, dem in Österreich wegen Holocaustleugnung zu einer Gefängnisstrafe verurteilten britischen Historiker David Irving einen Scheck geschickt und ihn seiner Solidarität versichert.

„Sie mögen glauben, Sie seien allein, doch seien Sie versichert, dass viele Menschen zu Ihnen stehen auf Ihrer Suche nach der Wahrheit“, zitiert der Observer Asghar Bukharis Email an Irving. Bukhari versichert Irving in einem Brief, er habe „viele islamische Websites aufgefordert, Links zu Ihrer eigenen (i.e. Irvings Website) zu setzen und zu Spenden aufzurufen.“

Gegenüber der Zeitung verteidigt sich Asghari damit, er habe Irving für einen „Anti-Zionisten“ gehalten, der von der „Israel-Lobby nur für seinen Anti-Zionismus bekämpft wurde“.

Da kann man sehen, was sich unter dem scheinbar politisch korrekten Label des Anti-Zionismus zusammenbraut. Es ist meist eben doch nur ein Deckbegriff für ganz normalen Antisemitismus. Asghari ist einer derjenigen, die immer wieder argumentieren, sie verurteilten Antisemitismus, aber auch den Zionismus, der eine ebenso rassistische Ideologie darstelle.

Nun sieht man: Ein Leugner der Gaskammern wie Irving wird für diese Leute zum Helden, der mannhaft und auf einsamem Posten der „Israel-Lobby“ widersteht. Nach Aussen tut man ganz p.c. und verurteilt den Antisemitismus. Hintenrum werden Kampagnen für Holocaustleugner organisiert. Und dabei ist es bei lauter Ressentiment gegen Juden und Israel wohl auch egal, dass der Unterstützte ein bekannter Rassist ist, der für dunkelhäutige Muslime eigentlich nicht viel übrig hat.

Asghar Bukhari ist keine unwichtige Figur. Er gilt als junger Moderater unter den politisch aktiven Muslimen Grossbritanniens. Seine Organisation MPAC hat unter jungen Muslimen immer mehr Einfluss. Bei der letzten Wahl veröffentlichte MPAC eine Liste von Labour-Abgeordneten, die „Verbindungen nach Israel“ unterhalten und forderte Muslime auf, nicht für sie zu stimmen.
Man fragt sich: Wenn so die Moderaten agieren, was mag dann wohl noch von den Radikalen zu erwarten sein?

 

Wie die deutschen Parteien ihre Einwanderungspolitik neu sortieren

Diesen Text habe ich auf Einladung der Deutschen Botschaft Washington und der dortigen Heinrich-Böll-Stiftung am Mittwoch, den 15. November 2006, vor dem „Human Rights Caucus“ im amerikanischen Kongress vorgetragen. (Zum Rückübersetzen fehlt mir leider die Geduld.)

Testimony before Congressional Human Rights Caucus, Washington, November 15.

Ladies and Gentlemen,

the issue of national identity and belonging – who we are as a nation and what keeps us together – has always been a crucial and delicate one in Germany.

It has been delicate for ethnic Germans during the postwar era for obvious reasons.

And it is also a pretty tough one for those who migrated to Germany in the last decades. There is a lot of talk about integration in Germany today. The word is often used as if it was a self-evident term. The foreigners, the „Ausländer“, the migrants, the muslims, the Turks are told they’re supposed to better integrate into German society.

This concept is hardly ever questioned anymore. And why should it be? It really sounds self-evident, doesn’t it? Well, of course, it isn’t. Because if you want someone to be better integrated, this supposes that you have a fairly clear idea of what he should integrate himself into.

Let me tell you a little story to show you how tricky and ironic these things can get in Europe, and in Germany especially… Weiter„Wie die deutschen Parteien ihre Einwanderungspolitik neu sortieren“

 

Ägyptischer Grossmufti: Genitalverstümmelung bringt „unsägliches Leid“ für Mädchen und Frauen

Der berühmte Abenteurer Rüdiger Nehberg ist kurz davor, einen sensationellen Durchbruch im Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung zu erzielten. Nehberg, bekannt durch seine vielen waghalsigen Reisen („Im Tretboot über den Atlantik“), ist seit vielen Jahren hauptsächlich als Menschenrechtler aktiv. Seine Organisation „Target“ widmet sich vor allem der Abschaffung der Praxis der so genannten Klitorisbeschneidung.

