Lesezeichen
 

Holländische Juden gegen Geert Wilders

Der niederländische Centraal Joods Overleg (Zentralrat der Juden) kritisiert Geert Wilders für seinen Film, der unzulässige Generalisierungen enthalte und „kontraproduktiv“ sei:

Met het in beeld brengen van grafieken die de explosieve groei van de Moslim bevolking in Nederland en in Europa moeten voorstellen, in relatie met de getoonde terreuraanslagen en met de slogan ‘stop de islamisering, verdedig onze vrijheid’ suggereert Wilders, dat alle Moslims potentiële terroristen zijn die onze samenleving omver willen werpen. Dat strookt niet met de feiten en zet op een onacceptabele wijze een hele bevolkingsgroep in een kwaad daglicht. Een Nederlands politicus dient zich van dit soort generaliserende voorstellingen te onthouden.

Zu Deutsch: „Indem er Grafiken über das explosive Wachstum der muslimischen Bevölkerung in den Niederlanden und Europa zeigt und diese in Beziehung setzt mit terroristischen Anschlägen und mit dem Slogan ‚Stoppt die Islamisierung, verteidigt unsere Freiheit‘, suggeriert Wilders, dass alle Muslime potentielle Terroristen seien, die unser Zusammenleben zerstören wollen. Das stimmt nicht mit den Tatsachen überein und setzt eine ganze Bevölkerungsgruppe in ein schiefes Licht. Ein niederländischer Politiker sollte sich dieser Sorte verallgemeinernder Behauptungen enthalten.“

Zugleich betont die jüdische Dachorganisation, dass die Radikalisierung in Teilen der muslimischen Welt Anlass zu ernster Sorge ist und ruft zur Wachsamkeit und zur streitbaren Verteidigung der Demokratie auf.

Sehr gut. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.

(Hier ein englischer Bericht in Haaretz.)

 

Geert Wilders und das Ende der Islamkritik für Dumme

Der Film „Fitna“ ist bislang ein Non-Event. Das ist gut so, und es zeigt, dass die Islamkritik an einem Scheidepunkt angekommen ist.
Wilders‘ Film beruht auf lauter altem Material, das weidlich bekannt ist.
Ohne das monatelange Vorab-Marketing hätte sich kaum jemand für dieses dürftige Werk interessiert.
Die dokumentierten Hasstiraden und die bekannten anstössigen Koran-Verse sind seit Jahren Thema, unter anderem auf Blogs wie diesem hier.

Und sie werden es auch sehr zu Recht so lange bleiben, bis die Muslime selbst sie widerlegt, kontextualisiert oder historisiert und damit entschärft haben. Das ist der einzige – allerdings gewichtige – valide Punkt in Wilders‘ Argumentation. (Wird hier freilich seit Jahren auch schon genau so gesagt.)

Es geht nicht an, dass dieser anstößige Punkt gleich mit erledigt wird, indem man auf Wilders bekannte „rechtsgerichtete“ (tolles Wort!) oder „islamfeindliche“ Haltung verweist. Der UN-Generalsekretär, die niederländische Regierung oder die EU sollten sich hüten, in ihrer ängstlichen Kritik diese Baustelle zu schließen. Die anständigen Muslime müssen da heran, und sie müssen es sehr viel offensiver tun als bisher.

Bis hierher habe ich absolut kein Problem mit „Fitna“ – ausser dass der Film total schlecht gemacht und langweilig ist. Ich finde es nicht unangemessen, wenn Koranverse über die „Ungläubigen“ zitiert werden und dann die Flugzeuge gezeigt werden, die in die Towers fliegen. (Der Kollege Peter Körte in der FAS kritisiert dieses Montage-Verfahren.) Es ist aber nun einmal so, dass die Islamisten sich auf diese Weise ermächtigt sehen. Und es bleibt die Aufgabe der vernünftigen und friedliebenden Muslime, jenen die heilige Schrift aus der Hand zu schlagen.

