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Handwerkzeug

Monatelang hab ich mir hin und her überlegt, wie ich mein Werkzeug am besten aufbewahren kann.

Soundso oft brauche ich meine Messer, die Pinzetten und Zangen, um auch fernab vom heimischen Herd zu kochen. Ich habe mir Prospekte schicken lassen, habe in Internet-Shops gestöbert, meinen Schreiner genervt ob er mir einen Einsatz für einen Koffer anfertigen kann. Natürlich gibt es für solche Fälle Lösungen, ich bin ja nicht der Erste, der sein Geraffel etwas organisierter aufbewahren möchte: Es gibt Koffer mit Magnetschienen, der Zubehör-Handel für Fotografen arbeitet mit Schaumstoff-Einlagen, die sogar maßgefertigt werden können. Aber so richtig zugesagt hat mir keine der angebotenen Lösungen. Also bin ich in den Army-Shop gefahren und habe mir erstmal eine stabile Aluminiumkiste besorgt, in die ich mein Werkzeug dann in seinen Original-Schachteln gelegt habe.

Die Ultima Ratio war das zwar irgendwie auch nicht, aber ich konnte so wenigstens sicherstellen, dass ich nun alles wichtige Werkzeug auf einmal dabei hatte, wenn ich ausgerückt bin. Dennoch: Beim Abwägen der möglichen Vor- und Nachteile von unterschiedlichen Lösungen hatte ich mich bereits so in die Details und Optionen verrannt, dass ich gar keinen Sinn mehr für einfache und gute Lösungen hatte.

Bis ich dann in einem Katalog eine unauffällige Werkzeugrolle entdeckte. So eine, wie sie schon mein Opa hatte. Die wurde fix bestellt. Mit einer ordentlichen Portion Wachs habe ich das Leder tüchtig eingerieben, es fühlt sich jetzt ganz wunderbar weich und geschmeidig an. Sogleich bestückt und nach Gebrauch locker aufgerollt, verschlossen mit einem umgewickelten Riemen, ist dies eine einfache, doch fachgerechte und vor allem zweckmäßige Methode zu Aufbewahrung und Transport der wertvollen und empfindlichen Schneidwerkzeuge.

Weil die Werkzeugrolle doch schmäler ist, als meine großen Messer lang sind, habe ich mir nochmal eine entsprechend große Version aus Kalbs- und Schweineleder von einem südafrikanischen Freund anfertigen lassen. Dessen Vater hat sein Handwerk in den fünfziger Jahren in Offenbach gelernt und ist in den Siebzigern nach Afrika ausgewandert, hat dort eine Manufaktur gegründet. Heute werden bei Cape Cobra in allerbester, handwerklicher Tradition edle und hochwertige Handtaschen und andere Lederwaren gefertigt, im Auftrag für Luxusmarken und für den Verkauf in eigenen Ladengeschäften. In der Hauptsache also eigentlich eher ein Sortiment für Damen. Meine neue Werkzeugrolle ist zwar keine Handtasche, doch sie ist so schön geworden und ich habe soviel Freude daran, dass ich nun meine Frau etwas besser verstehe.

 

Das geht mir auf den Cantuccio

© Screenshot from NASA World Wind/Wikimedia Commons

Ich kann das Wort mediterran nicht ausstehen. Es begegnet mir an jedem Tag. Beim Metzger, der mit einer Fertig-Marinade seine Schnitzel einlegt. Die Fleischfachverkäuferin vergisst dann auch noch ein „r“ auf dem Täfelchen. Peinlich. Von dem unsäglichen Pizza-Fleischkäse, den ich neulich in einer heißen Theke gesehen habe, will ich gar nicht erst anfangen.
Mediterran ist die Vokabel für alle, die veräppelt werden wollen, die sich was vorgaukeln lassen möchten. Die ausblenden, dass das Mittelmeer eine afrikanische Küste hat. Es wird mediterran gesagt und es wird dabei die Toskana gemeint. Sonst gar nichts. Kein Maghreb, keine Levante, nicht mal Spanien ist gemeint.
Das ist Ignoranz gegenüber Völkern und Ländern. Niemand muss Harrissa, Falafel, Raz el Hanout mögen. Keiner wird gezwungen, Tahina und Baba Ghanoush zu kennen. Aschkenasische Küche oder Meze hat eh keiner im Sinn, der das M-Wort benutzt.
Von den Außengrenzen der EU ist es nicht weit bis zur anderen Seite. Und ich finde es, gerade bei der augenblicklichen Nachrichtenlage, nicht besonders stilsicher, immer von mediterraner Küche zu reden wenn es doch nur darum geht, beliebige Speisen mit Olivenöl, Knoblauch und Rosmarin zu pimpen.

