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Demokratisierung bedeutet Islamisierung

Im Guardian ist William Dalrymple der Meinung, dass die Neocon-Politik der pro-Demokratie-Intervention im Nahen Osten den politischen Islamismus erst so richtig in den Sattel gehoben hat.

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William Dalrymple

Mir ist diese Sicht der Dinge schmerzlich, weil auch ich mir viel von den Interventionen versprochen habe. Aber ich finde, Dalrymples Analyse ist schwer von der Hand zu weisen. Kernzitate:

Democracy is not the antidote to the Islamists the neocons once fondly believed it would be. Since the US invaded Afghanistan and Iraq, there has been a consistent response from voters wherever Muslims have had the right to vote. In Lebanon, Iran, Iraq, Palestine, Pakistan, Egypt, Turkey and Algeria they have voted en masse for religious parties in a way they have never done before. Where governments have been most closely linked to the US, political Islam’s rise has been most marked.

Noch eine wichtige Pointe Dalrymples, die auch die Debatten hier betrifft: Die Rede vom „Islamofaschismus“, der die islamische Welt bedroht, hat auch die Funktion, die Probleme auf eine intrinsische Krise der islamischen Welt zurückzuführen (die es unabweisbar gibt), und den Einfluß der revolutionären westlichen Politik zu verschleiern:

Yet in concentrating on the violent jihadi fringe, we may have missed the main story. For if the imminent Islamist takeover of western Europe is a myth, the same cannot be said for the Islamic world. Clumsy and brutal US policies in the Middle East have generated revolutionary changes, radicalising even the most moderate opinion, with the result that the status quo in place since the 1950s has been broken.

Dalrymple buchstabiert dies an Ägypten und Pakistan durch, wo islamische Parteien signifikant dazugewinnen, seit wir in Afghanistan und Irak interveniert haben und seit wir zugleich die dubiosen Regime in der arabischen Welt demonstrativ als Alliierte im Kampf gegen den Terrorismus stützen.

Moreover, the religious parties tend to be seen by the poor, rightly or wrongly, as representing justice, integrity and equitable distribution of resources. Hence the strong showing, for example, of Hamas against the blatantly corrupt Fatah in the 2006 elections in Palestine. Equally, the dramatic rise of Hizbullah in Lebanon has not been because of a sudden fondness for sharia law, but because of the status of Hassan Nasrallah, Hizbullah’s leader, as the man who gave the Israelis a bloody nose, and who provides medical and social services for the people of South Lebanon, just as Hamas does in Gaza.

The usual US response has been to retreat from its push for democracy when the „wrong“ parties win. This was the case not just with the electoral victory of Hamas, but also in Egypt: since the Brothers‘ strong showing in the elections, the US has stopped pressing Mubarak to make democratic reforms, and many of the Brothers‘ leading activists and business backers, as well as Mubarak’s opponent in the presidential election, are in prison, all without a word of censure from Washington.

Mit dieser Politik, so Dalrymple, beschädigen wir uns selbst. Wir brauchen einen Dialog mit den politischen Islamisten.

 

Le Kraftmeier

Aus meinem Artikel über den französischen Aussenminister Nicolas Sarkozy, zu lesen in der aktuellen Print-Ausgabe (Nr. 39) der ZEIT:
(…)
Für die Deutschen, die stolz darauf sind, die EU-Troika mit Briten und Franzosen zusammengehalten und auch Russen und Chinesen hinter die ersten beiden Sanktionsrunden gebracht zu haben, bedeutet diese Initiative eine doppelte Pro­vo­ka­tion. Erstens ist sie wieder nicht abgestimmt. Zweitens, und das ist schmerzhafter, rührt sie an die Schwachstelle der deutschen Iranpolitik. Ist es nicht richtig, den diplomatischen Kurs zu verschärfen, wenn man den Krieg vermeiden will, wie es Sarkozy und Kouchner sagen? Auch unter Berliner Außenpolitikern gibt es Zweifel, ob die Geschlossenheit im Rahmen der UN es wert ist, sich weiter auf Sanktionen zu beschränken, die möglicherweise zu harmlos sind, um Iran zu einem anderen Verhalten zu bewegen. Frankreich will diesen Konsenszwang jetzt durchbrechen. Aber wie weit geht der neue proamerikanische Kurs? Ein französischer Diplomat sagt es so: Der Präsident liebt Amerika, aber er wird für George Bush nicht Selbstmord begehen wie Tony Blair.

