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Wie die Blockade Gaza kaputt (und seine Einwohner krank) macht

Dies beschreibt Yousef Munayyer in einem kurzen und faktenreichen Stück für Foreign Policy. Seine Informationen beruhen auf den Angaben internationaer Hilfsorganisatonen. Teils sind es auch Zahlen israelischer Organisationen.

Viele Menschen leben mit Stromausfall von 8-12 Stunden täglich. Die Wasserqualität ist gefährlich, weil die zerstörten Abwassersysteme wegen der Blockade nicht wieder aufgebaut werden und die Entsalzungskapazitäten nicht ausreichen. Es herrscht chronische Mangelernährung bei über 10 Prozent der Bevölkerung, vor allem bei Frauen und Kindern. Medizinische Versorgung ist wegen der zerstörten Infrastruktur sehr eingeschränkt. 60 Prozent der produzierenden Industrie ist geschlossen, die Arbeitslosigkeit liegt bei über 40 Prozent. Der Fischfang, einst eine Exportindustrie, kann wegen der Beschränkung der befahrbaren Seemeilen den Eigenbedarf nicht mehr decken. Fisch wird aus Israel importiert.

Und eine solche Politik soll nicht Hass säen?

 

Der Blick aus Gaza

Dieses lange Gespräch mit einem Bewohner Gazas, der dort für eine katholische Hilfsorganisation arbeitet, habe ich vor wenigen Wochen gesehen. Ich war beeindruckt von der moralischen Klarheit und vom Mut dieses Mannes (der Hamas hier offen kritisiert, obwohl das lebensgefährlich für ihn sein könnte). Angesichts der anhaltenden Debatte hier auf dem Blog über die Frage der Legitimität der Blockade und die Lebensqualität vor Ort kann ich es nur dringend empfehlen.
Mir hat es den Rest an Glauben genommen, dass die Blockade sinnvoll sein könnte.

Quelle.

 

Starke Argumente für ein Burkaverbot

In der Herald Tribune von heute begründet der Mehrheitsführer im französischen Parlament, Jean-Francois Copé, warum er ein Verbot der Vollverschleierung in Frankreich durchsetzen will.

Nächste Woche wird das französische Parlament über den Entwurf der konservativen UMP abstimmen.

Hier die entscheidenden Argumente:

A) Sicherheit:

„Our debate is not about a type of attire or the Islamic head scarf that covers the hair and forehead. The latter is obviously allowed in France. The ban would apply to the full-body veil known as the burqa or niqab. This is not an article of clothing — it is a mask, a mask worn at all times, making identification or participation in economic and social life virtually impossible.

This face covering poses a serious safety problem at a time when security cameras play an important role in the protection of public order.“

B) Reziprozität im öffentlichen Leben

„The permanent concealment of the face also raises the question of social interactions in our democracies. In the United States, there are very few limits on individual freedom, as exemplified by the guarantees of the First Amendment. In France, too, we are passionately attached to liberty.

But we also reaffirm our citizens’ equality and fraternity. These values are the three inseparable components of our national motto. (…)

Let’s take one example: The fact that people are prohibited from strolling down Fifth Avenue in the nude does not constitute an attack on the fundamental rights of nudists. Likewise, wearing headgear that fully covers the face does not constitute a fundamental liberty. To the contrary, it is an insurmountable obstacle to the affirmation of a political community that unites citizens without regard to differences in sex, origin or religious faith. How can you establish a relationship with a person who, by hiding a smile or a glance — those universal signs of our common humanity — refuses to exist in the eyes of others?“

C) Individualität und Verantwortung

„We are free as long as we are responsible individuals who can be held accountable for our actions before our peers. But the niqab and burqa represent a refusal to exist as a person in the eyes of others. The person who wears one is no longer identifiable; she is a shadow among others, lacking individuality, avoiding responsibility.

From this standpoint, banning the veil in the street is aimed at no particular religion and stigmatizes no particular community.“

 

Nur die Burka hält Belgien noch zusammen

Ein europäisches Kernland, das zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Union gehörte, als sie noch EGKS und dann EWG hieß; das Land, das in der europäischen Hauptstadt die wichtigsten Institutionen beherbergt – Europäische Komission, Rat und Nato – steht vor dem Zerfall. An einem Wahlkreis, der zwischen flämischen und wallonischen Belgiern gespalten ist, hat sich die Regierung zerlegt. Es macht sich immer stärkerer Hass zwischen niederländisch und französisch geprägten Volksgruppen breit.