 

Köstliches Kino


© Victor van der Saar

Essen und Trinken sind Ausdruck individueller Lebensgewohnheiten, und so ist es gar kein Wunder, dass ungezählte Spielfilme und Dokumentarfilmproduktionen sich damit befassen. Die Liason zwischen Food und Film ist allerdings oft recht einseitig, denn nur äußerst selten durfte ich erleben, dass zu guten Filmen auch entsprechend gut gegessen und getrunken wurde. Oft genug wird auf der Leinwand großes Kino gegeben und dazu gereicht wird Popcorn, fiese Nachos oder Tacos aus industrieller Produktion. Das passt nicht zusammen.

Mir bekannte Ausnahmen dieser Unsitte sind das Scheunen-Kino von meinem Freund Stefan Rottner in Nürnberg, eine legendäre, unvergessene Einladung zu „Babettes Fest“ bei Muffel und eben die Berlinale. Berlinale und gutes Essen gehören seit Jahren zusammen. Dieter Kosslick, der Direktor, ist ein ausgewiesener Foodie. Das von ihm initiierte „Kulinarische Kino“ gibt es nun im 5. Jahr, dieses Mal mit dem Motto: „Give Food a Chance“.

Am vergangenen Donnerstag feierte das Filmfestival seine 61. Premiere und schon wie in den 7 Jahren zuvor waren es die Jeunes Restaurateurs d´Europe, Sektion Deutschland, die für das Catering der Eröffnungsfeier verantwortlich waren. Dieter Kosslick hat recht konkrete Vorstellungen für die Auswahl der verwendeten Grund-Produkte und deren Zubereitungen. So wird für das internationale Publikum ein hoher Anteil an vegetarischen Gerichten angeboten, viele Lebensmittel stammen aus heimischer Produktion, etliche Passagiere der Arche des Geschmacks befinden sich darunter. Die 5 Etagen und zwei Untergeschosse des Berlinale-Palastes sind mit jeweils einer JRE-Mannschaft besetzt, die nach Ende des Premierenfilms innerhalb kürzester Zeit rund 2000 Gäste zu versorgen haben. Natürlich ist das eine Herausforderung, unter solch beengten Platzverhältnissen und dann auch noch möglichst schnell so viele Gäste mit qualitativ hochwertigem Essen zu beglücken, doch wir haben sie auch in diesem Jahr gut bestanden. Dies auch dank der hervorragenden Koordination aller Aktivitäten durch Martin Scharff, unseren JRE-Zampano.

Für die Mitarbeiter der Villa Mittermeier und auch für mich ist es in jedem Jahr bewegend und schön, bei dieser großartigen Veranstaltung dabei sein zu dürfen. Der Berlinale-Palast ist die prestigereichste Spielstätte des Filmfestivals, denn hier haben alle Filme des Wettbewerbs ihre feierliche Premiere. Am Donnerstag zur Eröffnung hatte „True Grit“, der neue Film der Coen-Brüder mit Jeff Bridges seinen Einstand. Bevor der Film lief, las Jury-Präsidentin Isabella Rossellini eine Botschaft des inhaftierten iranischen Jury-Mitglieds Jafar Panahi vor:
Ihm sei für 20 Jahre der Blick auf die Welt entzogen worden, schrieb Panahi an das Filmfestival, das aus Solidarität einen leeren Stuhl mit seinem Namen auf die Bühne stellte. „Aber ich hoffe, nach meiner Freilassung eine Welt ohne geografische, ethnische und ideologische Grenzen zu bereisen. Eine Welt, in der die Menschen ungeachtet ihres Glaubens und ihrer Überzeugungen in Frieden miteinander leben.“