Mein Problem mit Wilders beginnt da, wo er die muslimische Einwanderung nach Europa in dramtischen Balkendiagrammen ins Spiel bringt. Von ein paar Dutzend Muslimen am Anfang des letzten Jahrhunderts in Holland bis zu den angeblichen 54 Millionen, die heute in Europa leben, wachsen die Balken bedrohlich an. Und dann werden dazu die Horrorbilder über die Ermordung von Schwulen und die Mädchenbeschneidung montiert – mit der Frage, ob dies Europas Zukunft sein solle.
Das ist genau die Logik der Islamisten, die jeden Einwanderer – egal ob aus Marokko, der Türkei, aus Bosnien oder Iran – als einen Soldaten in ihrem Kampf sehen möchten. Für die radikalen Islamisten gibt es keine säkularen Muslime, keine lauen Gläubigen, keine Freitagsbeter, keine Kulturmuslime, keine Biertrinker und Speckesser unter den Ihrigen. Für sie – Wilders zeigt ja einige ihrer Prediger – sind Muslime in Europa entweder Vorhut der Islamisierung oder Verräter. Genauso denkt Wilders, denn anders käme er nicht auf seine bedrohlichen Zahlen.

Und hier ist übrigens die ästhetische Gestalt dieses Films äußerst verräterisch: Er bedient sich der gleichen Technik und der gleichen Bildsprache wie die islamistischen Propagandavideos: Die Pflicht der Muslime zur Tötung von Ungläubigen und Juden wird direkt aus dem Koran abgeleitet. Dem Vers folgt dann das Snuff-Video von der Hinrichtung. Wilders‘ Film sieht über weite Strecken aus wie von der Propagandaabteilung von Al-Qaida gemacht – ein ästhetisches Stockholm-Syndrom.
Daraus muss die Islamkritik sich befreien.

Wir müssen das Wahnbild der Islamisten entzaubern, statt es von „islamkritischer“ Seite zu bestätigen.

 

Seyran Ates über unsere Umfrage

Zitat aus Spiegel Online:

SPIEGEL ONLINE: Eine neue Umfrag der Wochenzeitung „Zeit“ hat ergeben, dass die Mehrheit der in Deutschland lebenden Türken Angela Merkel misstraut und sie nicht als ihre Kanzlerin empfindet. Wie erklären Sie sich das?

Ates: Dieses Ergebnis erstaunt mich überhaupt nicht – vor 40, 30 oder 20 Jahren wäre genau das gleiche herausgekommen. Es ist Fakt, dass das gegenseitige Misstrauen zwischen den in Deutschland lebenden Türken und der Mehrheitsgesellschaft riesig ist. Es gibt keine Vertrauensbasis, weil man nicht miteinander lebt. Viele hier lebende Türken sehen Deutschland als Gegner, hinzu kommen Kräfte, die den Migranten erschweren, hier anzukommen – wie die Verbände, die türkische Regierung, aber auch türkische Medien.

SPIEGEL ONLINE: Welche Verantwortung trägt die deutsche Regierung für dieses Ergebnis?

Ates: Die deutsche Regierung trägt eine Mitverantwortung, weil sie jahrzehntelang keine Integrationspolitik gemacht hat. Wir diskutieren doch erst seit dem 11. September 2001 über das Thema Islam in Deutschland.

Ein Grundsatztext von Seyran Ates zum Thema kommt in der nächsten ZEIT. Ich konnte ihn leider nicht mehr in unserem Schwerpunkt diese Woche unterbringen.

 

Auf dem Weg zur zweiten deutschen Einheit – die dritte Deutsche Islam Konferenz

Der Innenminister sagte gleich im ersten Satz der Pressekonferenz, es sei „streckenweise sehr strittig“ zugegangen. Aber daß man sich mittlerweile so unbefangen und offen die Meiunung sagen könne, sei eben auch ein bedeutender Fortschritt, so Schäuble. Recht hat er.