Auf Initiative von „Target“ treffen sich nächste Woche Mittwoch in Kairo hohe muslimische Theologen, um die Praxis zu ächten. Es werden Teilnehmer aus Ägypten, Somalia, dem Tschad, Mali, Mauretanien, Äthiopien, Eritrea, Qatar, Nigeria, Dschibuti, Marokko, der Türkei und Russland erwartet.

Die Sensation besteht darin, dass der ägyptische Grossmufti Dr. Ali Gomaa als Schirmherr gewonnen werden konnte. Rüdiger Nehberg sagte der ZEIT, er habe eigentlich vorgehabt, die Konferenz in Berlin abzuhalten:

„Doch der Grossmufti schlug vor, dass wir ins theologische Zentrum des sunnitischen Islams gehen, an die Al-Azhar-Universität. Der Grossscheich der Universität, Dr. Mohammed Sayed Tantawi, unterstützt die Konferenz ebenfalls. Auch der ägyptische Religionsminister steht dahnter. Und Jussuf Al-Karadawi, der populärste Prediger der sunnitischen welt, will auch kommen.“

Der Grossmufti findet in seiner Einladung deutliche Worte:

„Es geht um die düstere Wirklichkeit der Genitalverstümmelung an Frauen und die Haltung des Islam zur Unantastbarkeit des weiblichen Körpers. Und es geht um die Achtung der Würde und Ehre des Menschen sowie das Verbot von Aggressionen in jeglicher Form.“

Der letzte Satz lässt ahnen, dass der Mufti diese Initiative in einem weiteren Kontext islamischer Reform sieht. Geniatlverstümmelung ist zwar keine rein islamische Praxis. Auch unter Christen und Juden war und ist sie verbreitet. Doch heute ist die überwältigende Mehrzahl der Täter und Opfer islamisch. und der Koran wird fälschlicher Weise immer wieder als Legitimation hernagezogen.

Das Ziel des Grossmufti besteht offfenbar darin, im Gelehrtenkonsens die Frauenverstümmelung zur „Sünde“ zu erklären. Ein Bann der koranischen Legitimation einer menschenrechtsverletzenden Praxis wäre ein Druchbruch für Millionen Frauen. Und er wäre zugeich ein wichtiger Schritt der islamischen Selbstbesinnung. Die Stellung der Frau im Islam würde ganz neu zum Thema werden, wenn der Islam aus sich heraus die Kraft fände, den schlimmsten Exzess der Frauenfeindlichkeit als unislamisch zu brandmarken.

Eine wichtige Rolle in diesem Prozess spielt der deutsche „Zentralrat der Muslime“, der schon vor fünf Jahren mit Nehberg zusammen die Aussage erarbeitete:

„Weibliche Genitalverstümmelung ist mit dem Koran und der Ethik des Islam unvereinbar. Sie ist Gottesanmaßung und eine Diskriminierung des Islam.“

Täglich werden geschätzte 8000 Mädchen zum Opfer der archaischen Praxis. Weltweit leiden an die 150 Millionen Frauen unter den Folgen. Vor allem in den Ländern der Sahelzone ist der Brauch verbreitet. Klitorisbeschneidung ist eigentlich eine verharmlosende Bezeichnung für diese Praxis. Ohne Betäubung und oft von medizinischen Laien wird zumeist die Klitoris samt Schammlippen mit Rasiermessern entfernt.

Nicht nur der traumatische Raub der sexuellen Empfindungsfähigkeit ist die Folge, die Frauen leiden oft lebenslang unter Krankheiten und schmerzhaften Beschwerden.

 

Muslimische Selbstkritik: Wir hätten Zwangsheiraten längst schon selber anprangern müssen

Zaghaft, vorsichtig, aber immerhin beginnt eine Debatte unter deutschen Muslimen über die Mißstände, die ihnen seit langem von aussen vorgehalten werden.

