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Was frischer ist schwimmt noch!

Ein paar Kilometer südlich von Kapstadt befindet sich das malerische Hafenstädtchen Hout Bay.

Schon die Fahrt dorthin, vorbei an Llandudno, begeistert allein durch die Sicht auf riesige, von Wellen und Gischt rundgewaschene Felsen und die endlose Weite des Ozeans dahinter. In früheren Jahren habe ich dort schon Walfische gesehen. Die Landschaft und das wohl einzigartige Licht locken ganzjährig Heerscharen von Filmteams und Katalogfotografen hierher.

Der Hafen von Hout Bay hat einen Bereich für Besucher und Touristen. Dahinter ist der Industrie-Hafen, in dem Fisch zur gewerblichen Weiterverarbeitung angelandet wird. Von hier aus hat mich die Besatzung eines Fischerbootes zum Crayfish-Fang mitgenommen und ich durfte erleben, wie neun Mann an einem Tag mehr als eine halbe Tonne der Langusten aus den Reusen geholt haben. Für eine Landratte wie mich, der die Krustentiere nur aus der Styropor-Kiste kennt, war das eine großartige Erfahrung.

Die Fischkutter im Hafen von Hout Bay

Heute nun haben wir einen Yellowtail geholt, in unserer Sprache heißt der Fisch Bernsteinmakrele. Er schwimmt im Atlantik und biegt manchmal auch eben in den Indischen Ozean ab. Das geht hier unten ganz einfach, ist ja gerade um die Ecke. Sein Vorkommen ist nicht gefährdet, die Fischerei stört offenbar die Bestände nicht, somit kann er bedenkenlos konsumiert werden.

Yellowtail Prachtexemplar

Dieser hier ist vor wenigen Stunden noch geschwommen und riecht so frisch und rein wie eine gute Auster. In der Werkstatt hinter dem Verkaufsraum wird er von unglaublich flinken Frauen in Rekord-Zeit filetiert und verpackt. Als gelernter Metzger halte ich mich selbst für geübt im Umgang mit dem Messer und ich durfte im Laufe meiner Berufsjahre schon vielen Fischköchen bei ihrer Arbeit zusehen. Glaube also, von der Sache etwas zu verstehen. Doch hier stockt mir der Atem: Der ganze Fisch ist in weniger als drei Minuten zerlegt, zugeschnitten und verpackt. Wenige präzise Schnitte, wenige beinahe orchesterhaft studierte Handgriffe und auf einer Seite liegen Haut, Gräten und Abfall. Auf der anderen zwei akkurat geschnittene Filets. Ich bin baff und ziehe meinen Hut.

Sensationelle Zerlegung. Chapeau!

Den Fisch werden wir grillen, dazu gibt es Salat, angemacht mit Limettensaft, heimischem Olivenöl und schwarzem Pfeffer. In den Kaufhäusern hier am Kap findet sich eine beeindruckende Vielfalt an Salat und Gemüse, vieles davon ist biologisch angebaut. Fisch, Salat und eine gute Flasche Wein vom Kap. Ein Fest!

Selbstbewusstes Motto!

 

Von Scheune zu Scheune

Am 17. Und 18. März findet im Taubertäler Weindorf Tauberzell ein Genießer-Spaziergang statt. Mehr als 30 meist kleine Hersteller aus der Region präsentieren ihre Waren und laden zu Verkostungen ein. Aus dem SlowFood-Umfeld kommen dabei Rinderzüchter (Limpurger Weideochse), Käse- und Gemüseproduzenten, Brenner, Brauer, Bauern,Winzer, Bäcker, Safter, Imker, Metzger, Fischzüchter und viele mehr, die gute Produkte und Dienstleistungen mit regionalem Bezug feilbieten. Viele dieser Erzeuger sind langjährige Lieferanten der Tauberhasen, legen mehr Wert auf die Güte ihrer Waren als auf Marketing. Umso mehr freuen wir uns, diesen Menschen eine so schöne Bühne für ihren Auftritt verschaffen zu dürfen!