Wenn die Berlinale mit ihren durchaus politischen Botschaften, die sie verbreitet, dazu beitragen kann, dann freue ich mich darauf, aus der Provinz noch möglichst oft dorthin nach Berlin zu fahren, Dieter Kosslick und seine Mannschaft zu unterstützen und den Spirit einer Veranstaltung von Weltrang zu erleben. In einer Stadt übrigens, die jedes Jahr ein Stück mehr zur selbstbewussten europäischen Metropole wird.

 

Sous-Vide

Kalbsbäckle, Sous-Vide gegart und mit Aromaten gebraten

Garung unter Luftabschluss (frz. sous vide), in einem Wasserbad, hat nun endgültig den Weg aus der Profiküche in die Haushalte angetreten. Die Methode als solche ist keine völlig neue Erfindung. Schon lange wird in Restaurants damit experimentiert. Die Gebrüder Troisgros waren wohl die ersten, die Gänseleber schonend im Vakuumbeutel erhitzt haben, das war Anfang der 70er Jahre und die Ergebnisse waren hervorragend gut. Über Frankreich und Spanien gelangte dieses Verfahren in unsere Lande und natürlich, wie kann es anders sein, wurde und wird Sous-Vide-Garung von unverständigen Menschen als Kokolores belächelt, den man früher schließlich auch nicht gebraucht hat. Eine solche Haltung ist nicht sehr durchdacht. Lässt sie doch die unübersehbaren Vorteile außer Acht:

  • Es ist eine gradgenaue Garung möglich. Die exakte Einhaltung von Gartemperaturen ist essentiell für optimale Produktqualität.
  • Es ist möglich, einen völlig gleichmäßigen, exakten Garverlauf durch das gesamte Produkt hindurch zu erzielen. So wird erreicht, dass an jeder Stelle des Gargutes der Gargradient gleichmäßig verläuft. Damit ist sichergestellt, dass Textur, Aromatik und Struktur des Gargutes homogen sind, ohne Zwischenzustände.
  • Der gesamte Garvorgang geht wesentlich schonender vonstatten, als das in Topf oder Pfanne möglich wäre. Dadurch bleibt Fisch oder Fleisch grundsätzlich saftiger, es wird zarter und wohlschmeckender, Garverluste werden auf Bruchteile minimiert.

Neben den aufgezählten Punkten gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Vorteile, mit denen sich Bücher vollschreiben ließen. Nicht jedes Gericht muss nun vorher in ein Beutelchen geschweißt werden und wie an anderer Stelle oft genug betont soll sich niemand genötigt fühlen, jetzt jeden Brocken Fleisch nur noch im Wasserbad zu thermalisieren. Doch gibt es heute für jeden, der sich damit beschäftigen möchte ausreichend Gerätschaft und auch Literatur, um Garprozesse zu optimieren. Sous-Vide-Garung gehört in den Werkzeug-Kasten einer modernen, aufgeklärten Küche, in der sich der Koch mit seinen Produkten beschäftigt und auseinandersetzt. Natürlich erfordert das die Bereitschaft zu lernen und zu verstehen.
Zu meiner Lehrzeit, die war Mitte der achtziger Jahre, hat kein Mensch hinterfragt, warum Dinge so sind, wie sie sind. 3 Eigelb, ein ausgelassenes Päckchen Butter und eine kleine Schöpfkelle Weißwein-Reduktion haben bei Befolgung der vorgeschriebenen Vorgehensweise eine Sauce Hollandaise ergeben. Meistens jedenfalls, wenn sie nicht dem unerfahrenen Lehrling geronnen ist. Wir wussten uns aber auch tatsächlich dann zu helfen, wenn das wirklich mal daneben gegangen ist. Es wird mit einem Eigelb in einem Wasserbad nochmal ganz langsam und vorsichtig von vorne begonnen, dann wird die geronnene Sauce Hollandaise zugegeben und alles wird wieder gut. Aber keiner von uns hat je verstanden, auch nicht danach gefragt, warum das eigentlich so ist.
Ich habe in einer Zeit gelernt, in der in der Küche Regeln zu befolgen waren, deren Sinn ich nicht unbedingt verstehen musste.