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Der Hyperpräsident und die First Lady Foto: White House

Wie lange der Präsident sein atemberauben­des Tempo halten kann, fragen sich nicht nur die Berliner und Brüsseler Politiker, sondern auch seine zugleich erschöpften und euphorisierten Diplomaten: »Wir haben nach vier Monaten immer noch keine Ahnung, was seine normale Betriebsgeschwindigkeit ist.« Wer sagt eigentlich, dass es so etwas bei ihm gibt?

Mehr an einem Kiosk Ihres Vertrauens.
(Ich habe die aussenpolitische Berichterstattung im Berliner Büro der ZEIT übernommen. Das wird sich auch hier auf dem Blog niederschlagen.)

 

Nicht alle Grünen sind durchgedreht, unsolidarisch und naiv

Nein, auch wenn der Afghanistan-Sonderparteitag diesen Eindruck vermitteln konnte. Es gibt noch einen Grünen, der den Afghanistan-Krieg verteidigt. Er lebt in Kabul und ist Aussenminister jenes Landes, das seine Partei offenbar langsam abschreibt. Darum hat er auch schon mal ein Austrittsgesuch fertig gemacht. Rangin Dadfar Spanta, der 20 Jahre in Aachen lebte, bevor er 2006 Aussenminister in Kabul wurde, redet in der taz Klartext über Afghanistan:

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taz: Die grüne Basis hat das Primat des Zivilen betont und für eine Verdopplung der Entwicklungshilfe votiert.

Das sind doch leere Phrasen. Wir benötigen eine umfassende Antiterrorstrategie. Das heißt: Entwicklungshilfe, Stärkung der staatlichen Organe und Antiterrorkampf. Die These, man könne ein Element davon isolieren, ist absolut falsch. Die Terroristen werden nicht auf einmal friedlich, nur weil wir sie bitten, mit uns zu diskutieren. Es reicht nicht, Schulen zu bauen, solange Kinder ermordet werden, weil sie diese Schulen besuchen. Wir müssen kämpfen und gleichzeitig Schulen bauen.

taz: Der Unmut der grünen Basis spiegelt den Unmut der Mehrheit der deutschen Bevölkerung über den Einsatz in Afghanistan wider.

Das ist nicht nur fatal für Afghanistan, sondern auch für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Jeder, der nicht hilft, den Terrorismus in Afghanistan mit zu bekämpfen, läuft Gefahr, diesen Terrorismus früher oder später in Deutschland zu erfahren. Ich habe deshalb schon vor dem Parteitag in einem Brief an die Teilnehmer appelliert, das deutsche Engagement weiter zu unterstützen.

taz: Gegen eine Bombardierungsstrategie, die auch zivile Opfer fordert, richtet sich auch der Unmut vieler Afghanen.

Die gängige Rhetorik vom „guten Europäer“, der Wiederaufbau macht, und dem „bösen Amerikaner“, der nur bombardiert, ist Blödsinn. Was die Amerikaner hier machen, ist die beste Antiterrorstrategie. Es ist wahr, es hat Kollateralschäden und Fehleinschätzungen gegeben. Das muss durch bessere Vorbereitung der Einsätze verhindert werden. Ich bin kein Kriegstreiber. Ich bin lange in der Friedensbewegung aktiv gewesen und würde gerne jederzeit wieder an Friedensdemos teilnehmen. Aber in Afghanistan muss der Frieden auch mit der Waffe verteidigt werden.

taz: Es stimmt also nicht, dass die Afghanen ausländische Soldaten zunehmend als Besatzer wahrnehmen.

Nein. Natürlich sind die Afghanen gegen Bombardierungen. Auf die Frage, ob sich die ausländischen Soldaten aus Afghanistan zurückziehen sollen, antworten 82 Prozent mit „Nein“. Der verfrühte Abzug der internationalen und vor allem der amerikanischen Truppen würde die Rückkehr der Taliban und al-Qaida bedeuten. Und die Rückkehr Afghanistans zum Terrorzentrum der Welt.

taz: Die schwindende Unterstützung der militärischen Einsätze ist dennoch den mangelnden Erfolgen auf dem zivilen Gebiet geschuldet.

Das stimmt. Der Wiederaufbau muss besser koordiniert werden. Doch es gilt auch, aus Fehlern zu lernen und nicht zu sagen: Ich verliere das Interesse und ziehe mich zurück. Die Polizeireform muss zum Beispiel radikal vorangetrieben werden. Da muss auch von den Europäern mehr getan werden. Wenn wir sagen, wir brauchen 2.000 Ausbilder und die EU schickt nur 180, dann haben wir natürlich ein Problem.

taz: Was sollte Deutschland konkret tun?