Die Deutsche Islam Konferenz hat sich heute zum dritten Mal im Plenum getroffen. Bei der anschließenden Pressebegegnung im Berliner Logenhaus zeigten sich alle Beteiligten bemüht, die Tatsache, daß es in manchen Fragen noch zu keiner Einigung gekommen sei, nur ja nicht als Mißerfolg darzustellen.

Was ist beschlossen worden? Erstens ist jetzt klar, daß islamischer Religionsunterricht überall eingeführt werden soll, wo Bedarf besteht. Die Länder werden – wegen ihrer Kulturhoheit – diesen Ball weiterspielen.

In Deutschland wird bekenntnisorientierter Religionsunterricht aber bekanntlich nicht vom Staat in Alleinregie organisiert, sondern in Verantwortung der Religionsgemeinschaften und unter Aufsicht des Staates. Dies erfordert, dass die islamischen Organisationen sich den Status von Religionsgemeinschaften erarbeiten.

Sie müssen sich jetzt auf der Ebene der Länder als verläßliche Partner des Staates organisieren. Ein Dachverband wie der Koordinierungsrat der Muslime kann nicht als Religionsgemeinschaft gelten, darüber herrsche Konsens, sagte der Minister. Und Bekir Alboga, der derzeitige Sprecher, nickte einvernehmlich dazu. Die Verbände müssen sich also in den Ländern von unten her neu aufbauen, und dabei auch Transparenz über ihre wahre Mitgliederzahl schaffen. Dann wird man auch endlich sehen, für wieviele Muslime sie wirklich stehen. Nach manchen Schätzungen sind bloß 10-20 Prozent in den Organisationen vertreten.
Das ist der richtige Weg: Die Muslime sind bescheiden geworden, sie wollen jetzt nicht mehr sofort den gleichen rechtlichen Status wie die Kirchen und die jüdischen Religionsgemeinschaften (Körperschaft öffentlichen Rechts). Sie wissen, dass sie dies überfordern würde. Die Bildung regionaler Zusammenschlüsse ist besser, weil transparenter und näher an den jeweiligen Bedürfnissen der Gläubigen vor Ort.

Des weiteren wird ab sofort eine „Clearingstelle“ beim BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) geschaffen, die die Zusammenarbeit der Muslime mit den Sicherheitsbehörden organisiert. Offenbar ist man sich über den militanten Islamismus als gemeinsamen Feind also einig geworden. Auch das ist sehr gut. Man denke bloss zum Vergleich an England, wo tiefes Mißtrauen die Kooperation zwischen Moscheen und Polizei verhindert.

Die Vereinbarung, mit der die Deutsche Islam Konferenz Zwischenbilanz zieht, erwähnt außerdem den Moscheebau als „wichtigen Schritt zu Integration des Islam in Deutschland“. Das ist sehr weitgehend, wenn man an die vielen lokalen Konflikte denkt. Ich finde es richtig und mutig. Auch islamische Bestattungen sollen erleichtert werden. Auch dies ist wichtig: Wenn Muslime ihre Toten in deutschem Boden begraben, ist das ein Riesenschritt dazu, dieses Land als ihres anzunehmen und sich ihm verbunden zu fühlen.

Im Gegenzug enthält das Bulletin ein Bekenntnis der Muslime zur „vollständigen Beachtung der deutschen Rechtsordnung und der Werteordnung des Grundgesetzes“. An die Mehrheitsgesellschaft ergeht die Forderung, „in Deutschland lebende Muslime als gleichberechtigten Teil der deutschen Gesellschaft anzuerkennen und zu respektieren“.