Einen mutigen Ansatz zur Selbstkritik und zur Öffnung der innerislamischen Streitkultur macht Mohamed Laabdalloui, der Redakteur des Internet-Auftritts des Zentralrats der Muslime, www.islam.de. „Wovor fürchten wir uns?“ fragt er, „um das Kopftuch geht es längst nicht mehr“:

„Wir müssen einräumen, dass es Zwangsverheiratung, Entmündigung, Benachteiligung gibt. Auch wir beobachten die Frauen, die im Abstand von fünf Metern ihren Männern folgen, manchmal dabei auch noch die schwere Einkaufstüte tragend, während der Mann außer einem Rosenkranz oder einer Zigarette nichts trägt. Auch wir müssen zugeben, dass die Zustände im Afghanistan der Taliban voller Entwürdigung und Demütigung der Frauen war. Es stimmt, dass wir sagen, dass diese Verhältnisse uns Muslime zutiefst schmerzen, dass wir sie ablehnen, gerade weil wir Muslime sind. Und es stimmt, dass wir uns in einem ungleichen Kampf gegen die Macht der Medien und Vorurteile dagegen wehren, dass der Islam, den wir so lieben und verehren, oft gegen besseres Wissen mit diesen Zuständen gleichgesetzt wird. Es stimmt, dass die Berichterstattung oft sensationsfixiert übertreibt, aus Einzelfällen algemeingültige Bilder produziert, die Dinge einseitig darstellt und verzerrt. Aber der Islam ist zu anspruchsvoll, als dass wir alles damit abtun könnten. Wir machen es uns zu einfach, viel zu einfach, wenn wir behaupten, das eigentliche Problem bestehe in den Medien, nicht in unserer Wirklichkeit.“

Und weiter:

„Zum Beispiel die unselige Zeit der Taliban in Afghanistan: Wir Muslime waren nicht diejenigen, die sich die Widerherstellung der Menschenwürde der Frau – und auch des Mannes – auf die Fahnen geschrieben hätten. Hatten wir Angst, unseren Brüdern am Hindukusch in den Rücken zu fallen, wo sie sich noch wenige Jahre zuvor so vorbildlich gegen den russischen Imperialismus gestellt hatten? Oder hatten wir gar Angst, uns und der Welt einzugestehen, dass ein Volk, dass sich für den Islam entschieden hat, nicht gleich auch eine ‚beste Umma‘ ist?

Zum Beispiel die Zwangsverheiratung türkischer Mädchen mit Männern, die sie nicht kennen und nicht wollen. Wir, ich meine damit die praktizierenden Muslime und seine Apologeten, die Moscheen, Prediger und islamischen Organisationen, wir waren es nicht, die das Problem aufgegriffen hätten, zum Beispiel in Freitagspredigten, wo wir es wahrscheinlich effektiver als Andere hätten bekämpfen können. Wir haben darauf gewartet, dass darüber von anderen Romane und Studien verfasst und Reportagen ausgestrahlt wurden. Erst dann riefen wir, der Islam kenne die Zwangsheirat nicht. Zu spät. Pfiffigere Leute waren da längst sogar mit erlogenen Autobiografien zu Helden im Kampf gegen den ‚archaischen Islam‘ geworden.

Schließlich noch das Beispiel des Siebenmeterabstands: Wir haben zu diesem Thema keine Satiren verfasst, keine Theatersketche aufgeführt und keine statistischen Erhebungen gemacht. Wir warten darauf, dass das Thema im Kabarett des deutschen Fernsehens aufgegriffen wird, vielleicht so unsensibel, dass es uns verletzt und wir auch dazu aufgeregt Stellung beziehen und sogar demonstrieren. Diese Beispiele haben zwar nicht alle etwas mit dem Kopftuch zu tun, sind aber das, was andere in die Welt des Kopftuchs projizieren und was wir uns anrechnen lassen müssen, weil wir es so gern verdrängen.“

Ich finde zwar, man hätte den kleinen Tritt gegen die „pfiffigen Leute“ lassen sollen, die mit ihren Zwangsverheiratungsbüchern Geld verdienen, aber davon abgesehen sind das bemerkenswerte neue Töne. Vor allem lässt die Tatsache hoffen, dass Satire hier ausdrücklich erwünscht wird.

 