Heute stehen wir an der Schwelle zu einer Küche 2.0. Wir sind eingeladen zu verstehen, was passiert. Wir können heute dank verbesserter Methoden Fleisch so braten, dass uns vor 20 Jahren unsere Gäste für solche Qualitäten auf den Schultern durchs Lokal getragen hätten. Natürlich gab es auch vor 20 Jahren korrekt gebratene Steaks, das soll nicht in Abrede gestellt werden. Aber heute ermöglichen uns neuartige Geräte, verfügbares Wissen und moderne Methoden in großer Regelmäßigkeit und reproduzierbar perfekte Ergebnisse zu erzielen. Wir dürfen neugierig sein, Vorgänge erforschen und – wenn wir sie verstanden haben – eingreifen und verändern, Altes verbessern oder gar Neues erschaffen. Dafür bin ich sehr dankbar und möchte dazu ermuntern, diese Gelegenheiten auch in den Privatküchen zu nutzen.

In einer Zeit die von Lebensmittelskandalen geprägt ist, in der Verbraucher verunsichert sind und jeder nach einem guten Weg für Ernährung und Genuss sucht, ist die Versuchung recht groß, sich auf alte Zeiten zu besinnen. Sich rückwärts gewandt zu versichern, dass es solche Probleme früher einfach nicht gab und es deshalb besser ist, die Dinge so zu belassen wie sie schon immer waren. Das ist aber falsch. Kein Mensch kann bestimmt sagen, dass Lebensmittel vor 50 Jahren sicherer waren als heute. Und niemand soll behaupten, dass früher sowieso alles besser war. Als SlowFood-Fördermitglied möchte ich selbstverständlich gute Produkte bewahren und unterstützen. Aber das darf nicht dazu führen, dass ich mich Neuem verschließe.
Traditionen zu leben heißt für mich auch in der Küche, die Flamme weiterzugeben, anstatt die Asche zu bewahren.

Buchtipp: Sous-Vide Grundkochbuch von Evert Kornmayer

 

Immer noch Weihnachten

Am Donnerstag habe ich mit der Pressesprecherin einer großen Firma einige Räumlichkeiten besichtigt, die für eine Veranstaltung in Frage kommen. In unserer Fachterminologie heißt das: wir haben „ein paar Locations gecheckt“. Rothenburg ist reich an wunderbaren und wertvollen Bauten und Räumen. Man muss nur wissen, wo man sie findet und wie man sie für Veranstaltungen nutzbar machen kann.

Ein Juwel unter den Bauten ist das Wildbad, es liegt versteckt an einem Hang und in alten Wald eingewachsen am südlichen Ende der Stadt in einem großen Park. Gebaut als Kurhotel, betrieben von wechselnden Besitzern, war es nach dem zweiten Weltkrieg eine Polizeischule. Die hätte in den siebziger Jahren an eine Sekte verkauft werden sollen (das waren die Freaks in weißen Gewändern, die im Schneidersitz schweben konnten!). Damit das nicht passiert, hat damals geschwind die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht. Mittlerweile ist die Evangelische Kirche Besitzer der Anlage und aus dem Wildbad wurde ein wunderbares kirchliches Tagungszentrum.
Der Gebäudekomplex beeindruckt schon bei der Anfahrt durch seine Schönheit und so sind wir erwartungsfroh mit dem Leiter des Wildbads, Herrn Pfarrer Dersch, die Treppen zum Theatersaal hinuntergelaufen. In einer Ecke erblickten wir sehr zu unserem Erstaunen, den geschmückten Tannenbaum, der da immer noch rumsteht.