Während am 17.März abends in der Scheune des „Falken“ ein ganzes Menü aus heimischen Zutaten serviert wird, zeigen am nächsten Tag die Aussteller einen Querschnitt ihres Könnens, geben Auskunft zu ihren Produkten und gewähren Einblick in die Herstellung. Ein Shuttle bringt Besucher in die Steilhänge des Ortes, dort werden fachkundige Führungen angeboten, die den Zusammenhang zwischen der Erzeugung von guten Nahrungsmitteln und Landschaftspflege erläutern.

Also eine wunderbare Gelegenheit um die Welt der Tauberhasen kennenzulernen!

 

 

Milchmädchen-Rechnungen

1 kg Äpfel oder Birnen bei Anlieferung zur Versaftung 0,08 Euro
1 kg w.o. aus kontrolliertem Anbau (mit Nachweis) zur Versaftung 0,15 Euro
1 kg Getreide Sackware 0,26 Euro
1 kg Grillhaxen vom Schwein Vlies-Schnitt 1,39 Euro
1 kg Hähnchen TK 1,63 Euro
1 kg halbes Schwein (HKl E wie „Extra“) 1,99 Euro
1 kg Mangold 2,25 Euro
1 kg Äpfel 2,55 Euro
1 kg Schalotten 3,25 Euro
1 kg Rehwild in der Decke 4 Euro
1 kg Lachsforelle 7,95 Euro
1 kg Ochsenherz-Tomaten 8 Euro
1 kg Panko Paniermehl 8,11 Euro
1 kg industriell hergestellter Schokoriegel 8,60 Euro
1 kg Büffel-Mozzarella 12,75
1 kg Kräutersaitling (Zuchtpilze) 13,90
1 kg Presa Iberica de Bellota (Schwein aus Spanien) 25,90
1 kg industriell hergestellter Tete de Moine in Röschen 35,90
Alle Preise ohne MwSt.

Nun ein paar Milchmädchen-Rechnungen:
Wenn ich also 10 Kilogramm Äpfel aufsammle und zur Sammelstelle bringe, kann ich mir vom Erlös ein ganzes Vollkornbrötchen kaufen.
Oder:
Für fast sechs Kilo Schweinshaxe ist schon ein Kilo Tomate zu bekommen. Toll.
Jedoch:
Für ein Kilo Panko-Paniermehl braucht’s  schon mehr als 30 Kilo Getreide… das ist mühsam.
Wenn noch ein paar andere Milchmädchen mitrechnen, wird’s noch spannender:
Eine Handwerker-Meisterstunde entspricht 180 Kilo Getreide.
Ein Auto-Außenspiegel (grundiert) kostet dasselbe wie 225 Kilo Schweinehaxen (Vlies-Schnitt).
Alles richtig?

 

Schnell und einfach

Seit geraumer Zeit schaue ich mir neuartige Konzept-Restaurants an. Das Markt-Segment, das mich hierbei am meisten interessiert heißt „Fast Casual“.
Auf den ersten Blick gehören Restaurants dieser Kategorie in die Schublade „Systemgastronomie / Unterabteilung Fast Food“. Dort drinnen verschwindet schnell, was nicht von gut ausgebildeten Köchen und Restaurateuren, die natürlich Produkte aus der Region verarbeiten, betrieben wird. Und auf diese Schublade schaut dann meinereiner von schräg oben mit leicht gerümpfter Nase.
Erfahrene Gourmets haben nämlich feste Vorstellungen davon, was in der Küche richtig und was falsch ist. Es können bestenfalls Nuancen diskutiert werden, so vielleicht um die beste Apfelsorte (eine alte selbstverständlich!), zur Tarte Tatin zu finden. Falls möglich sollte diese Apfelsorte seit mindestens dem 19. Jhdt. in der Sologne nachweisbar sein, das würde sehr gut zur Geschichte der Tarte Tatin passen.
Doch manchmal beschleicht mich ein gewisser Selbstzweifel. Manchmal glaube ich, dass der kleine Bruchteil unserer Bevölkerung, der sich tatsächlich für Kochkunst interessiert, nur das letzte gallische Dorf auf einem Kontinent ist, dessen Bevölkerung bei der Nahrungsaufnahme ganz andere Interessen als die Sorte der Äpfel hat. Trotz der vielen Koch-Shows im Fernsehen und trotz der gesellschaftlichen Akzeptanz für Genuß sehe ich, dass die Zeit zum Kochen und zum Genießen ständig knapper wird.
Junge, urbane Menschen essen zunehmend fleischloser, diese Entwicklung ist nicht zu übersehen.