islamkonferenz.jpg
Die Islamkonferenz tagt. Foto: BMI/photothek

Es wurde allerdings schnell deutlich, dass trotz der gefundenen Kompromissformeln noch eine Menge zu tun bleibt: Bekir Alboga betonte, man habe sich gerne noch einmal zum Grundgesetz und seinen Werten bekannt, und dies sei keine leere Fomel: „Für uns sind Mann und Frau nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch vor Gott gleich, der sie beide erschaffen hat.“

Man konnte sehen, wie Necla Kelek litt, als Alboga dieses Bekenntnis ablegte. Sie meldete sich denn auch und stellte heraus, es habe eben keinen Konsens in der Wertefrage gegeben, und was Herr Alboga eben gesagt habe, sei ein blosses Lippenbekenntnis. In den Gemeinden und den Familien sehe es bekanntlich anders aus, da könne von der Gleichheit von Mann und Frau keine Rede sein. Womit sie allerdings auch Recht hat.

In diesem Moment hatte ich wieder das Gefühl, die DIK sei eine sehr gute Sache, weil sie diese unterschiedlichen Kräfte an einen Tisch zwingt, die das muslimische Leben in Deutschland ausmachen. Nirgendwo sonst in Europa (in der Welt?) gibt es ein solches gewagtes, aber nötiges Experiment.

Kelek sagte, es seien Forderungen gestellt worden nach Kopftüchern im Kindergarten und nach Schariagerichten. Alboga sagte, dies seien keineswegs die Forderungen der Muslime im KRM: „Ja, es gibt Buchstabengläubige. Aber wir wollen so etwas nicht. Wir sind zufrieden mit den deutschen Gerichten.“

Als freier Kopf zeigte sich wieder einmal der Sprecher der Aleviten, Ali Ertan Toprak. Er sagte, dies ist unser Land, kein fremder Boden, kein Feindesland, und wir sind stolz, endlich auf Augenhöhe mit unserem Staat zu sprechen. Schäuble sei als der Architekt der deutschen Einheit bekannt. Wir wünschen uns eine zweite deutsche Vereinigung als Ergebnis dieser Konferenz.

Eine Sache aber hat mich ziemlich aufgeregt: Die allgemeine Medienschelte, besonders auf die deutschen Medien bezogen. Wir sollen nicht so viel von der Gewalt sprechen. Wir sollen „alltagsnahe Themen“ suchen. Wir sollen „die kulturelle Vielfalt muslimischer Mitbürger … in dem Sinne darstellen, dass sie zu unserer Kultur in Deutschland als Ganzes beiträgt“.( An die türkischen Medien mit ihrer derzeit unfasslich tendenziösen Meinungsmache hat niemand appelliert!)

Ich bin bekanntlich nicht der Meinung, dass es den „bereichernden“ Beitrag der Muslime nicht gibt. Und es gibt auch manchmal überzogene Dramatisierung in der Berichterstattung über Integration und Islam.
Aber wenn die Politik anfängt, von uns das Positive zu fordern, werde ich hellhörig. Wir sind für die Kritik und nicht fürs Predigen und Gesundbeten zuständig – im nie erreichten Idelafall für die Dinge, so wie sie halt sind.

Positive Diskriminierung in der Berichterstattung ist das letzte, was eine Gruppe brauchen kann, die sich mal zu Recht, aber oft auch zu Unrecht, diskriminiert fühlt. Wir müssen heraus aus dieser paternalistischen Behandlung. Wir müssen die Debatte als (angst)freies Gespräch unter Erwachsenen führen, die sich die Meinung sagen und auch einmal eine Polemik der anderen Seite aushalten. Die Deutsche Islam Konferenz bringt uns dabei voran, Schritt um Schritt.