Immerhin war es der 25. Januar, und auch wenn mancher meint, in Rothenburg wäre sowieso Dauer-Weihnachten, so wirkte der Christbaum doch fremd, bizarr und übrig geblieben. Immerhin wird es nicht mehr lange dauern, bis der erste Bärlauch wächst…
Da Pfarrer Dersch ein lustiger Mensch ist und auch mal eine kleine Spitze verträgt, konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen, ob es denn eine Masche der Kirche sei, der Zeit immer ein bisserl hinterher zu hinken.
Das war dann sein Stichwort. Gut vorbereitet und aus der Hüfte geschossen konnten wir uns nun einen Stegreif-Vortrag über den kirchlichen Kalender und den korrekten Umgang mit Brauchtum anhören. Offensichtlich war der Christbaum um diese Zeit nicht zum ersten Mal Anlass zur Debatte. Der Christbaum bleibt so lange stehen, wie die Epiphaniaszeit dauert, also ungefähr bis Anfang Februar, um Maria Lichtmess, wo dann die Vorfastenzeit beginnt. Und der Tannenbaum hat eigentlich auch vor dem Heiligen Abend nirgends was zu suchen, davor ist nur der Adventskranz richtig. Wenn der Christbaum dann aber mal ab dem Heiligen Abend steht, hat er seine Daseinsberechtigung bis in die ersten Februartage hinein, auch wenn ein großes schwedisches Möbelhaus das anders sieht.
Also: Wer seinen Christbaum noch rumstehen hat, gleich warum und gleich wie er jetzt aussieht, hat alles richtig gemacht.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Tauberzell im Schnee

Kurz nach Weihnachten ist für uns Köche der richtige Zeitpunkt zum Feiern. Ende Dezember ist das Jahreswerk geschafft, sind die Weihnachtsessen alle gekocht und die Tage fangen wieder an länger zu werden, das neue Jahr steht vor der Tür. Es ist die rechte Zeit für den Blick zurück und für den Blick nach vorn.
Mein alter Lehrherr Hermann Bareiss hat – wie in jedem Jahr – seinen klugen, warmherzigen Gästebrief geschrieben und inspiriert mich mit seinen Ideen und mit seinem Elan: Ich stibitze mir ein oder zwei seiner glänzenden Gedankengänge und baue sie in mein Rede-Manuskript mit ein, das ich abends noch brauchen werde.
Am frühen Nachmittag brechen wir (die Belegschaft der Villa Mittermeier, der Michel und Lothar, der Historiker) dann auf und fahren nach Tauberzell. Man kann das Betriebsausflug, nachgezogene Weihnachtsfeier oder Mitarbeiter-Exkursion nennen. Von jedem war es etwas, doch im Vordergrund stand die Absicht, mal wieder zusammen so richtig Gas zu geben und den Stress des vergangenen Jahres abzuschütteln.
Also sind wir durch den tiefen Schnee ins Hasennestle hochgewandert. Die kleinen Vorträge zwischendurch zur Erdgeschichte von Lothar und zum Weinbau von mir waren eher willkommene Verschnaufpausen als tatsächliche Lehrstücke, denn der tiefe Schnee war ganz schön kräftezehrend. Für die eine oder andere Schneeballschlacht und zum „einseifen“ hat´s aber noch gereicht.

Christoph und Alex albern im Schnee

Durch ein Tauber­-Seitental ging es zurück zum Bachberg in die Tauberhasen-Junganlage.
Damit jeder Mitarbeiter versteht, woher eine Steillage ihren Namen hat, haben wir dieselbe erklommen. Und zwar mitten durch den Riesling. Oben angekommen, hat uns Lars mit gegrillten Bratwürsten (köstlich!) und Glühwein (reichlich!) empfangen.
Die Mutigen sind auf Plastiksäcken die Rebzeilen wieder nach unten gesaust und unsere beiden südafrikanischen Azubis mussten Fotos machen, damit ihnen das zu Hause geglaubt wird, denn in Johannesburg hat es gerade 35°C!