Während bei Empfängen und Buffets noch vor 20 Jahren die Gänseleber und der Hirschrücken keinesfalls fehlen durften, schießen heute Fast Casual – Konzepte wie Dean & David gleich Pilzen aus dem Boden, deren Speisenangebot ausschliesslich aus grünem Salat in Variationen besteht. Vapiano trifft den Nerv der Zeit und eilt von Umsatzrekord zu Umsatzrekord.
Der Alltag in den Haushalten lässt es auch in weitesten Teilen der Bevölkerung ganz einfach nicht mehr zu, dass dort noch so gekocht wird wie vor 30 oder vor 100 Jahren. Menschen ernähren sich im Jahre 2012 anders und sie kochen anders als das 1962 der Fall war.
Gleichzeitig ändern sich die Strukturen in der gastronomischen Landschaft. Während Systeme und Konzepte sich erfolgreich vervielfältigen lassen (was ja Sinn der Sache ist), gehen immer mehr kleine, familiengeführte Gasthäuser kaputt. Es lässt sich hier sicher über Ursache und Wirkung diskutieren. Und jeder einzelne Fall liegt anders. Die Tatsache jedoch ist durch Zahlen, Daten, Fakten belegbar. Neue Essgewohnheiten erfordern neue Restaurants!
Vielleicht könnte es sein, dass neuartige Bewirtungsformen regelrecht darwinistisch entstehen? Angepasst an veränderte Lebensumstände? Hängt nicht wirklich ein Großteil dessen, was wir unter klassischer, traditioneller Gastronomie verstehen, noch fest verwurzelt an Zeiten und Umständen, die lange vorbei sind?

Gut konzipierte Fast Casual – Restaurants arbeiten mit System, sie nutzen neueste Technologien wie RFID, sie arbeiten effizient und bieten dem Gast schnell und unkompliziert mit gutem Preis-/Genussverhältnis gesunde Speisen. Die Zutaten können gerne aus der Region kommen und die Speisen werden vor den Augen der Gäste zubereitet. Das System ist vereinheitlicht, Prozesse sind standardisiert, die Qualität der Speisen ist weitgehend gleich und erfüllt die Erwartungen. Die Interessen des Gastes stehen im Mittelpunkt und es wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Branche immer weniger gut ausgebildetes Personal zur Verfügung steht. Die Speisen können mithilfe ausgeklügelter Rezepturen unter hygienischen Bedingungen nach zertifizierten Standards in aller Ruhe vorgefertigt werden, falls notwendig tiefgekühlt oder vakuumiert oder ggf. auch tiefgekühlt und vakuumiert in die Restaurants transportiert werden.
Die Standardisierung erlaubt einfache und mißverständnisfreie Zubereitung vor Ort. Auf diesem Weg könnten sogar Gerichte ihren Weg zurück auf den Tisch finden, die aufgrund aufwendiger und zeitintensiver Vorbereitung schon aus dem Angebot verschwunden sind.

Anspruchsvolle Top-Gastronomie wird so nicht machbar sein. Doch für die einfache Mahlzeit zwischendurch wird wohl Fast Casual ein wesentlicher Bestandteil des Angebots werden.

 

Canard à la mode

ist kein klassisches Gericht. Noch nicht. Das Zeug dazu hat diese Zubereitung jedoch.