 

Gericht: Berliner Schulen müssen Gebetsräume für Muslime einrichten

Ein Schüler des Diesterweg-Gymnasiums in Berlin-Wedding hat vor dem Verwaltungsgericht Berlin erwirkt, daß ihm ein Gebetsraum bereitsgestellt werden muss, weil er seiner Pflicht zum fünfmaligen Gebet nachkommen müsse.
Das Verwaltungsgericht entschied gestern zugunsten des Schülers. Die Begründung findet sich hier. Ich finde das stark, besonders angesichts der Politik des Berliner Senates, den Religionsunterricht aus den Berliner Schulen zu verdrängen und durch „Ethik“ zu ersetzen. Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Einführung von Ethikunterricht an Stelle des Religionsunterricht wurde abgewiesen. Während es also von höchsten Gerichten unterstützt wird, den christlichen Religionsunterricht aus den Berliner Schulen zu verdrängen, wird eine Schule im Wedding gegen den erklärten Willen der Leitung verpflichtet, einen islamischen Betraum einzurichten.
Spinne ich, oder gibt es da eine gewisse Asymmetrie?
Besonders (irr)witzig finde ich, daß das Berliner Gericht in seiner Begründung (S.3), warum das 5malige tägliche Beten für den jungen Mann unabdingbar sei, sich auf die Schrift von Christine Schirrmacher beruft – einer Islamexppertin, die dem evangelikalen Spektrum zugerechnet wird. (Schirrmacher ist etwa Mitautorin der letzten EKD-Schrift zum Dialog mit dem Islam, die von den islamischen Verbänden als Ausdruck einer islamkritischen Wendung der EKD gewertet wurde und fast zum Abbruch der Dialogbemühungen führte.) Nun also ist ausgerechnet Frau Schirrmacher zur Wegbereiterin der Islamisierung des Berliner Schulsystems geworden!
Der Irrsinn ist perfekt!

Das Verwaltungsgericht folgt der strengen Auslegung der „fünf Säulen“ und sagt, die Schule müsse sich darauf einstellen, daß die Schüler danach leben können. Im übrigen gebe dies den anderen Schülern ja eine wunderbare Gelegenheit, sich in interkultureller Kompetenz und Toleranz zu üben.
Der Gedanke, daß es hier vielleicht auch darum geht, in den weltanschaulich neutralen Raum einer öffentlichen Schule eine kleine Bastion mit Sonderrechten einzubauen, ist den Richtern offenbar nicht gekommen. Sie sollten Ed Husains „The Islamist“ lesen. Da wird genau beschrieben, daß dies die Strategie der Islamisten in England war, den säkulären, neutralen öffentlichen Raum zu durchwirken und zu besetzen.

Hier die kurze Begründung in der Pressemitteilung:

„Der Antragsteller hatte geltend gemacht, sich nach seinem Glaubensbekenntnis verpflichtet zu sehen, fünfmal täglich zu festgelegten Zeiten das islamische Gebet zu verrichten; er praktiziert dies nach seinem Vortrag auch so. Die Schulleitung hatte ihm das Beten in der Schule untersagt und sich hierfür auf das Neutralitätsgebot des Staates in dessen Einrichtungen berufen.

Die 3. Kammer des Gerichts folgte dieser Argumentation nicht. Der Antragsteller könne sich auf seine Religionsfreiheit nach Art. 4 des Grundgesetzes berufen. Dieses Grundrecht erstrecke sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden. Hierzu gehöre – zumal die Gebetspflicht zu den fünf Säulen des Islam zähle – insbesondere auch das Beten. Demgegenüber habe die Schule konkrete und nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen des Bildungs- und Erziehungsauftrags und des Schulbetriebes nicht dargelegt. Insbesondere würden Mitschüler oder Angehörige des Lehrpersonals der Verrichtung des Gebets durch den Antragsteller nicht unentziehbar ausgesetzt. Schließlich könne die Schule dem Schüler durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen ein ungestörtes Beten in einem für andere nicht ohne weiteres zugänglichen Bereich des Schulgeländes ermöglichen und so der von ihr gesehenen Gefahr einer demonstrativen bzw. werbenden Präsentation des Gebets begegnen. Im Übrigen erfordere das friedliche Zusammenleben in einer bekenntnisfreien Schule, dass die Schüler lernten, die religiöse Überzeugung anderer zu tolerieren und zu respektieren.“