Steffen und Christoph rutschen durch die Reben

An und für sich war dieses Programm ausreichend Bewegung an der frischen Luft, so dass ich gedacht hätte, abends wären alle erschöpft und friedlich. Weit gefehlt! Die Korken haben geploppt, eine Magnum Tauberschwarz nach der anderen musste dran glauben und Lars hat seine formidablen Enten ins Rohr geschoben.
Als dann etwas Ruhe einkehrte, konnte ich meine Rede halten (die mit den HB-Einsprengseln) und hatte dabei die Ehre, zwei Mitarbeiter für ihre langjährige Betriebszugehörigkeit zu ehren:
Steffen Heumann, Restaurantleiter und ausgebildeter Sommelier für 10 Jahre und Waltraud „Walli“ Gerber, Frühstückschefin für sagenhafte 30 Jahre, sie hat schon bei meinen Eltern gearbeitet.
In einer Arbeitswelt, die von Zeitarbeitsfirmen, Job-Nomaden und Outsourcing zu „Tochterfirmen“ geprägt ist, sind solche gesunden Strukturen nicht mit Gold aufzuwiegen. Denn es ist halt doch so, dass sich Gäste freuen, wenn man sie beim Namen kennt. Und vielleicht war das noch nie so wichtig wie heute.
Ich jedenfalls schätze mich glücklich, so ein Team führen zu dürfen, und starte somit voller Zuversicht in das neue Jahr.

Fackelwanderung in den Falken

Ihnen, den Lesern, wünsche ich alles erdenklich Gute für 2011. Ich wünsche Ihnen ein Jahre voller Genüsse, Freude, Herausforderung, Spannung, Erfolg, Gesundheit, Glück, Frohsinn und Zufriedenheit!

 

Zugesetzt: E473

Paprikaschaum und Rotbarbe

Das Leben ist manchmal auch in der Küche nicht ohne Widersprüche. Links blinken und dann rechts abbiegen gehört nicht zu meinen geübten Verhaltensweisen. Doch wie in diesem Blog schon an anderer Stelle beschrieben wurde, führen einfache Wahrheiten auch nicht immer ans Ziel. Slowfood hin, Regionalprodukte her – wenn Entwicklung stattfinden soll, kann ich nicht immer nur bei den geübten Standards bleiben und gleich einem Öko-Fundi sämtliche Zutaten aus dem Bioladen und vom Bauern meines Vertrauens beziehen.

So begebe ich mich mitten im Winter mit Schwung auf glattes Eis und bekenne freimütig:
Ich verwende manchmal Lebensmittel-Zusatzstoffe. Im konkreten Fall E473, Zuckerester von Speisefettsäuren.
Der wird unter dem Namen „Sucro“ als Produkt der Reihe „Texturas“ von Albert und Ferran Adria vertrieben und wirkt als Emulgator. Mit ihm kann man wunderbare, stabile Schäume erzeugen. In der Rezeptur, deren Bild zu sehen ist, wird damit eine Paprika-Luft erzeugt. Ein kräftiger Vanille-Krustentier-Sud mit einem dicken Rotbarbenfilet bekommt einen Löffel „Luft“ ab. Um die Luft herzustellen wird Paprika entsaftet. Mit Chili Chipotle oder Piment d´Espelette wird der Geschmack des Saftes verstärkt, dann wird Sucro zugegeben und mit dem Stabmixer aufgeschäumt. So kann dem Gericht neben Sud und Fisch eine dritte, wesentliche Komponente hinzugefügt werden, deren Geschmack, Textur und Temperatur sich von den anderen beiden Bestandteilen unterscheidet.

Sicherheit:
Über eine gesundheitsschädigende Wirkung von E473 ist nichts bekannt. Beim Abbau im Körper wird der Ester in seine Bestandteile gespalten und diese werden in den Stoffwechsel eingefügt.