Das geht so:

Die Ente wird in rohem Zustand entbeint und in einen Siegelrand-Beutel gegeben. Aus diesem wird die Luft evakuiert, die Öffnung wird verschweißt. Nach Belieben können vorher Gewürze wie Sternanis, Zimt oder auch andere Zutaten wie Orangenscheiben oder Ingwerstücke zugegeben werden. Die beste Methode um die Luft aus dem Beutel zu bekommen ist ein Kammer-Vakuumiergerät, es funktionieren aber auch einfachere sog. Schnorchel-Vakuumiergeräte.

Bei 61°C wird die ausgelöste, vakuumierte Ente für 5h gegart, gleich ob in Wasser oder in Dampf. Danach kann sie sofort weiterverarbeitet werden oder nach Belieben auch abkühlen, zu einer späteren Verwendung.

Fertig gestellt wird das Gericht im Backofen auf Stufe „Grillen“. Nach 10 bis 15 min ist die Haut gleichmäüßig braun und knusprig. Aus den Knochen und Abschnitten (vom auslösen übrig) kann konventionell eine kräftige dunkle Soße mit Röststoffen gekocht werden. Eine moderne, relativ schnell herzustellende Interpretation dieser Soße könnte so aussehen: Aus den Knochen und Abschnitten wird eine einfache extraktreiche Brühe gekocht. Blaukraut wird entsaftet (im Entsafter); der Blaukrautsaft und der Entenextrakt werden zusammen zur Soße eingedickt (Kartoffelstärke, Pfeilwurzelmehl oder andere Texturgeber). Dazu passen gut Grießnocken oder Kartoffelküchle.

 

Es ist nun wirklich an der Zeit, sich mit solch neuartigen Kochmethoden auseinanderzusetzen. Jedem mag selbst überlassen bleiben, ob er sich für aufgeschlossen genug hält solche Zubereitungen auszuprobieren. Für mich ist diese Art von Küche gleichzeitig Mode und Stand der Technik. Sich diesem komplett zu verweigern und solche Gerichte als „Molekularkram“ abzutun ist kein Nonkonformismus sondern eher Ignoranz.

 

Die neuartige Methode hat gleichzeitig mehrere Vorteile: Die Ente bleibt sehr saftig, weil der Garvorgang so schonend ist. Die Gradgenaue Garung ermöglicht es, dass die Ente zart und saftig, dabei sogar noch ein wenig rosa, dennoch mit knuspriger Haut aus dem Ofen kommt. Zum Grillen können die einzelnen Stücke sämtlich mit der Haut nach oben auf das Blech gelegt werden; so kann jedes Teil knusprig werden, es gibt keine aufgeweichten und blassen Stellen. Anrichten und servieren geht zügig, das Tier ist ja schon zerteilt.

 

Die „Canard à la mode“ wird auf der Liste modernisierter und damit auch verbesserter Gerichte nicht dauerhaft alleine bleiben. Eine Zubereitung in mehrere Arbeitsschritte aufteilen zu können birgt eine ganze Menge an Möglichkeiten, die zukünftig auch im Lebensmittel-Handel Einzug halten werden: Der Metzger kann sein Fleisch konfektionieren, innovative Hersteller können gerade bei Zubereitungsarten wie schmoren und kochen bereits den zeitintensiven Teil der Herstellung übernehmen.

Machen wir uns nichts vor: Auch wenn es sich in diesem Fall um ein Fertig- oder Halbfertigprodukt handelt, so wäre dies dennoch eine Chance für manchen Ochsenschwanz (und ähnliche Produkte die in der Haushaltsküche von der Bildfläche verschwunden sind), den Weg zurück auf unsere Teller zu finden. Fast immer sind Methoden und/oder Geräte aus der Profiküche früher oder später auch in den Haushalten aufgetaucht. Mit Garung unter Vakuum (SousVide) wird es sich ebenso verhalten, die Vorteile sind einfach unübersehbar. Verbreitet, um gradgenau zu garen, sind in den Restaurants Geräte von Julabo und Roner , Lösungen für den Hausgebrauch gibt es mittlerweile auch.