Führende Neocons zeigen Reue: Der Irak-Krieg war ein Fehler

Der Journalist David Rose, ursprünglich ein Befürworter des Irak-Krieges, hat im Magazin Vanity Fair eine Reihe von Aussagen führender amerikanischer Neokonservativer gesammelt, die auf beispiellose Weise dem Irak-Krieg, dem grossen aussenpolitischen Projekt des Neokonservatismus, abschwören. Und dies pünktlich zum Todesurteil gegen Saddam Hussein und den Midterm-Wahlen.
Die Aussagen kommen einer totalen Bankrotterklärung der Bush-Politik gleich, die man so radikal kaum je von Bushs Gegnern aus der Demokratischen Partei vernommen hat – und dies aus dem inneren Zirkel der ehemals entschiedensten Falken. Die Veröffentlichung der Zitate zu diesem Zeitpunkt hat unter den Interviewten grossen Ärger ausgelöst. Manche stellen ihre Aussagen nun in einen anderen Kontext, manche bestreiten, die Dinge so gemeint zu haben, andere stehen auch zu den Zitaten (siehe den obigen Link zum konservativen Magazin National Review Online). Die Erregung ist verständlich.
Denn was prominente Neocons wie Richard Perle, Michael Ledeen, David Frum, Eliot Cohen, Kenneth Adelmann und Michael Rubin gegenüber Vanity Fair zu Protokoll geben, ist in der Tat sensationell angesichts der vorherigen ideologischen Verbohrtheit und der schneidenden Schärfe der Neocons gegenüber jeglicher Kritik, vor allem aus Europa. Man darf auf den kompletten Artikel gespannt sein, der Anfang Dezember veröffentlich wird. Hier einige Auszüge, die ahnen lassen, welche Kehrtwende da gerade vorgenommen wird:

Perle, als Mitglied des Defense Policy Board einer der schärfsten Befürworter der Irak-Invasion, sagt nun: „Ich denke, wenn ich in die Zukunft hätte schauen können, und wenn ich gesehen hätte, wo wir heute stehen, und die Leute hätten gefragt: ‚Sollen wir in den Irak gehen?‘, dann glaube ich jetzt, ich hätte vielleicht gesagt: ‚Nein, lasst uns andere Strategien erwägen, um mit der Sache fertig zu werden, die uns am meisten beschäftigt, nämlich dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen an Terroristen weitergeben könnte.’… Ich sage das nicht, weil ich nicht länger glaube, dass Saddam die Möglichkeit hatte, Massenvernichtungswaffen zu produzieren, oder dass er Kontakt mit Terroristen hatte. Ich glaube, diese beiden Annahmen waren korrekt. Hätten wir diese Bedrohung durch andere Mittel als direkte militärische Intervention beherrschen können? Nun, vielleicht hätten das gekonnt.

David Frum, der 2002 als Mitarbeiter im Weissen Haus die berühmte Bush-Rede schrieb, in der der Präsident von der „Achse des Bösen“ (Irak-Iran-Nordkorea) sprach, sagt jetzt, eine Niederlage im Irak sei womöglich unausweichlich, „weil die Aufständischen bewiesen haben, dass sie jedermann töten können, der [mit den Amerikanern,J.L.] kooperiert, und die Vereinigten Staaten und ihre Alliierten nicht zeigen konnten, dass sie ihnen Schutz bieten können“. Frum schiebt diese Situation auf ein „Versagen des Zentrums“ der Regierung, i.e. Präsident Bush.

Kenneth Adelmann, bis 2005 im Defense Policy Board, und Autor des Kommentars in der Washington Post vom Februar 2002, in dem „die Befreiung des Irak als ein Spaziergang“ hingestellt wurde, sagt heute, die Aussen- und Verteidigungspolitiker der Regierung seien nicht nicht nur individuell voller Fehler, „sondern zusammen tödlich, disfunktional“ gewesen. Der Neokonservatismus – „die Idee einer starken Aussenpolitik im Dienst moralischer Ziele, die Idee, Macht zu gebrauchen um das moralisch Gute in der Welt zu fördern“ sei tot für mindestens eine Generation: „Rumsfeld hat gesagt, der Krieg könne niemals im Irak verloren werden, sondern nur in Washington. Ich glaube nicht, dass das stimmt. Wir verlieren im Irak.“

Michael Rubin, im Pentagon im Office of Special Plans und später bei der ersten Interimsregierung im Irak beschäftigt: „Was ich George Bush am meisten vorwerfe, ist, dass er mit seiner Rhetorik die Menschen dazu brachte, ihm zu vertrauen und ihm zu glauben. Reformer kamen aus dem Unterholz und exponierten sich.“ Bush habe die irakischen Reformer auf eine Weise betrogen, „die sich nicht sehr von dem unterscheidet, was sein Vater am 15. Februar 1991 tat – als er die Iraker aufforderte, sich gegen Saddam zu erheben -, bevor ihm Bedenken kamen und er nichts tat, nachdem sie seinen Worten gefolgt waren.“