Nur eines hält das Land noch zusammen, nur eine Maßnahme hat das Parlament noch in dieser Woche des Zerfalls mit nahezu völliger Übereinstimmung verabschieden können: ein Verbot der Vollverschleierung, vulgo „Burkaverbot“.

Das ist die letzte Frage, in der sich das im Bruderhass zerfallende Land noch einigen kann: Die geschätzten mehreren Dutzend Vollschleier (meist eher Nikab als Burka) sind des Übels und müssen mit Geldbußen uns Gefängnis verboten werden.

Was für ein trauriges Bild Europa in diesen Tagen abgibt! Flamen hassen Wallonen, Deutsche geben nichts für Griechen, Griechen halten Deutsche eh für Nazis, Franzosen schimpfen auf Deutsche. Der Euro wird zur Hölle gewünscht, die Erweiterung für falsch erklärt. Ein Bild der Verzagtheit und des Kleinmuts.

Ist Belgien ein treffendes Symbol dieser Verzaghheit? Nur für ein Burkaverbot reicht die Energie noch, bevor das Land  zur Hölle fährt. Man ist zwar nicht in der Lage, einen Wahlkreis gerecht unter Flamen und Wallonen aufzuteilen – man kommt also schon mit der Herausforderung des innereuropäischen Multikulturalismus nicht klar. Aber wenn es gegen ein Symbol des unheimlichen Islam geht, ist plötzlich wieder ein Konsens da.

Hoffentlich ist, was sich im europäischen Kernland Belgien abspielt, kein Menetekel für ganz Europa.

(Bericht hier, Bekenntnis einer Burkaträgerin hier.)

 

Lässt Deutschland die iranischen Oppositionellen im Stich?

Mein Text aus der ZEIT vom 29.4.2010, S. 11:

Als Hunderttausende Iraner im vergangenen Sommer in Teheran friedlich gegen die gefälschten Wahlen protestierten, konnten sie sich der Sympathie der ganzen Welt sicher sein. Erst recht, als das Regime seine Schläger losschickte, in die Menge schießen ließ und schließlich Tausende seiner Bürger in Gefängnisse warf.
Auch Angela Merkel kritisierte die Brutalität der Sicherheitskräfte und versicherte »den Angehörigen der Opfer meine Anteilnahme«.
Wie viel ist das Mitgefühl der deutschen Regierung wert? Das müssen sich heute jene fragen, die Tod, Folter und Gefängnis in Iran mit knapper Not entkommen konnten. Seit Monaten schon setzen sich Menschenrechtler dafür ein, dass die Bundesrepublik wenigstens einige besonders stark gefährdete und traumatisierte Oppositionelle aufnehmen soll. Die Exil-Iraner Mehran Barati und Farin Fakhari, beide Gegner des Schahregimes und der Mullahs und deshalb schon seit vielen Jahren in Deutschland, haben zusammen mit dem Berliner Professor Hajo Funke den Kontakt der Flüchtlinge zu deutschen Behörden hergestellt.
Es sind Studenten darunter, die im Gefängnis mit Stöcken vergewaltigt wurden. Einem wurden mehrere Wirbel zertrümmert. Wieder ein anderer war schlimmem Psychoterror ausgesetzt – man zwang ihn, Fäkalien zu essen –, infolge dessen er unter asthmatischen Angstattacken leidet. Die Türkei duldet diese Menschen in armen Satellitenstädten am Südostrand des Landes. Dort kämpfen sie ohne Einkommen und ausreichende ärztliche Betreuung ums Überleben, in steter Angst vor dem iranischen Geheimdienst.
Der Bundesregierung liegt bereits seit Januar eine Liste mit etwa 80 Namen und Fallgeschichten vor – darunter die vieler Journalisten, Blogger und studentischen Aktivisten der »grünen Bewegung«. Doch die deutschen Stellen bemühten sich zunächst, die Liste der Kandidaten für eine Aufnahme auf höchstens 20 zusammenzustreichen. Selbst diese geringe Zahl will im zuständigen Innenministerium niemand bestätigen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr nahmen alleine die USA aus der Türkei 1169 iranische Flüchtlinge auf, Kanada 255, Australien 89 und Schweden immerhin 45.
Am 8. März schien kurzzeitig Bewegung in die Sache zu kommen. Vor der Bundespressekonferenz kündigte die Sprecherin des Bundesinnenministers an, Deutschland werde »eine Reihe von begründeten Einzelfällen« aufnehmen. Sieben Wochen später teilt das Ministerium auf Anfrage der ZEIT wortgleich mit, man habe »im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt entschieden, in einer Reihe von begründeten Einzelfällen Schutz suchende iranische Staatsangehörige aus dem Ausland, vor allem der Türkei, in Deutschland aufzunehmen.« Mit anderen Worten: Es ist in sieben Wochen nichts passiert.
Der Politologe Hajo Funke hat den Eindruck, dass das Innenministerium auf eine Strategie der Entmutigung setzt – gegenüber den Betroffenen und denjenigen, die sich für sie einsetzen. Es solle offenbar deutlich werden, »dass eine restriktive Praxis fortgeführt wird«. Weil man zu Zeiten des Schahs und später des Ajatollah Chomeini viele Iraner aufgenommen habe, hieß es im Ministerium. Jetzt seien erst mal andere Nationen dran. Und übrigens brauche man die Bereitschaft der Bundesländer zur Aufnahme der Flüchtlinge. Für Funke sind das alles schlechte Ausreden: Nicht nur handeln andere Nationen bereits viel aufgeschlossener – Norwegen etwa will 140 Iraner ins Land lassen. In Deutschland haben zudem drei Bundesländer – Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Berlin – signalisiert, insgesamt deutlich mehr als 20 Schutzsuchende aufnehmen zu können. »Bremst das Bundesinnenministerium allzu ›gutmenschliche‹ Länderinnenminister aus?«, fragt Funke.
Soll nur ja nicht der Eindruck entstehen, die schwarz-gelbe Regierung praktiziere eine großzügige Asylpolitik? Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz setzt sich nicht nur aus menschenrechtlichen Gründen für die iranischen Flüchtlinge ein. Für ihn steht die Glaubwürdigkeit der deutschen Iranpolitik auf dem Spiel. Es müsse den Richtern und Staatsanwälten in Iran, die sich an der Unterdrückung der Opposition beteiligt haben, deutlich gemacht werden, »dass wir ihre Schandurteile nicht hinnehmen«, sagt Polenz. Deutschland solle sich an der Lösung des Flüchtlingsproblems beteiligen, um Iran deutlich zu machen, dass man sich durch Teherans Atompläne nicht von den Menschenrechtsverletzungen ablenken lasse.
Im Fall von Flüchtlingen aus dem Irak hat die  Bundesrepublik seit 2008 fast 2500 unbürokratisch übersiedelt. Das hängt offenbar mit dem großen C der Regierungspartei zusammen. Zuerst sollten nur Christen Aufnahme finden, die im Irak besonders brutal verfolgt werden. Dann fiel auf, dass dies rechtlich – und moralisch – heikel war: Wie christlich ist es, nur Christen zu helfen? So kamen auch Iraker anderer Religionen in den Genuss der Einreiseerlaubnis.
Die Iraner können darauf nicht hoffen. Schon die geringe Zahl von 20 Flüchtlingen der »grünen Bewegung« löst heftige Abwehrreflexe aus. In der kommenden Woche könnte das richtig peinlich werden. Am 7. Mai nimmt in Hamburg der Iraner Maziar Bahari den Henri-Nannen-Preis in Empfang, den wichtigsten Preis des deutschen Journalismus – stellvertretend für seine iranischen Kollegen, wie es in der Begründung heißt, »die in ihrem Land schwersten Repressalien ausgesetzt sind«. Das ist eine schöne Geste gegenüber Bahari, der selber verhaftet worden war und erst nach vehementen Protesten nach London ausreisen durfte.
Dass Baharis Leidensgenossen – deren Artikeln, Videos, Blogs und Tweets die deutsche Öffentlichkeit ihr Wissen von der grünen Revolution verdankt – gleichzeitig von der deutschen Regierung im Stich gelassen werden, wäre eine bittere Pointe.