 

 

 

Grillen im Winter

2011 war wirklich kein einfacher Jahrgang. Die jungen Triebe hatten in der Nacht des 4. Mai keine Chance gegen den erbarmungslosen Spätfrost und schon früh im Jahr fuhr die ganze Hoffnung dahin. Ein grandioser Herbst hat dann doch dafür gesorgt, dass wenig, aber beachtliche Qualitäten gelesen wurden; teilweise gestaffelt und auf mehrere Male. Diese Achterbahn-Fahrt aus enttäuschten Hoffnungen einerseits und einem Bilderbuch-Herbst andererseits ist nun zu Ende; der Wein liegt im Keller.

Als ob der Weinberg ein Wesen wäre, so ruht er nach geschafftem Werk in mystischer Stimmung. Diese friedliche, kontemplative, unwillkürlich den Puls senkende Umgebung will genossen sein. Und weil es bekanntlich kein falsches Wetter sondern nur falsche Kleidung gibt, war das trockene Wetter gut genug um zum Saison-Abschluss auf der Terrasse der Tauberhasen Ausheck-Hütte zu grillen. Bratwürste, Steaks und Ofenkartoffeln, dazu gab es Glühwein und Traubensaft-Punsch. Die Kinder konnten sich geschlagene fünf Stunden lang mit einem Feuer beschäftigen, das etwas abseits auf einem kleinen Hügel entfacht wurde. Laub verbrennen und Botzemockel ins Feuer schmeißen, Haselruten schnitzen und Stockbrot rösten waren genug Unterhaltung und Freude, sodaß sechs Kinder einen Tag ohne Marken-Spielzeug und Elektronik verbracht haben und abends müde und glücklich in ihre Betten gefallen sind.

Stockbrot macht man so:

1 kg Mehl, 1 Würfel Hefe, 100g zerlassene Butter und 500ml Wasser mischen, leicht salzen. Den Teig mit einem Tuch abgedeckt bei Zimmertemperatur oder leicht darüber für zwei Stunden gehen lassen.

Haselruten oder Stöcke von anderen Sträuchern ca 1,20m lang abschneiden und den Teig um die Spitze herum andrücken, ca 1cm dick. Langsam rösten.

 

Limpurger Ochse II

Da war er nun, der ganze Ochse: Von der Weide geholt, geschlachtet, in seine Teile zerlegt und für einige Zeit am Knochen gereift. So, wie es die Statuten der Züchtervereinigung Limpurger Ochse vorschreiben. Die Stücke zum Schmoren habe ich zum vermeintlich besten Reifezeitpunkt vakuumiert und eingefroren, die Rückenteile so behandelt, wie mein Lehrmeister Paul Mertschuweit mir das beigebracht hat. Und das war damals schon altmodisch:

Das Fett der Nierenstöcke wurde unmittelbar nach der Schlachtung geschrotet und ausgelassen. Dieser Talg wurde erwärmt und die vorgekühlten Fleischstücke wachsartig damit versiegelt. So entsteht kein völliger Luftabschluss, das Fleisch ist dennoch geschützt. Der Reifevorgang findet dann in einem etwas weniger sauren Milieu statt als dies im Vakuumbeutel geschieht. Es ist bei dieser traditionellen Methode unbedingt notwendig, bei Schlachtung, Zerlegung und Lagerung penibel sauber zu arbeiten. Die für eine gute Reifung optimale Temperatur befindet sich in einem Bereich, den Mikroorganismen lieben und die Vermehrung pathogener Keime ist doch zu vermeiden. Es ist ein Irrglaube, dass alleine die Dauer des Abhängens für die Zartheit ausschlaggebend sei. Notwendig ist neben der Zeit auch eine nicht allzu niedrige Temperatur. Hier kann es, soviel sei zugegeben, zu Konflikten mit Hygiene-Vorschriften kommen. Denn damit das Fleisch mürbe wird, müssen fleischeigene Enzyme tätig sein. Diese für die erwünschte Textur verantwortlichen Kollagenasen arbeiten aber leider nicht, wenn es ihnen zu kalt ist. Ihre Aktivität steigt nach der van-t´hoff´schen Regel exponential. Fleisch von sehr jung geschlachteten Tieren benötigt bei weitem keine so lange Reifezeit, denn der Anteil an Bindegewebe ist hier wesentlich geringer. Und wo wenig Bindegewebe vorhanden ist, muss auch wenig gereift werden. Auch dies ist einer der Gründe, weswegen viele Tiere so jung geschlachtet werden. Mit 38 Monaten wurde „Wolfi“ allerdings mehr als doppelt so alt wie konventionell gezüchtete Rindviecher und somit kommt der richtigen Reifung größte Bedeutung zu.

Roastbeef und Filet wurden beim Tauberhasen Hofschoppenfest und in meinen Restaurants serviert, Geschmack und Zartheit der rosa gebratenen Edelteile waren umwerfend gut. Es hat sich gezeigt, dass die Kombination aus Fleisch von adulten Tieren und gutem Metzgerhandwerk zu sehr guten Ergebnissen führen kann. Ein weiterer wichtiger Baustein zu excellenter Fleischqualität ist die richtige Fütterung. Der Zuchtleiter der Limpurger Ochsen, Dieter Kraft, kümmert sich mit Bienenfleiß um Interaktion zwischen Metzgern, Erzeugern, Verbrauchern, Köchen und externen Fachleuten. So bin ich sicher, dass nach und nach der Limpurger Ochse mit seinem enormen Potential die kulinarische Landschaft immer weiter bereichern wird. Ein erstrebenswertes Ziel ist es, die Vorteile mittlerweile ausgestorbener Strukturen in der Fleischerzeugung wiederzubeleben. Vielleicht ist das ein bisserl sehr idealistisch gedacht, aber den Versuch ist es allemal wert.

 

It´s Showtime!

Regionalität ist das Gebot der Stunde. Die gastronomische Elite ist sich einig, dass Vereinfachung und Reduzierung auf das tatsächlich Notwendige ebenso bestimmend für neue Kreationen sind wie das deutliche Bekenntnis zu Erzeugnissen aus der näheren Umgebung. Neuartige Zubereitungsmethoden über die mancher vor kurzer Zeit noch müde gelächelt hat, sind etabliert und die Diskussionen über Lebensmittel-Zusatzstoffe werden sachlicher geführt. Das ist gut.

Es schließt sich ein Kreis: Spitzenköche legen auf die Herkunft der Grundprodukte genau so viel Wert wie grüne Fundis. Quer durch fast alle Gesellschaftsschichten erwächst der Wille darauf zu achten, wo und auch unter welchen Bedingen Nahrung erzeugt wird. Die neuen Luxusprodukte finden sich vor der Haustüre. Diese Entwicklung ist fortschrittlich, sie verlangt von den Köchen, sich mit Bekanntem auseinanderzusetzen und Vertrautes neu zu interpretieren.

Es dauert gar nicht lange, bis dazu die passenden Schlagworte installiert sind, um diesen Trend populär zu machen:

Nachhaltigkeit,  Öko-Bilanz und vor allem: Regionalität.

Und es dauert auch gar nicht lange, bis die ersten Bluffer in eben denselben Zug einsteigen. Plötzlich kann es gar nicht mehr „nachhaltig“ genug zugehen: da steht auf dem Markt der „Fischwagen aus Bremerhaven“, darin ein Mann im blau-weißen Fischerhemd, natürlich mit Prinz Heinrich-Mütze. Und was hat er in der Theke? Pangasius, Wolfsbarsch aus griechischer Zucht und Surimi. Vor einigen Wochen habe ich Ziegen-Camembert aus heimischer Produktion gekauft, hergestellt von Aussteigern auf einem Bauernhof, von denen keiner eine fundierte Ausbildung gemacht hat, aber alle waren irgendwie voll öko, incl Dreadlocks und leicht konisch geformten Selbstgedrehten. Der Käse war im Papier von schwarzem, stucksigem Schimmel befallen. Ein großer Erzeuger hätte mit so einem verhunzten Produkt seine Schlagzeilen sicher.