Michael Ledeen aus dem regierungsnahen American Enterprise Institute beschreibt die Machtstruktur im Weissen Haus so: „Fragen Sie sich, wer die machtvollsten Leute im Weissen Haus sind. Es sind lauter Frauen, die in den Präsidenten verliebt sind: Laura Bush, Condi, Harriet Miers und Karen Hughes.“

Eliot Cohen, Professor an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies und Mitglied des Defence Policy Board: „Ich wäre nicht überrascht, wenn wir am Ende in Richtung einer Art von Rückzug treiben und dabei das Land in einem schrecklichen Schlamassel zurücklassen. … Ich glaube, es wird damit enden, dass verschiedene Strömungen des Islamismus, sowohl schiitisch wie auch sunnitisch, ermutigt werden, und es wird die Destabilisierung mancher Regime eher traditioneller Art mit sich bringen, die jetzt schon genug Probleme haben…“

 

Das Versagen des Jugendschutzes angesichts immer brutalerer Computerspiele

Je öfter ein Kind am Computer ballert, desto schlechter die Schulnoten, zeigt eine neue Studie. Die Spiele lassen eine Generation von Jungs verwahrlosen.

Dann verbrennst du mehrere Passanten mit einem Flammenwerfer. Zwei Frauen zerlegst du mit einer Kettensäge. Das Blut spritzt auf den Bürgersteig. Ein Polizist will dich stoppen. Du zersägst auch ihn.Schließlich liegt ein Polizist verblutend vor dir, an seinen Einsatzwagen gelehnt. »Du bist ein Arschloch bis zum bitteren Ende«, rufst du ihm zu, bevor du ihn mit einem Tritt auf den Kopf tötest. Mission erfüllt! Du hast Respektpunkte erhalten im Spiel Grand Theft Auto: San Andreas.

Du musst deinen Gegner mit allen Mitteln ausschalten. Benutze alle herumliegenden Gegenstände als Waffen. Sei kreativ: Treibe ihm eine Bohrmaschine in den Kopf, benutze den Tacker, um ihn außer Gefecht zu setzen, drücke ihn auf den glühend heißen Ofen. Verletze ihn mit einem Kantenschneider, tauche seinen Kopf in heißes Frittierfett! Am Ende winkt dir eine Million Dollar Belohnung im Spiel Backyard Wrestling…

weiter hier: http://www.zeit.de/2006/45/Titel-Computerspiele-45

 

Die neue Kopftuchdebatte – Anfang vom Ende des muslimischen Machismo?

Seit die grüne Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz vor etwas mehr als zwei Wochen an die muslimischen Frauen in Deutschland appelliert hat, das Koptuch abzulegen und im Hier und Jetzt anzukommen, ist ihr Leben auf den Kopf gestellt. Die 1971 in der Türkei geborene Deligöz, die sich selbst als Lobbyistin für Migranten sieht, ist zur Hassfigur für Fundamentalisten und Nationalisten geworden, die sich in ihrem Macho-Gehabe nicht nachstehen. Sie wurde als „Nazi“ beschimpft, mal auch als neue Ayan Hirsi Ali, es gab Morddrohungen. Nun lebt sie unter Personenschutz.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, schrieb einen Brief an den türkischen Botschafter in Deutschland, Irtemcelik. Der ließ die Bitte um Hilfe kalt abtropfen: Es sei nicht Sache des türkischen Staates, sich in diesen Streit einzumischen. Künast solle sich lieber an die türkische Presse wenden. Wenn es darum geht, sich über vermeintliche Türkenfeindlichkeit beschweren, ist die Botschaft nicht so zurückhaltend. Der Botschafter sollte seine Haltung überdenken: Der größte islamische Verband in Deutschland, Ditib, wird de facto vom Religionsministerium in Ankara und von der Botschaft in Berlin aus gesteuert. Und da sollte der Botschafter nichts zu einem Thema zu sagen haben, dass säkulare und religiöse Türken in Deutschland spaltet?