 

Die Schande der South-Park-Zensur

Die Huff Post berichtet, dass die Website der islamistischen Irren, die South Park bedroht haben, gehackt worden sei. Wer sie heute aufruft, findet die Bestätigung meiner These, dass es den „born again muslims“ vor allem um Publicity ging.

„We received an overwhelming amount of media response due to one sentence included in a post last week.“

Und insofern muss man sagen: Chapeau, die Herren! Mit minimalem Aufwand die maximale Klickzahl erreicht. Das war’s denn aber auch.
Oder?
Auf Southpark.de ist die 200. Folge nicht mehr zu sehen. Am Freitag war das noch möglich. Folge 201 – auch ziemlich genial, denn dort wird die „Bärenkostüm“-Episode aufgelöst: im Fell steckt der Weihnachtsmann, nicht Mohammed – ist ebenfalls nicht zu sehen. (Mit ist es gestern gelungen, auf englischsprachigen Seiten beide anzuschauen.) Es war auch zu lesen, dass iTunes die Folgen nicht vertreiben will. Apple ist ja schon bekannt für seine Hasenfüßigkeit und seine Zensurmentalität. Und von diesen Leuten sollen wir demnächst voller Vetrauen per Ipad und Apps unseren „Content“ beziehen? So nicht.
Ich finde das alles langsam verachtenswürdig. Kein einziger Muslim von Gewicht, keine angesehene Figur, keine Regierung eines islamischen Landes, kein Sprecher eines Verbandes hat irgendetwas gegen diese Folgen vorgebracht. Nur die drei, vier New Yorker Spinner (über die ich hier bereits geschrieben habe)!
Vielleicht muss ich das noch einmal klarstellen: Es geht hier nicht um „die Muslime“. Es geht um uns. Es ist die präventive Feigheit der westlichen Medienkonzerne, die aus einer Handvoll durchgeknallter „Revolution Muslims“ erst eine islamistische Bedrohung der Meinungsfreiheit macht.
Seit der Rushdie Affäre – und verstärkt durch den Streit um die Karikaturen – haben manche westlichen Medien eine peinliche Unterwürfigkeit internalisiert – gegenüber einer „islamischen Bedrohung“. Dieser Fall hier zeigt – ähnlich wie die Affäre um die Berliner Idomeneo-Aufführung im Jahr 2006, dass wir eine reale Bedrohungslage schon gar nicht mehr brauchen.
Rushdie hatte noch den leibhaftigen Ajatollah Khomeini gegen sich, und bei den Karikaturen waren es reale Massen aufgeputschter Muslime, die vor den Botschaften Flaggen verbrannten. Menschen starben.
Die Erziehung hat funktioniert. Jetzt brauchen wir gar keine ernst zu nehmenden Gefährder mehr, damit eine der populärsten Shows – ein Meilenstein der Popkultur – von den größten Medienkonzernen der Welt im Stich gelassen wird, die viele Jahre fürstlich an ihr verdient haben.
Wir fürchten uns vor unseren eigenen Phantomen schon so sehr, dass jeder dahergelaufene Idiot unsere Reflexe abrufen kann: „South Park von Islamisten bedroht“ – diese Headline wird dieser Tage weltweit kopiert, ohne dass jemand mal nachschlägt, um wen es sich eigentlich handelt.
Am Ende sind dann aus ein paar Verwirrten große Medienhelden geworden, die tatsächlich für etwas zu stehen scheinen.
Wir haben sie dazu gemacht.

 

Jetzt auch in Kanada: Burka (Nikab) verbieten?

Auch die französischsprachige Provinz Québec debattiert leidenschaftlich über ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Leben.