Diese Berliner Strategie ist meiner Meinung nach der sichere Weg in die Selbstaufgabe: Keinen ordentlichen (christlichen und islamischen) Religionsunterricht unter Aufsicht der Schulbehörde, dafür aber Preisgabe des öffentlichen Raums an die reaktionärsten Kräfte des Islams.
Umgekehrt wäre es richtig: Religionsunterricht nach Curriculum für alle Interessierten, bei entschiedener Verteidigung des neutralen öffentlichen Raumes der Schulen!

p.s. Die klügste Reaktion zu diesem skandalösen Urteil kommt von dem Grünen Özcan Mutlu:
„Es muss darum gehen, die Prinzipien des Grundgesetzes wie Gleichberechtigung der Geschlechter, Religionsfreiheit und weltanschauliche Neutralität des Staates mit der interkulturellen Realität in Übereinstimmung zu bringen. Daher war z.B. die
gesetzliche Reglementierung religiös-weltanschaulicher Symbole in Bildungseinrichtungen richtig und wichtig. Hier überwiegt eben die negative Religionsfreiheit aller am Schulleben Beteiligten, wie LehrerInnen, SchülerInnen etc. und diese ist uneingeschränkt einzuhalten.
Deshalb haben Kreuze, Kopftücher, Kutten und andere sichtbaren religiös-weltanschaulichen Symbole in den Schulen nichts zu suchen. Aus diesem Grund haben auch Beträume, Beichtstühle, Kruzifixe und ähnliche religiöse Anordnungen in der Schule nichts verloren.
Das Urteil des Verwaltungsgericht, dass Schulen muslimischen Kindern und Jugendlichen Gebetsräume zur Verfügung stellen sollen, ist Gift für die Integration und wird die Kluft zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in dieser Stadt vertiefen, statt Gräben zuzuschütten! Der weltfremde Ratschlag der Richter im Urteilsspruch, die Schule könne dem Schüler durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen ein ungestörtes Beten in einem für andere nicht ohne weiteres zugänglichen Bereich des Schulgeländes ermöglichen, zeugt von gravierenden Fehlinformationen bezüglich der räumlichen Situation vieler Berliner Schulen. Hinzu kommt, dass Gebetzeiten im islamischen Glauben stets variieren und es den Schulen unmöglich sein dürfte, auf derart
religiös-weltanschaulicher Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, falls die Schule ihren Bildungsauftrag erfüllen und eine Stundenplan aufstellen will.

Die Schulverwaltung muss im Interesse der negativen Religionsfreiheit aller im Schulleben Beteiligten sowie im Interesse des Schulfriedens das Urteil anfechten.“

 

Sie hassen uns nicht

Jedenfalls nicht für das, was wir sind, sondern wenn schon, dann für das, was wir tun. Will eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup herausgefunden haben, von der die WELT heute berichtet:
Die in diesem Umfang und auf diesem Feld beispiellose Untersuchung nahm ihren Anfang unmittelbar nach den Anschlägen vom 11.September und hat Überraschendes zutage gefördert. Etwa dies: Im Iran sprachen sich 85 Prozent der Befragten für die Gleichberechtigung von Mann und Frau aus, in Indonesien sogar 90 Prozent, und selbst im rigiden, patriarchalischen Wüstenstaat Saudi-Arabien waren es noch 61 Prozent.
Verehrung für technologischen Fortschritt und westliche Freiheiten
Oder dies: Muslime in zehn arabisch-islamischen Kernstaaten gaben zu Protokoll, was sie am „Westen“ am meisten verehrten: Technologischer Fortschritt steht da an erster Stelle, dicht gefolgt von der freien Meinungsäußerung, der freien Ausübung der Religion und der parlamentarischen Demokratie, die sich auf eine Verfassung stützt.
Interessant auch, dass die sieben Prozent der Befragten, die sich selbst als „politisch radikal“ einstufen, eine deutlich bessere Bildung aufzuweisen haben als die Mehrheit ihrer Glaubensbrüder. Sie verfügen über überdurchschnittliche Einkommen und über ein sehr waches politisches Bewusstsein, verfallen aber angesichts der trostlosen Lage der Bürgerrechte in ihren eigenen Gesellschaften öfter als ihre moderaten Zeitgenossen in Zynismus und eben Radikalität.
„Selbst die Sympathisanten des islamistischen Terrorismus hassen nicht unsere Freiheit, sie wollen unsere Freiheit, um sich selbst entfalten zu können“, sagt die Muslimin und Co-Autorin Dalia Mogahed über die sieben Prozent „politisch radikalisierter“ Muslime, die die Terroranschläge vom 11.September 2001 rechtfertigen.