E473 ist einer von vielen Lebensmittel-Zusatzstoffen, die dem Verbraucher tagtäglich begegnen. Er ist in Kaugummi, Speiseeis, Blätterteiggebäck, Süsswaren, Getränken enthalten. Wer all das vermeidet, dem begegnet E473 dann bei Frischobst (zur Oberflächenbehandlung).
Wir sollten uns der Lebenswirklichkeit stellen und den Tatsachen ins Auge sehen. Als mündige Verbraucher den Unterschied erkennen, ob ein Stoff die Produkteigenschaften verbessert, uns dabei hilft Neues zu schaffen und um besser zu essen, unseren Genuss zu erhöhen. Oder ob ein Stoff nur deshalb eingesetzt wird, um ein Produkt länger haltbar oder billiger zu machen. Wir sollten den Unterschied erkennen, ob Kurkuma zugesetzt wird um Safran oder Eigelb vorzutäuschen oder ob das Curry, dessen Hauptbestandteil Kurkuma ist, wichtig für den Geschmack des Gerichtes ist (notabene: Kurkuma hat auch eine E-Nummer, ist also ein Lebensmittelzusatzstoff, der sogar unter bestimmten Umständen kennzeichnungspflichtig ist!)

Natürlich kann man sich von unverarbeiteten Lebensmitteln ernähren bzw. von solchen, die man ab dem Rohzustand ausschließlich selbst weiterverarbeitet. Aber entspricht das dem gelebten Alltag, wenn man sich nicht gerade selbst zur Ein-Mann-Randgruppe machen möchte?

Sollen wir unsere Kinder von den Süßigkeiten, die voll mit Lebensmittelzusatzstoffen sind, völlig fernhalten? Gleich den Amish uns dem Fortschritt verweigern? Soll es auf Kindergeburtstagen nur noch die Gummibärchen aus dem Reformhaus geben? Ich ahne jetzt schon, was mir die lieben Kleinen dann erzählen, wenn sie mal 16 sind…

Manchmal geht es mir ein bisschen auf den Keks, wenn das Wort „Molekularküche“ so prononciert ausgesprochen wird, als würde für jeden Teelöffel Zuckercouleur ein Jahr Fegefeuer drohen und als wären Ablass-Briefe für diese lässlichen Sünden nur bei den selbsternannten Gralshütern traditioneller Küche erhältlich.

Ich wünsche mir aufgeklärte Gäste, die neugierig und ohne Dogmen auf kulinarische Entdeckungsreise gehen. Die sich kritisch und offensiv mit Lebensmitteln beschäftigen, die fragen und die verstehen. Jeder Koch hat seine Handschrift, jeder Gast seine Vorlieben, gute Gastronomie ein lebendiges Konzept. Wir sind Gastgeber mit Qualitätsanspruch, doch ohne Pauschalrezepte.

 

Schwarzer Brei

Musmehl ist ein Lebensmittel allererster Güte. Geschrotet aus gedarrtem Weizen oder Dinkel riecht es schon in rohem Zustand nach frischem Brot. Musmehl ist kinderleicht zu verarbeiten, schon im Handumdrehen wird aus dem Schrot eine Delikatesse von hohem kulinarischen Wert und die kostet auch noch so gut wie nichts. Doch kaum einer kennt dieses Produkt, nur wenige beschäftigen sich mit ihm und so fristet Musmehl lediglich ein Schattendasein in den Kreisen engagierter SlowFood-Anhänger. Wo ist der Fehler?

Über Jahrhunderte war der schwarze Brei das Hauptnahrungsmittel auf der schwäbischen Alb. Die Bauern dort mussten so manche Ernte früher einfahren als ihnen lieb war, denn mancher Sommer war kürzer als es der Vegetationszyklus des Korns verlangt hätte (daher kommt die Tradition des Grünkerns, des unreif geernteten Dinkels, der ebenfalls gedarrt wird).
So manche Darre war wohl damals nicht so fein justierbar wie das heute möglich ist, und das Getreide wurde deshalb ungleichmäßiger erhitzt, mehr oder weniger wurde es dunkel, vielleicht sogar schwarz. Die Erhitzung der Körner war notwendig, um das Getreide haltbarer zu machen. Schädlinge wurden bei der Erhitzung vernichtet und Wasser entzogen. Die Körner wurden dann geschrotet und bei Bedarf zu einem Brei verarbeitet.