Letzte Woche hat Jean Charest, der Premier der Provinz, einen Gesetzesentwurf eingebracht, der das unbedeckte Gesicht zur Pflicht machen will. Merke: Dies ist kein Kopftuchverbot, sondern ein Nichtverhüllungsgebot. Ehrlich gesagt: Damit könnte ich mich anfreunden. Wenn, ja wenn es denn nötig wäre, ein solches Gesetz…

Aus dem Toronto Star:

Bill 94 effectively bars Muslim women from receiving or delivering public services while wearing a niqab.  According to the draft law, they would not be able to consult a doctor in a hospital, for example, or even attend classes in a university.  „Two words: Uncovered face,” Charest told reporters during a press conference in Quebec City. ”The principle is clear.” However, Charest reaffirmed the right to wear other religious symbols, such as crosses, skullcaps or headscarves, which was met by some as evidence of hypocrisy and discrimination…

Charest explained that the legislation, Bill 94, demands a face in plain view, for reasons of identification, security and communication. He further clarified that even public-service employees who do not interact with the public – the majority of the provincial bureaucracy – would also not be permitted to wear the niqab…

The legislation doesn’t stop at driver’s licence or health card offices. It encompasses nearly every public and para-public institution as well, including universities, school boards, hospitals, community health and daycare centres.

Kritiker sehen das freilich ganz anders und schäumen regelrecht:

How many times does it have to be said that gender equity is about giving women the right to make their own choices?  If a woman’s choice is to wear a niqab, BARRING her from wearing one by removing access to work, childcare, healthcare and education is the absolute opposite of gender equality.

I cannot say enough how disgusting and dishonest this is.  If this bill was motivated by a real concern for women made to wear the niqab against their will, wouldn’t it make more sense to partner with organisations for Muslim women and/or organisations for women fleeing abuse and violence?

Instead, this legislation is being championed primarily by white men and women who are not Muslim.

(Komisches Argument: Abolitionisten waren auch mehrheitlich weiß und männlich. Hätten sich die Schwarzen etwa komplett selber befreien sollen? Sollen die Frauen unter dem Nikab, die nicht freiwillig drunter stecken,  etwa alleine dagegen angehen? Und ja: ich weiß, dass das nicht dasselbe ist – Sklaverei und Totalverhüllung.)

Die Frage bleibt, ob man wirklich ein Gesetz braucht angesichts der wenigen Fälle. Es ist eine Tugend, keine unnötigen Gesetze zu machen für Konflikte, die niederschwellig gelöst werden können. Der Toronto Star schreibt in dem oben zitierten Artikel, „only 10 of more than 118,000 visits to the health board’s Montreal office in 2008-09 involved niqab-wearers asking for special dispensation“.

10 von 118.000 Fällen!

Eine Kommentatorin aus Québec hat denn auch das Gefühl, dass ein solches Gesetz hauptsächlich Identitätspolitik für die Mehrheit ist, nicht so sehr Minderheitenschutz, wie behauptet:

However, it is much more a reaction to a growing feeling of unease  in the Québec population with questions of national identity. We feel a strong need to define and assert who we are as a nation and a culture in order to stave off assimilation. To understand the Québécois, one must be aware that the Quiet Revolution – the period of unprecedented social development where we threw off the shackles of religious oppression – made us probably the most ardently secular state in North America. It happened just over 40 years ago. Before that, the Québecois were firmly under the heel of the Catholic Church. Protection of the French language, secularity of the society and the primacy of the equality between men and women are three subjects of great importance to most Québécois. Unfortunately, the debate around these subjects most often centers around immigrants, especially those whose religion dictates some forms of expression which go against the principles of secularity and equality between men and women.

 

Iran: Menschenrechte und Misswahlen

Ich rate allen Mitbloggern, gelegentlich auf „Iranian.com“ vorbeizuschauen (Motto: Nothing is sacred.) Man findet oft sehr interessante Kommentare, Reportagen, Mediensplitter des anderen Iran, der nicht mit dem Mullahstaat verwechselt werden will.

Hier berichtet die Journalistin Roxana Saberi Jon Stewart von ihrer Haft im Iran, wo sie letztes Jahr als „amerikanische Spionin“ festgenommen wurde. Ein bizarre Geschichte. Die schöne Frau Saberi stammt aus North Dakota, wo sie vor Jahren zur „Miss North Dakota“ gekürt worden war. Nicht zuletzt daher bekam ihr Fall besondere Aufmerksamkeit:

The Daily Show With Jon Stewart Mon – Thurs 11p / 10c
Roxana Saberi
www.thedailyshow.com
Daily Show Full Episodes Political Humor Tea Party

Auch auf Iranian fand ich die Nachricht, dass in Kanada gleich fünf iranischstämmige Damen in der engeren Wahl um die Miss World Canada stehen. Auf so etwas ist man beim Iranian stolz. Und zwar zu Recht.