Zunächst einmal braucht die afghanische Bevölkerung das Bekenntnis, dass Deutschland seine Verpflichtungen für die Stabilität des Landes erfüllt. Das schließt die Fortführung von Isaf, Tornados und der Beteiligung an OEF ein. Und der Polizeiaufbau muss fortgesetzt werden.

taz: Kritiker monieren, dass die USA wenig Verständnis für einen Strategiewechsel zeigen und in puncto Drogen die Vernichtung der Mohnfelder propagiert statt Alternativen zu suchen.

Auch was das betrifft, ist der Beschluss des Grünen-Parteitags absolut falsch. Der Drogenanbau ist vor allem in den Gegenden angestiegen, wo die Terroristen sehr stark sind. Es gibt direkte Verbindungen zwischen Drogenmafia und Terrormafia.

taz: Sollte diese Verstärkung, von der sie sprechen, auch den Einsatz der Deutschen im umkämpften Süden einschließen?

Das ist eine Nato-interne Diskussion. Was für mich als Außenminister wichtig ist, ist, dass nicht der Eindruck entsteht, von Deutschland alleingelassen zu werden. Es macht keinen Sinn, Brücken zu bauen, und diese dann nicht zu beschützen.

 

Steinmeier: Wir müssen in Afghanistan mehr tun

Gespräch mit dem deutschen Aussenminister Frank-Walter Steinmeier aus der ZEIT von heute (Auszug. Mehr in der Print-Ausgabe und demnächst auf ZEIT online):

ZEIT: Der UN-Beauftrage Tom Koenigs hat im Interview mit der ZEIT befürchtet: Wenn die Amerikaner aus dem Irak abziehen, wird dies die Extremisten in der Region ermutigen, aber auch in Afghanistan. Ist an dieser Befürchtung etwas dran?

Steinmeier: Das ist nicht nur eine Befürchtung, die Tom Koenigs hat. Auch im Baker/Hamilton-Vorschlag, der im Dezember letzten Jahres veröffentlicht worden ist, wurde ein übereilter Rückzug abgelehnt, weil er das Gefährdungspotenzial erhöht. Stattdessen wurde ein Rückzug in Stufen und in Abhängigkeit von der Entwicklung der Sicherheitslage vorgeschlagen.

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Frank-Walter Steinmeier Foto: JL

ZEIT: In Basra haben nach dem Rückzug der Briten Schiiten auf Schiiten geschossen.

Steinmeier: Ich habe nicht ohne Not gesagt, dass Entscheidungen über den Rückzug in Abhängigkeit von der Sicherheitslage zu treffen sind. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Diejenigen, die militärisch interveniert haben, tragen auch besondere Verantwortung für die Gestaltung eines Rückzugs.
ZEIT: Welche Rückwirkungen wird dies auf Afghanistan haben – und damit auf deutsche Soldaten?

Steinmeier: Zweifellos hat die irakische Situation Einfluss auf Afghanistan, vermutlich ist die erhöhte Zahl von Selbstmordattentaten in Afghanistan auch eine Konsequenz der Auseinandersetzung im Irak. Trotzdem rate ich zur Vorsicht. Ich bezweifle, dass das Nachdenken über Rückzug im Irak notwendigerweise eine Ermutigung für die regierungsfeindlichen Kräfte in Afghanistan bedeuten muss. Viel wichtiger ist doch, wie entschlossen die internationale Staatengemeinschaft an ihrer Präsenz in Afghanistan festhält und möglicherweise sogar ihr Engagement zur Stabilisierung des Landes erhöht.

ZEIT: Das bedeutet: Wenn die Amerikaner rausgehen, müssen wir noch stärker reingehen?

Steinmeier: Ich habe von Engagement gesprochen. Das war nicht beschränkt aufs Militärische.

ZEIT: Die Propaganda der Dschihadisten wird sein: »Wir haben Irak befreit«. Und daraus folgt: Das muss in Afghanistan fortgesetzt werden.

Steinmeier: Es gibt nicht die Zwangsläufigkeit, die Sie mit Ihrer Frage unterstellen. Niemand kann es den Menschen hierzulande verdenken, dass sie fragen, welchen Umfangs, welcher Dauer unser Engagement in Afghanistan sein wird. Wir müssen immer wieder selbstkritisch überprüfen, wie weit wir mit unserem Engagement in Afghanistan gekommen sind. Gemessen an unseren übernommenen Selbstverpflichtungen, sage ich: Wir müssen eher mehr als weniger tun. Das gilt für den Auf- und Ausbau der afghanischen Polizei, in noch größerem Umfang aber für Ausbildung und Ausstattung der afghanischen Armee – und erst recht für den zivilen Wiederaufbau.