Ich habe mich über Lammfleisch aus heimischer Produktion geärgert das zäh war, aber „halt von hier“. Der Erzeuger ist kein Fachmann. Dasselbe ist mir unlängst mit Roastbeef aus einer „Angus-Manufaktur“ passiert, ich habe von Gästen Reklamationen für die Ware kassiert. Und ein Metzger der mir zur Zerlegung und Reifung eines Limpurger Ochsen empfohlen war, hat nach Übersendung meiner gut ausgearbeiteten Zerlege-Anweisung umgehend einen Vortrag gehalten, ob ich denn überhaupt wüsste, wie viel Arbeit das sei. Obgleich Bezahlung nach Aufwand vereinbart war, hätte er für „so einen Scheiß“ keine Zeit. Bei SlowFood lässt er sich aber gerne für sein Engagement mitfeiern.

Ja klar, ich weiß wie viel Arbeit das ist. Aus einem vermeintlich gewöhnlichen Produkt etwas Besonderes zu machen funktioniert nur, wenn man sich wirklich anstrengt. Es ist reicht nicht, seine Hinterhof-Klitsche „Manufaktur“ zu nennen und die Preise zu erhöhen, bloß weil das Grundprodukt irgendwie regional ist. Und für diejenigen, die jetzt ihre Chance wittern: Seine Garage „Kontor“ zu nennen, von Ahnungslosigkeit beseelt Handel zu treiben mit der Absicht, durch anderer Leute Arbeit Geld zu verdienen, wird dauerhaft auch nicht erfolgreich sein. Es ist nicht genug, bei der Fleischerzeugung auf klangvolle Rasse-Namen zu setzen, wenn das fachliche Rüstzeug für Zucht und Mast nicht vorhanden ist. In alles, was sich nicht dagegen wehrt Bärlauch und/oder Chili hineinschütten – ich kann es wirklich nicht mehr sehen. Landhaus-Mode, Strohhüte von Manufactum und Landadel-Attitüde ersetzen nicht fundierte Ausbildung und dauernde Auseinandersetzung mit dem eigenen Fach. Öko-Chic substituiert nicht Qualifikation.

Im Restaurant ist es einfach, da soll es der Koch richten. Der soll gefälligst wissen, wo das Zeug herkommt und wie es gemacht wird und selbstverständlich den Vornamen des Ochsen kennen, der gerade auf dem Grill liegt.

Doch wie sieht es bei den Erzeugern aus? Wie viele Metzger haben ihre Hausaufgaben gemacht und wissen auf Anhieb, was genau bei der Fleischreifung passiert? Wie viele Direktvermarkter und Kleinerzeuger machen sich die Mühe, dieselbe Fachkompetenz über ihr Produkt zu erlangen wie ein Winzer, der in Geisenheim studiert hat?

Es ist schnell über die Lebensmittelproduktion in großem Maßstab geschimpft und wenn das Wort „Mogelpackung“ fällt, ist immer gleich die Industrie gemeint. Die Kleinen dürfen keinesfalls kritisiert werden, weil sie es bestimmt gut meinen. Und wenn sie nur so tun.

Wer schaut denn der unausgebildeten Dame auf die Finger, die mir unlängst auf einer „Genuss-Messe“ eine Trüffel-Salami verkaufen wollte, die vor Trüffel-Öl geradezu getrieft hat. Die selbst auf Nachfrage dabei blieb, es handle sich hier um echten schwarzen Trüffel. Bei der zweiten Nachfrage unter vier Augen hat sie sich darauf berufen, die Info so von ihrem Chef bekommen zu haben. Einen Unterschied zwischen Trüffel und Trüffel-Öl kenne sie nicht.