Roxana Saberi ist entkommen, aber viele iranische Blogger und Journalisten sind nach dem Volksaufstand um die Wahlen noch in Haft. Hier gibt es eine Petition, die sich dafür einsetzt, dass sie frei kommen.

 

Dänische Zeitung entschuldigt sich „bei Muslimen“

Man weiß kaum, wo man anfangen soll, diesen Irrsinn zu kritisieren: „Politiken“, die dänische Tageszeitung, hat sich auf ein Settlement mit einem saudiarabischen Anwalt eingelassen, der über 90.000 „Nachfahren des Propheten“ vertritt. (Hier ein englischsprachiger Artikel der Zeitung dazu.)

In einem gemeinsamen Communiqué entschuldigt sich Politiken bei „anyone who was offended by the reprinting of the Cartoon Drawing.“

Jawohl: Reprinting! Politiken hatte die Karikaturen nicht in Auftrag gegeben und nicht zuerst gedruckt, sondern nur dokumentiert, nachdem die Konkurrenz von Jyllands Posten die ganze Sache gestartet hatte. Und dafür wälzt man sich nun im Staub! Der Chefredakteur Toger Seidenfaden ist sich nicht zu schade, auch noch mit dem Vertreter der Kläger zu posieren. Peinlicher geht’s nimmer.

Das ist die Selbstabdankung einer Zeitung. Schwer zu fassen, dass die Kollegen diese Geste mittragen.

Warum ist das so fatal?

Es ist offensichtlich verlogen: Man entschuldigt sich bei denen, deren Gefühle angeblich verletzt wurden und gibt damit dem reaktionärsten Element in der heutigen islamischen Öffentlichkeit Recht, eben jenen Akteuren, die die Karikaturen bereitwillig benutzt haben, um den antiwestlichen Hass aufzustacheln, der sich keineswegs spontan regte.

Zur Erinnerung: Eine ägyptische Zeitung hatte – schon im Oktober 2005! – Karikaturen nachgedruckt – zunächst ohne Folgen, bis Monate später die antidänische Welle endlich losbrach. Al Fager hatte die Karikaturen mitten im Ramadan veröffentlicht. Hier die Titelseite vom 17. Oktober 2005 (Quelle):

Kein Hahn krähte danach, bis die antidänische, antiwestliche Kampagne zu greifen begann.  Und nun stellt sich Herr Seidenfaden reumütig hin und gibt den „Nachfahren des Propheten“ Recht, dass man mit guten Gründen indigniert gewesen sei. Unfasslich.

Dann: Was reitet „Politiken“ die Kläger aus Saudiarabien als legitime Wortführer der Muslime und ihrer Gefühle zu behandeln? Ist Herrn Seidenfaden nicht klar, welch ein Schlag ins Gesicht aller vernünftigen Muslime das ist, wenn er einen Saudi-Anwalt mit zweifelhafter Agenda als Sprachrohr „des Islams“ anerkennt? Wieder unfasslich.

Und schließlich: Welche Meinung man auch immer von der Qualität und Wirkung der Karikaturen hat – das schändliche Arrangement von Politiken mit den Klägern ist ganz einfach Verrat an den Idealen der Meinungsfreiheit, für die alle anderen Medien stehen, die die Karikaturen veröffentlicht haben- wenn auch manche mit Bauchschmerzen wie diese Zeitung.

Politiken scheint tatsächlich zu glauben, sich aus der Affäre gewieselt zu haben: In der gemeinsamen Presseerklärung mit dem Anwalt heißt es: Both parties express their satisfaction with this amicable understanding and settlement, and express the hope that it may in some degree contribute to defusing the present tense situation.

Diese Hoffnung – wenn sie denn  echt ist und nicht einfach verlogenes Gewäsch –  wird sich schon bald als  trügerisch erweisen. Wer diesen Leuten nachgibt, erntet nur Verachtung. Und das auch noch zu Recht.

 

Blut fließt im Iran

Eine Montage der schlimmsten Szenen, die sich bei den jüngsten Aufständen an Aschura (am 27. Dezember) abgespielt haben. Nicht leicht zu vedauen, besonders ab 5.20:


Quelle