Interview: Brigitte Fehrle, Jörg Lau, Bernd Ulrich

 

Syrien als Zuflucht?

Syrien ist eines der Länder, die von den USA als Schurkenstaaten – Unterstützer des internationalen Terrorismus, Feinde der liberalen Demokratie – betrachtet werden. Was sagt es über das Ausmaß des Desasters im Irak, dass täglich 2000 Iraker aus dem vermeintlich „befreiten“ Land in die totalitäre Herrschaft des Assad-Regimes fliehen?

Dies sagt Erika Feller vom UN-Flüchtlingskomissariat gegenüber Asharq-Alawsat:

„Approximately 2,000 Iraqis cross the border into Syria every day in search of a safe haven. So far, more than two million Iraqis have left Iraq and I think Iraqis will continue to leave because of the hard circumstances, turmoil, violence and religious persecution. I do not think anyone living in such circumstances can stay in Iraq. I was in Syria and saw the enormous numbers of Iraqis who have left Iraq. The number of Iraqis in Jordan and Lebanon may have stabilized, but not in Syria. It is difficult to determine the figures because we do no know where these Iraqis are staying.“

 

Arabischer Intellektueller: Irakische Elite ist schlimmer für das Land als die Besatzung

Der kluge und unabhängige Kopf Hazem Saghieh greift in Al-Hayat die Regierung Al-Maliki an: Die Besatzung mag an vielem Schuld sein, doch sie hat dem Land doch immerhin die beispiellose Möglichkeit gegeben, eine freie politische Szene zu entwickeln, sowie ein Parlament zu installieren und eine Verfassung zu verabschieden.

Even if the occupation bears its share of responsibility, the political elite of Iraq bears more blame. Despite all the evils attributed to it, the occupation did after all manage to offer Iraq an unprecedented opportunity to develop a free political scene and to create both a parliament and a constitution. Something, however, seems to have gone very wrong as the current situation reveals.

The structure of the present Iraqi elite tells many tales. It is a replacement of the Baathist elite, ironically both opposite and similar to it. It did not only emerge out of religious and sectarian parties, Sunni or Shiite alike, but it also sprang out of radical experiences that never had any constitutional awareness or democratic culture. It is equally relevant that some of the prominent members of the Iraqi elite have gotten where they are today after passing through a variety of Maoist and leftist parties with a history of despising politics and its petty bourgeoisie games. Parallel to this path, they seem to have developed admiration for religious tyrannies such as the Iranian regime, or military tyrannies such as the regime in Syria.

The political leaders of Iraq are devastating their country beyond recognition and can deserve no respect for that no matter what their ethnic, religious or sectarian identities are. In that, they are no better than the Lebanese and other Arab elites that are pushing their nations to an unfortunate end.

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Hazem Saghieh, Meinungsredakteur der panarabischen Tageszeitung Al-Hayat

 

Das Paradox amerikanischer Nahostpolitik

Zitat des Tages:

The paradox of American policy in the Middle East — promoting democracy on the assumption it will bring countries closer to the West — is that almost everywhere there are free elections, the American-backed side tends to lose.

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Irakkriegsbefürworter Ignatieff: Wie konnte ich so daneben liegen?

Michael Ignatieff, der kanadische Historiker, Essayist und (neuerdings) Politiker, geht angesichts des Desasters in Irak in sich und fragt sich in einem traurigen und schönen Text, wie er – als Kriegsbefürworter – so schief liegen konnte. Der ganze Text im New York Times Magazine:

„We might test judgment by asking, on the issue of Iraq, who best anticipated how events turned out. But many of those who correctly anticipated catastrophe did so not by exercising judgment but by indulging in ideology. They opposed the invasion because they believed the president was only after the oil or because they believed America is always and in every situation wrong.

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Der Intellektuelle im Wahlkampf: Ignatieff in Ontario Foto: Ignatieff Campaign

The people who truly showed good judgment on Iraq predicted the consequences that actually ensued but also rightly evaluated the motives that led to the action. They did not necessarily possess more knowledge than the rest of us. They labored, as everyone did, with the same faulty intelligence and lack of knowledge of Iraq’s fissured sectarian history. What they didn’t do was take wishes for reality. They didn’t suppose, as President Bush did, that because they believed in the integrity of their own motives everyone else in the region would believe in it, too. They didn’t suppose that a free state could arise on the foundations of 35 years of police terror. They didn’t suppose that America had the power to shape political outcomes in a faraway country of which most Americans knew little. They didn’t believe that because America defended human rights and freedom in Bosnia and Kosovo it had to be doing so in Iraq. They avoided all these mistakes.