Ihr Kollege Esposito sekundiert: „Sie hassen uns nicht für das, was wir sind, sondern für das, was wir tun.“ Antiamerikanismus speise sich nicht aus der Abscheu gegenüber westlichen Werten und Prinzipien, sondern aus dem, was die Muslime an konkreter US-Außenpolitik am eigenen Leib erführen. Konkret heißt das: Parteilichkeit im Nahost-Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zugunsten Ersterer sowie die Unterstützung mehr oder weniger offen diktatorischer islamischer Regime wie Ägypten, Pakistan und Saudi-Arabien.
So sehr die Muslime offenbar westliche Werte schätzen, so wenig halten sie die westliche Leitmacht USA für einen vertrauenswürdigen Protagonisten des Werteexports. Lediglich die Hälfte aller befragten Muslime glauben, dass die Amerikaner tatsächlich demokratische Strukturen in der arabisch-islamischen Welt verankern wollen. 24 Prozent der Ägypter und Jordanier und gar nur 16 Prozent der Türken vertrauen in dieser Frage auf Washingtons Außenpolitik. 81 Prozent der befragten Radikalen und 67 Prozent der politisch Gemäßigten sehen die USA als aggressive Macht, verachten ihren „Unilateralismus“ und ihre „Arroganz“.

 

Rosige Zeiten für Ethno-Nationalisten

In einem Grundsatzartikel für Foreign Affairs beschreibt Jerry Z. Muller, warum die Todesanzeigen für den Nationalismus als politische Kraft voreilig sein könnten. Einen Hauptgrund sieht er in der Einwanderung und ihrer Herausforderung des europäischen politischen Konsenses. Besonders interessant dabei der Gedanke, daß Einwanderung – lange von seiten der Linken gutgeheißen – insbesondere die Grundlagen linker Politik unterminiert:

„The most dramatic transformation of European ethnic balances in recent decades has come from the immigration of people of Asian, African, and Middle Eastern origin, and here the results have been mixed. Some of these groups have achieved remarkable success, such as the Indian Hindus who have come to the United Kingdom. But in Belgium, France, Germany, the Netherlands, Sweden, the United Kingdom, and elsewhere, on balance the educational and economic progress of Muslim immigrants has been more limited and their cultural alienation greater.

How much of the problem can be traced to discrimination, how much to the cultural patterns of the immigrants themselves, and how much to the policies of European governments is difficult to determine. But a number of factors, from official multiculturalism to generous welfare states to the ease of contact with ethnic homelands, seem to have made it possible to create ethnic islands where assimilation into the larger culture and economy is limited.

As a result, some of the traditional contours of European politics have been upended. The left, for example, has tended to embrace immigration in the name of egalitarianism and multiculturalism. But if there is indeed a link between ethnic homogeneity and a population’s willingness to support generous income-redistribution programs, the encouragement of a more heterogeneous society may end up undermining the left’s broader political agenda. And some of Europe’s libertarian cultural propensities have already clashed with the cultural illiberalism of some of the new immigrant communities.

