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Wer hinter der „Friedensflotille“ steht

Ein ausführlicher Hintergrundbericht heute in der New York Times über die türkische Gruppe IHH, über das Free Gaza Movement und Greta Berlin, die Gründerin.
Zitat:
Ms. Berlin, the outspoken co-founder, is originally from Los Angeles. She was married for 14 years to a Palestinian, with whom she had two children, and for 14 years to an American Jew. She likes to joke and says that makes her the most qualified “anti-Semite.”

But when she is not joking she says that her detractors in Israel are right, that she does not accept Israel as a Jewish state, though she contends that is part of a larger philosophy which opposes all national borders.

“You decide in your life what you are passionate about,” she said. “I happen to be passionate about the Palestinians who have had no rights since 1948.”

Gegen „alle nationalen Grenzen“ zu sein muss man sich allerdings leisten können. Israel braucht Grenzen, die es verteidigen kann. Die Palästinenser auch. Darum muss die Besatzung enden. Wer Israel nicht als „jüdischen Staat“ anerkennt, erkennt de facto Israel nicht an.
Und das ist dann schon ein Problem, wenn man für das Selbstbestimmunsgrecht der anderen Seite eintritt wie Frau Berlin. Ein Selbstbestimmunsgrecht nur für eine Seite ist nämlich keines.

 

Die „Marmara“ und die „Exodus“ im Kampf der Bilder

Der sicherheitspolitische Korrespondent von Haaretz, Yossi Melman, macht einen interessanten Punkt, indem er die israelische Regieurng daran erinnert, dass es auch für Juden einmal wichtig war, eine Blockade zu durchbrechen:

Despite having its eyes wide open, Israel fell into a trap. Israel knew that the organizers of the flotilla wanted to present the Israel Defense Forces to the world as an army that does not hesitate to use force. The flotilla organizers wanted deaths, casualties, blood and billows of smoke. And this is exactly what Israel gave them.

Every child knows that the conflict here is one of consciousness,images, emotion and gut-feelings; not one of justice or logic. Therefore, Israel should have acted differently.

Israel’s decision-makers should have revived memories of Israel’s own history. It shows just how short a historical memory the prime minister, defense minister, chief of staff, and Navy commander all have. They don’t remember the story of the Exodus ship in 1947.

The British Mandate authorities imposed a blockade on the shores ofthe land of Israel and Jewish leaders believed it was their right and their duty to break it. The Jewish immigrants on the Exodus decided to forcefully oppose every attempt to stop them. The Jewish leadership wanted to arouse the world’s conscience and gain a victory in the
battle for international sympathy.

In our day, Hamas leaders believe and act similarly. Without getting into the question of the justification or logic of the blockade imposed by Gaza and its residents, it was indeed clear that it was only natural that Hamas would try to break the blockade by force. They have been doing this by means of the smuggling tunnels and via the sea. It was clear that they saw it as their natural right to oppose attempts to stop the ships.

(…)Israel has played into Hamas‘ hands. It’s not the fault of the young soldiers who obeyed the orders of their commanders. The responsibility lies with the cabinet and the military planners.

No matter how one looks at the conduct of the Israeli government and the IDF, it is hard to understand how stupid and tragic it was. Time and again, Israel tries to prove that what can’t be solved by force can be solved by more force. Over and over, the policies of force fail. The problem is that with each failure, the part of the world in which we would like to belong is losing patience with us.


Hier ein paar Anregungen zu diesem Kampf der Bilder. Der Trailer zu Premingers Film „Exodus“ von 1960. Man beachte vor allem die Szene ab 1:48.

Und hier ein Video, das belegt, wie Hisbollah versucht, die Exodus-Ikonographie zu stehlen:

 

Türkische Zeitung über Israel: „Hitlers Kinder“

In Reaktion auf den israelischen Angriff auf die „Mavi Marmara“ kriecht in der Türkei der Antisemitismus unbehelligt aus den Kellern. Die der regierenden AKP nahestehende Tageszeitung Yeni Safak („Neue Morgendämmerung“) macht heute mit der Zeile „Hitlers Kinder“ auf.

Damit sind die Israelis gemeint, die aus der Marmara ein „Konzentrationslager“ gemacht hätten. Juden als Nazis, das ist ein bekannter Topos der Entlastung und Relativierung: Holocaustleugnung light.