I made some of these mistakes and then a few of my own. (…)“

p.s.: In eigener Sache: Ignatieff sagt in seinem Text auch, er werde nicht mehr den Fehler machen, sich von verfolgten Menschen, mit denen er sympathisiert, agitieren zu lassen. Das bezieht sich auf die irakische Opposition im Exil, die für den Sturz Saddams geworben hatte.
Auch ich habe mich von den Argumenten der Exilanten beeindrucken lassen. Ich habe vor dem Krieg ein grosses Interview mit Kanan Makiya geführt, dem Autor von „Republic of Fear“ dessen Engagement mich sehr für die Sache der Demokratisierung des Irak eingenommen hat. Mein Interview mit ihm ist hier nachzulesen. Zum Glück ist meinen skeptischen Fragen nicht anzusehen, wie sehr auch ich damals schief gelegen habe mit meinen Hoffnungen, für die andere den Preis bezahlen.

 

Das Ende des Interventionismus

Ich fürchte, John Gray (Professor an der London School of Economics) hat recht, wenn er die geplanten amerikanischen Waffenverkäufe an die „moderaten“ arabischen Regime so kommentiert:

The era of liberal interventionism in international affairs is over.

Die USA haben die Demokratisierung des Nahen Ostens aufgegeben und kehren zu eben jenem „Realismus“ zurück, den sie zuvor für überholt erklärt haben.

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John Gray Foto: LSE

Gray begrüßt dies ausdrücklich und zieht eine Schreckensbilanz des Irak-Abenteuers:
Der Staat Irak ist Geschichte, was nur noch im Weissen Haus und der Phantasiewelt der Grünen Zone Bagdads geleugnet werde.
Die USA können aus dem Irak nicht einfach verschwinden wie aus Vietnam, weil Irak nicht an der Peripherie der Weltökonomie liegt und weil es keine funktionierende Regierung wie seinerzeit in Nordvietnam gibt, die übernehmen könnte. Sie bleiben gebunden in den Krieg um die Ressourcen und um die damit verbundene strategische Bedeutung des Landes und seiner Nachbarn.
Dies hier ist der finsterste Teil seiner Bilanz:

„The most important – as well as most often neglected – feature of the conflict shaping up around Iraq is that the US no longer has the ability to mould events. Whatever it does, there will be decades of bloodshed in the region. Another large blunder – such as bombing Iran, as Dick Cheney seems to want, or launching military operations against Pakistan, as some in Washington appear to propose – would make matters even worse.

The chaos that has engulfed Iraq is only the start of a longer and larger upheaval, but it would be useful if we learned a few lessons from it. There is a stupefying cliche which says regime change went wrong because there was not enough thought about what to do after the invasion. The truth is that if there had been sufficient forethought the invasion would not have been launched. After the overthrow of Saddam – a secular despot in a European tradition that includes Lenin and Stalin – there was never any prospect of imposing a western type of government. Grotesque errors were made such as the disbanding of the Iraqi army, but they only accelerated a process of fragmentation that would have happened anyway. Forcible democratisation undid not only the regime but also the state.

Liberal interventionists who supported regime change as part of a global crusade for human rights overlooked the fact that the result of toppling tyranny in divided countries is usually civil war and ethnic cleansing. Equally they failed to perceive the rapidly dwindling leverage on events of the western powers that led the crusade. If anyone stands to gain long term it is Russia and China, which have stood patiently aside and now watch the upheaval with quiet satisfaction. Neoconservatives spurned stability in international relations and preached the virtues of creative destruction. Liberal internationalists declared history had entered a new stage in which pre-emptive war would be used to construct a new world order where democracy and peace thrived. The result of these delusions is what we see today: a world of rising authoritarian regimes and collapsed states no one knows how to govern.“

 

Wie Amerika China, Deutschland, Japan und Grossbritannien schluckt

Diese Karte zeigt, wie die nächstgrößten Volkswirtschaften nach den USA in die Karte der USA passen würden, ihrem Bruttoinlandsprodukt entsprechend.

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China’s GDP equals that of California, Oregon, Washington State and Nevada – oh, and Alaska and Hawaii
• The UK’s GDP compares to that of New York State, New Jersey, Pennsylvania, Delaware, Maryland and (apparently) Washington DC
• Good ol’ Deutschland’s GDP is as big as that of Florida, Georgia, Alabama, Mississippi, Louisiana, Arkansas, Tennessee, Kentucky, North Carolina, South Carolina, Virginia and West Virginia.
• Japan gobbles up all the remaining states, being all of New England, the Midwest and the West (minus the ‘Chinese’ coastal states and Nevada)

Dank an Strange Maps.