Bestimmt gibt es jede Menge eifriger, fleißiger kleiner Erzeuger, Händler und Handwerker. Die sind hier ausdrücklich nicht gemeint. Aber es gibt auch jede Menge Blender, und denen ist Einhalt zu gebieten. Die können Zungenbrecher wie „Authentizität“ flüssiger aussprechen als einfache Worte wie „Umsatzsteuer-Erklärung“. Denen reicht es, dass ihr Produkt zumindest irgendwie handwerklich daherkommt. Die surfen ind er Bugwelle von denen, die sich Mühe machen, einfach mit. Möglicherweise kann man das nicht verhindern, aber man kann wachsam bleiben.

Ich hab nichts gegen ein bisschen Show, denn klappern gehört zum Handwerk. Doch die Grenze zwischen gelungener Show und Täuschung, die soll klar gezogen sein.

 

Und sie schmeckt doch

Der Aubergine wird nachgesagt, dass sie nur taugt um sich mit Öl vollzusaugen und ansonsten ein langweiliges und nichtssagendes Lebensmittel sei. Das stimmt nicht. Es kommt – wie so oft – darauf an, was man daraus macht.

In Istanbul war ich auf der Suche nach neuen und alten Gerichten, weil mich die Küche am meisten dort interessiert, wo Kontinente sich treffen und Kulturen sich vermählen. Ursprüngliches trifft auf neu Geschaffenes, Tradition vereint sich mit Fortschritt, Lebensfreude und Spannung liegen in der Luft.

Bei einem Workshop wurde gezeigt, wie man aus einer Aubergine mit einfachsten Mitteln ein wohlschmeckendes Mus macht, auf diese Weise in der Türkei bekannt seit Jahrhunderten.

Die Schale der Aubergine wird mit einem kleinen Messer oder Piekser mehrfach eingestochen, sodass beim erhitzen gleichmässig Dampf entweichen kann. Anders würde die Schale wohl reißen.
Dann werden die Auberginen auf eine offene Gasflamme gelegt und getrost solange liegengelassen, bis sie vollends gar sind. Dabei ist es notwendig, sie mehrfach zu wenden, so dass die Hitze die ganze Frucht garen kann. Die dicke Schale wirkt dabei wie Backpapier. Anstelle der offenen Gasflamme funktioniert auch ein Holzkohle-Grill.

Nun das etwas angekokelte Trumm am Strunk in die Höhe halten und die Haut in Streifen abziehen, das Fruchtfleisch in Limonenwasser einlegen. 5 min darin liegen lassen. Der Saft der Limonen verhindert eine Braunfärbung und gibt ein herrlich fruchtig-frisches Aroma zum Auberginen-Eigengeschmack, der schwarzem Tee nicht unähnlich ist.

Das Fruchtfleisch, ohne den Strunk, mit wenig fruchtigem Olivenöl und Knoblauch nach Belieben pürieren, am besten in einer Küchenmaschine.
Dieses Auberginen-Mus eignet sich ganz hervorragend zur Kombination mit jeder Art von Fleisch und Fisch. Der Geschmack der gegrillten Frucht ist für meinen Gaumen ein wenig fremd, aber anmutig und archaisch zugleich. Orientalisch halt. Die kleineren, im Freien gewachsenen Auberginen schmecken intensiver als die großen Exemplare aus dem Gewächshaus.

Wenn denn zum Garen der Aubergine schon offenes Feuer im Spiel ist, kann dieses auch gleich zum Grillen von Köfte benutzt werden, die zusammen mit dem Auberginen-Mus für eine Prise Orient in deutschen Landen sorgen: Hackfleichbällchen aus Rind oder Lamm, gewürzt mit Kreuzkümmel, Oregano, Paprika und ein wenig Zimt.