 

Das Massaker an den Free-Gaza-Aktivisten

Der Historiker Götz Aly, einer der führenden deutschen Spezialisten für die NS-Zeit, der sich derzeit in Israel aufhält, schreibt eine Kolumne in der Berliner Zeitung. Ich halte Alys Schärfe trotz der hier dokumentierten Gegengewalt der Aktivisten auf dem Schiff für voll gerechtfertigt:
„Das Massaker, das himmelhoch überlegene israelische Elitesoldaten gestern an wehrlosen Zivilisten angerichtet haben, ist ein feiges Verbrechen, das kein Recht, kein Kriegsvölkerrecht deckt. Bei aller Liebe zu Israel und seinen Bürgern halte ich die Formel „Unverhältnismäßigkeit der Mittel“ für deutlich zu schwach. Das israelische Oberkommando behauptete gestern, die Friedensaktivisten seien mit ein paar Beilen und Messern bewaffnet gewesen. Lächerlich. Eine faule Ausrede. Mögen die Aktivisten tatsächlich diese ‚Waffen‘ gehabt und sogar geschwungen haben, sie bedeuten nichts für Spezialeinheiten, die sich monatelang auf solche Einsätze vorbereiten, mit den modernsten Kampfmitteln ausgerüstet und darauf trainiert sind, zum Beispiel israelische Gefangene unverletzt zu befreien. Verantwortlich ist nicht eine wildgewordene Soldateska, sondern allein die israelische Regierung. Sie hatte tagelang Zeit, eine solche Kommandoaktion angemessen vorzubereiten. Ihr Verhalten spiegelt die Ratlosigkeit eines in sich blockierten Landes und die hinter Hyperaktivismus und starken Sprüchen schlecht verborgene Konzeptionslosigkeit des Kabinetts Netanjahu.“

 

Barak sollte zurücktreten

Tobias Kaufmann ist im Kölner Stadt-Anzeiger der Meinung, der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak müsse wegen der Kommandoaktion zurücktreten – und zwar auch dann, wenn die selbst ernannten Friedensaktivisten vor allem vorhatten, Israel zu provozieren. Ich stimme zu:

„Die israelischen Vorwürfe mögen sogar stimmen. Zypern hatte den Schiffen nicht umsonst das Einlaufen in seine Gewässer untersagt. Und spätestens die Weigerung der Aktivisten, auf die symbolträchtige Überfahrt ins blockierte Gaza zu verzichten und die Ladung der Schiffe statt dessen im israelischen Hafen Ashdod begutachten, ausladen und erst von dort in den Gazastreifen fahren zu lassen zeigte, dass Hilfe für notleidende Menschen frühestens auf dem zweiten Platz der Agenda der Aktion stand. Das erste Ziel war, Israel zu provozieren.

Aber all dies sind bestenfalls Indizien dafür, dass Israel mildernde Umstände geltend machen könnte – die Schuld an der Tragödie auf See kann Israels Regierung nicht abstreifen. Mehr noch: Gerade weil man wusste, wer oder was da auf die Küste zukommt, hätte Israels Marine die Schiffe niemals erstürmen dürfen. Nicht in internationalen Gewässern und nicht mit dem hohen Risiko, dass dabei Schüsse fallen und Menschen getötet werden können. Es ist etwas anderes, wenn Israel Schiffe aufbringt, die voller Waffen sind oder Komponenten des iranischen Atomprogramms transportieren.

Solche Aktionen mögen völkerrechtlich fragwürdig sein, sie sind aber aufgrund der israelischen Sicherheitslage nachzuvollziehen. Die Kommando-Aktion vom Montagmorgen aber ist nicht nachvollziehbar. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak ist nicht mehr zu halten.“

 

Israels Friedens-Flotillen-Desaster

Ich könnte es nicht besser beschreiben als Gideon Lévy in Ha’aretz. In den letzen Tagen hat die israelische Propaganda in erfrischendem Zynismus kundgetan, was sie von den Menschen in Gaza hält. Es wurden Broschüren verteilt, in denen die exzellenten Menus von Restaurants in Gaza aufgezählt wurden – „besonders zu empfehlen: Boeuf Stroganoff“. Die vermeintlich israelfreundlichen Blogger hierzulande reproduzierten diesen fiesen Mist auch noch und suggerierten, es geben überhaupt keine humanitäre Krise in Gaza. Ein Israel, das auf dieses Niveau herabsteigt, ist eine Schande (gerade im Licht der zionistischen Ideale).