Should Muslim immigrants not assimilate and instead develop a strong communal identification along religious lines, one consequence might be a resurgence of traditional ethnonational identities in some states — or the development of a new European identity defined partly in contradistinction to Islam (with the widespread resistance to the extension of full EU membership to Turkey being a possible harbinger of such a shift).

Since ethnonationalism is a direct consequence of key elements of modernization, it is likely to gain ground in societies undergoing such a process. It is hardly surprising, therefore, that it remains among the most vital — and most disruptive — forces in many parts of the contemporary world.“

Alles lesen.

 

Dummer Stein, die Zweite

Heute wird in Berlin die vorübergehend geschlossene Ausstellung der dänischen Gruppe Surrend  wieder eröffnet. Grund der Schließung waren Drohungen einiger junger Männer offenbar muslimischer Prägung, die sich an einem Exponat namens „Dummer Stein“ gestossen hatten. Es zeigt ein Bild der Kaaba.

Hoch erfreut nehme ich zur Kenntnis, dass der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschlands, Kenan Kolat, demonstrativ an der Wiedereröffnung teilnimmt.

Kenan Kolat: „Ich stehe für die Freiheit der Kunst. Jeder auch nur halbwegs liberal denkende Mensch wird die Freiheit der Kunst hochhalten, wie übrigens die Freiheit der Meinungsäußerung und die Freiheit der Lehre in der Wissenschaft. Wie Anton Tschechow sagt, ‚ich teile alle Werke in zwei Gruppen: In die, die mir gefallen, in die, die mir nicht gefallen. Ein anderes Kriterium habe ich nicht‘. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich fordere die Muslime auf, mehr Gelassenheit zu zeigen!“

 

Der Moschee-Streit

Eigenwerbung:
Hier ist das Buch zum Moscheestreit in Köln, mit Beiträgen von Broder, Giordano, Mazyek, Kermani, Böckenförde, Kardinal Meisner, Wallraff etc. Und der erste Beitrag des Bandes ist – vom Betreiber dieses kleinen Blogs.
moscheestreit.jpg
Klickst Du!

 

Milli Görüs: Das ganze Leben ist Dschihad

Eine differenzierte Einlassung zum Thema Dschihad auf der neuen, schicken Webpräsenz von Milli Görüs.
Dschihad soll als gottgefällige „Lebensführung“ verstanden werden, nicht als „Heiliger Krieg“.
Schön und gut. Aber am Ende stehen dann diese rätselhaften, schwammigen Sätze:

„Zusamenfassend kann festgehalten werden, dass der Dschihâd keine Form der Kriegsführung, sondern eine umfassende Lebensweise ist, weshalb er nicht mit Terror und Gewalt gleichgesetzt werden kann. Denn im Gegensatz zum Krieg, also einem zwischenstaatlichen Konflikt, bei dem das Leben von Zivilisten geschützt ist, kommen bei einer terroristischen Handlung viele Zivilisten ums Leben. Den Beschluss einen Krieg zu führen, der als Dschihâd angesehen werden kann, darf ohnehin nur eine staatliche Instanz fassen. Der Widerstand gegen eine unrechtmäßige Einnahme des Landes jedoch betrifft das ganze Volk, so dass zeitweise eine vom Volk anerkannte Widerstandsbewegung die Initiative ergreifen kann. Aber auch in einer solchen Situation haben die Verbote bezüglich der Kriegführung Gültigkeit.

Das bezieht sich wahrscheinlich auf Hamas. Ist deren Initiative nun legitim, weil vom Volk anerkannt? Ist damit die ganze Hamas-Charta abgesegnet? Was heißt dann „Verbote
bezüglich der Kriegführung“? Sind also Selbstmordattentate o.k. oder unislamisch? Ist der Beschuss von Kitas und Schulen in Sderot haram oder helal? Ich bin so schlau als wie zuvor!

Hier der beste Text bisher zum Thema IGMG.