Um so erfreulicher, dass sich eine breite, überparteiliche Front vor Ekin Deligöz aufbaut, um sie gegen das Klima der Einschüchterung zu beschützen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sagte im Deutschlandfunk, der Gesetzgeber müsse »mit aller Entschiedenheit durchsetzen«, dass man seine Meinung äußern darf. »Wenn man bedroht wird, dann ist was nicht in Ordnung.« Solange dies so sei, bekomme Deligöz Polizeischutz. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte: »Ein solches Klima des Hasses gegen eine Person, die lediglich ausspricht, was viele denken, ist nicht hinnehmbar.« Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte dem Sender n-tv: »Wir müssen jetzt alle Rückgrat zeigen, und sie hat die uneingeschränkte Solidarität der ganzen zivilisierten Gesellschaft verdient.«

Das ist eine überraschende schwarz-grüne Koalition: Über den Umweg der Kopftuchfrage entdecken die Innenpolitiker der Union den Feministen in sich. Aber man sollte nicht spotten: Die Union spricht neuerdings mit grösserer Glaubwürdigkeit in diesen Dingen. Seit Wolfgang Schäuble den Muslimen durch die Islam-Konferenz eine ausgestreckte Hand geboten hat und seine Absicht erklärt hat, den Islam hier einzubürgern, können Äusserungen zum Kopftuch und zum Verhältnis von Religions- und Meinungsfreiheit nicht mehr als Islamophobie abgetan werden.

Es kommt noch ein Aspekt hinzu: Die Debatte wird zum Glück nicht mehr nur zwischen Deutschen und Türken, Christen und Muslimen, zwischen Mehrheit und Minderheit geführt. Der Kampf der Kulturen findet tatsächlich statt, aber zunehmend innerhalb der jeweiligen Lager. Es stehen auch im Islam immer häufiger selbstbewußte Reformer gegen Konservative. Heute sind es vor allem Frauen mit – schreckliches Wort – Migrationshintergrund, die sich den Mund nicht mehr verbieten lassen und ihre Rechte einfordern – so wie die Anwältin Seyran Ates, die Soziologin Necla Kelek, die Autorin Serap Cileli, die SPD-Abgeordente Lale Akgün und nun auch die Grüne Ekin Deligöz. Die deutschen Türken könnten eigentlich stolz sein, eine ganze Reihe solcher bemerkenswerter Frauen hervorgebracht zu haben.

Aber leider werden sie von Männern repräsentiert, die den weiblichen Freigeistern um Jahre hinterherhinken. Sie haben sich in der Pose des Opfers eingerichtet. Alles dreht sich um Ehre, Respekt und Anerkennung. Sie sind stets vorwurfsvoll und leicht kränkbar, egal ob es um den EU-Beitritt, das Kopftuch oder den Genozid an den Armeniern geht.

Diese Repräsentanten haben grosse Probleme, sich auf die neue Lage einzustellen, die durch Schäubles Integrationsinitiative entstanden ist: Sie müssen nun von Minderheitenlobbyisten, die ihre Hauptaufgabe darin sehen, sich (leider oft zu Recht) über Diskriminierung zu beschweren, zu Partnern werden, die auf Augenhöhe darüber verhandeln, welchen Beitrag sie zum Gedeihen des Landes leisten können.

Die Vertreter der islamischen Verbände haben nun zwar betont, sie teilten Deligöz‘ Meinung über das Kopftuch nicht, sie lehnten die Drohungen aber scharf ab. Das ist immerhin ein Anfang – auch wenn erst wochenlanger öffentlicher Druck sie dazu bewegt hat. Wenn sie als Teil der Zivilgesellschaft Respekt verlangen und anerkannt werden wollen, müssen sie in Zukunft endlich von sich aus die Menschenrechte verteidigen – und zwar nicht nur dann, wenn es um die Rechte der Kopftuchträgerinnen geht.

Die frechen Frauen, die keine Lust haben, sich länger von ihnen vertreten zu lassen wollen, passen natürlich nicht in den Kram. So ist es zu erklären, dass der Islamrat Deligöz in rüder Sprache zurechtwies, sie solle „ihr Brett vom Kopf“ entfernen, bevor sie übers Kopftuch redet. So ist die Entgleisung des Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, zu verstehen, der gestern nach der Aussprache mit Deligöz sagte: „Was sie gesagt hat, ist für mich Unsinn.“ Wichtig für ihn sei aber auch, „dass sie diesen Unsinn verbreiten darf“.

Diese gönnerhaft-unverschämte Art – nie würde man über einen männlichen türkischen Politiker derart herziehen! – kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Macht der Machos in der türkisch-muslimschen Community schwindet. Wenn der Schmerz darüber nashlässt, werden die angehalfterten Patriarchen sehen, dass Ekin Deligöz und die anderen mutigen Frauen auch ihnen einen Dienst erweisen.