Und nun auch noch eine Schießerei mit mindestens 10 Toten in internationalen Gewässern! Israel ist dabei, sich moralisch zu diskreditieren, selbst bei denen, die für sein Recht auf Selbstverteidigung eintreten.

Gideon Lévy schreibt:

„The chorus has been singing songs of falsehood and lies. We are all in the chorus saying there is no humanitarian crisis in Gaza. We are all part of the chorus claiming the occupation of Gaza has ended, and that the flotilla is a violent attack on Israeli sovereignty – the cement is for building bunkers and the convoy is being funded by the Turkish Muslim Brotherhood. The Israeli siege of Gaza will topple Hamas and free Gilad Shalit. Foreign Ministry spokesman Yossi Levy, one of the most ridiculous of the propagandists, outdid himself when he unblinkingly proclaimed that the aid convoy headed toward Gaza was a violation of international law. Right. Exactly.

It’s not the siege that is illegal, but rather the flotilla. It wasn’t enough to distribute menus from Gaza restaurants through the Prime Minister’s Office, (including the highly recommended beef Stroganoff and cream of spinach soup ) and flaunt the quantities of fuel that the Israeli army spokesman says Israel is shipping in. The propaganda operation has tried to sell us and the world the idea that the occupation of Gaza is over, but in any case, Israel has legal authority to bar humanitarian aid. All one pack of lies.

Only one voice spoiled the illusory celebration a little: an Amnesty International report on the situation in Gaza. Four out of five Gaza residents need humanitarian assistance. Hundreds are waiting to the point of embarrassment to be allowed out for medical treatment, and 28 already have died. This is despite all the Israeli army spokesman’s briefings on the absence of a siege and the presence of assistance, but who cares?

And the preparations for the operation are also reminiscent of a particularly amusing farce: the feverish debate among the septet of ministers; the deployment of the Masada unit, the prison service’s commando unit that specializes in penetrating prison cells; naval commando fighters with backup from the special police anti-terror unit and the army’s Oketz canine unit; a special detention facility set up at the Ashdod port; and the electronic shield that was supposed to block broadcast of the ship’s capture and the detention of those on board.

And all of this in the face of what? A few hundred international activists, mostly people of conscience whose reputation Israeli propaganda has sought to besmirch. They are really mostly people who care, which is their right and obligation, even if the siege doesn’t concern us at all. Yes, this flotilla is indeed a political provocation, and what is protest action if not political provocation?

Again we will be portrayed not only as the ones that have blocked assistance, but also as fools who do everything to even further undermine our own standing. If that was one of the goals of the peace flotilla’s organizers, they won big yesterday.“


 

Angela Merkel und die „jüdische Weltverschwörung“

„Von wem auch immer ich Beifall bekomme, ändert nichts daran, dass ich immer gegen Antisemitismus eintreten werde und das führt meist zu Briefen mit Beschimpfungen ‚Marionette der jüdischen Weltverschwörung‘ und anderes mehr. Das ist trauriger Alltag in diesen Diskussionen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem bemerkenswerten Interview der Süddeutschen über fortdauernden Antisemitismus und ihren ersten Israelbesuch (leider gegenüber der Druckfassung gekürzt)

 

Neue jüdische Lobby: Besatzung und Siedlungen sind „moralische Fehler“

Dies ist ein bemerkenswerter Satz: „Systematic support of Israeli government policy is dangerous and does not serve the true interests of the state of Israel.“
Die systematische Unterstützung der israelischen Regierungspolitik ist gefährlich und dient nicht den wahren Interessen des Staates Israel.
Wer schreibt dies? Eine neue jüdische Lobbyorganisation names JCall, die es nicht länger den etablierten Lobbyisten überlassen will, die jüdische Stimme gegenüber den europäischen Institutionen zu sein.
Weiter heißt es in dem Manifest:

„Wir stellen fest, dass die Existenz Israels erneut gefährdet ist. Die Gefährdung von außen ist nicht zu unterschätzen, doch ist diese nicht die einzige Gefahr. Eine Gefährdung liegt auch in der Besatzung und in dem Auf- und Ausbau der Siedlungen im Westjordanland und in den arabischen Vierteln Ost-Jerusalems, die ein moralischer Fehler und ein politischer Irrtum sind und die u. a. zu dem inakzeptablen Vorgang der Delegitimierung Israels als Staat führen.“

Daher fordern die bisher 3666 Unterzeichner:

„1. Die Zukunft Israels bedingt notwendigerweise die Schaffung des Friedens mit dem palästinensischen Volk und die Gründung eines palästinensischen Staates gemäß dem Prinzip « zwei Staaten für zwei Völker ». Wir alle sind uns dessen bewusst, dass dieses Anliegen dringend ist. Bald wird Israel sich mit zwei katastrophalen Alternativen konfrontiert sehen: Entweder werden die Juden eine Minderheit in ihrem eigenen Land sein oder es wird im Lande ein Regime entstehen, das Israel beschämen und die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufbeschwören wird.
2. Es ist daher von größter Wichtigkeit, dass die Europäische Union gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika Druck auf beide Parteien ausübt und ihnen hilft, eine vernünftige und schnelle Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu erreichen. Trägt doch Europa angesichts seiner Geschichte die Verantwortung für diese Weltregion.“

Es haben bereits einige der entschiedensten Unterstützer Israels unter den französischen Intellektuellen unterzeichnet – Alain Finkielkraut und Bernard-Henri Lévy. Auch Daniel Cohn-Bendit ist mit von der Partie. (Haaretz-Bericht hier.)

Als Vorbild für diese neue Form der kritischen Israelunterstützung kann man JStreet in den USA ansehen. Anders als JStreet, die in einer überwältigend israelfreundlichen Öffentlichkeit agiert, findet sich JCall in Europa in einer Situation vor, in der Israelkritik sehr verbreitet ist (und nicht immer aus den reinsten Motiven geübt wird). Man kann die Initiative als einen Versuch sehen, sich weder von der israelischen Seite noch von der Warte der reflexhaften Israelkritiker vereinnahmen zu lassen.

JCall hat den offenen Brief am gestrigen Sonntag dem europäischen Parlament zugestellt. Das ist etwas Neues: Juden fordern Europa auf, Israel wegen der Siedlungspolitik unter Druck zu setzen – und sie tun dies aus Loyalität zu Isarel und der zionistischen Idee eines lebensfähigen jüdischen Staates inmitten seiner Nachbarn.


 

Ein jüdischer Witz (über die Siedlerbewegung?)

Warum bloß muss ich bei diesem herrlichen jüdischen Witz an die Siedlerbewegung denken?

Gefunden bei Jeffrey Goldberg:

Three construction workers, an Irishman, an Italian and a Jew, are building a skyscraper. They’re sitting on a beam having lunch when the Irishman takes out his sandwich and says, „I can’t believe it! My wife gave me another goddam roast beef sandwich. If she does this again I’m going to jump off this building!“

The Italian takes out his sandwich and says, „Tuna! For God’s sakes, I hate tuna. If my wife gives me tuna tomorrow I’m going to jump, I swear!“

The Jewish guy takes out his lunch and says, „Egg salad! Dammit, if I find one more egg salad sandwich in my lunch I’m going to jump off this building!“

The next day, the Irishman takes out his sandwich, sees that it’s roast beef and says, „Enough’s enough!“ and jumps.

The Italian guy takes out his sandwich, sees that it’s tuna, and says, „That’s it, I’ve had it!“ and jumps.

The Jewish guy takes out his sandwich, discovers egg salad, and says, „I can’t take it anymore!“ and jumps.

Soon after, reporters go to the wife of the Irishman. She says, plaintively, „If he had only told me he didn’t want roast beef, I would have made him something else.“ The Italian’s wife, in tears, tells reporters, „He should have just told me he didn’t want tuna! Why didn’t he tell me?“

The reporters go to the Jewish guy’s wife, who says, „I don’t understand that man. Everyday he makes his own lunch.“