Ich war damals nicht dabei. Aber ich hab mir überlegt, wie es denn gewesen sein könnte. Mancher mag den schwarzen Brei einfach mit Wasser oder Milch gekocht haben. Vielleicht hatten die Menschen früher auch nicht immer die Wahl und mussten nehmen, was vorhanden war. Die Zeiten der Not sind heute vorbei und ich habe es eben gern mit richtig viel Geschmack. Darum setze ich einfach zuerst mal eine gute Fleischbrühe an. Ein paar Würfel Räucherspeck, Zwiebel und Knoblauch schwitze ich in einem kleinen Töpfchen an und gebe einen halben Liter Brühe dazu. Dann rühre ich das Musmehl ein, bis es anfängt einzudicken und steuere die Konsistenz unter weiterem Rühren mit der Zugabe von Brühe. Nach wenigen Minuten ist der Schrot fertig aufgequollen und ich würze mit Pfeffer nach. Wenn es mir passt, kommt noch geriebener Käse mit hinein, Bergkäse oder noch besser Weisslacker. Gegen ein paar frische Kräuter wie Thymian oder Petersilie ist nichts einzuwenden, das regle ich nach Tageslaune.

Die Brühe war im beschriebenen Fall aus einem wunderbaren Stück vom Limpurger Weideochsen. Der spezifisch reine Geschmack und die Kraft dieser Tiere kommen im Musmehl durch. Und weil das Fleisch irgendwann weichgekocht war, haben wir es gleich aufgeschnitten und mitverzehrt. Dass ich selbst diesen Hochgenuss als „italienischen Moment“ bezeichnen möchte, stimmt mich allerdings nachdenklich. Denn alle Zutaten waren von hier. Bestimmt gibt es in Italien ein ausgeprägteres Produktbewusstsein als in Deutschland. Aber wieso würdigen wir nicht das, was es hier gibt? Warum kauft alle Welt Polenta, Risotto-Reis, Couscous und sogar Kukuruz? Inka-Getreide und Körner von den alten Azteken, Hirse-Gries? Soll der Müller auf der Schwäbischen Alb „Farina nero“ auf seine Packung schreiben und ein Bild von seiner Oma und den Nachbarskindern drauf machen, die mit dem Mehl Cantucci backen? Ach ja, und dann per Telefon-Verkauf in gebrochenem Deutsch an den Mann bringen?

Auf dem Bild kann man sehen, dass es auch hohenlohische Momente gibt. Ein guter Schluck aus der Pulle von Bernulf Schlauch hat eben einen solchen perfekt gemacht.

Bernulf Schlauch, Uwe und Sabrina

 

Scharf wie Lucy

Lucy und Nesmuk

Lucy ist mehr als nur ein Messer. Ganz richtig heißt sie Lucilla, aber weil wir uns schon so lange kennen, nenn ich sie Lucy.
Lucy ist immer bei mir, wenn ich koche. Und wenn ich vor manch großer Veranstaltung ein bisschen Lampenfieber habe (jawohl, auch das gibt es noch nach 25 Berufsjahren) und Lucy liegt auf dem Brett, dann weiß ich, dass alles gutgehen wird.
Lucy ist eigentlich eine gebürtige Yagatan, hat ihren Namen nach einer türkischen Stadt bekommen und ihre Form, ursprünglich etwas bauchiger, ist von einem osmanischen Säbel abgenommen. Nie hätte ich gedacht, dass wir beide uns so gut verstehen, dass ich mit dieser ausgefallenen Klingenform so gut zurechtkomme. In Solingen, wo sie herkommt, aus der Manufactur Robert Herder, genauer von der Marke Windmühle, wird sie aus nicht rostfreiem, harten Stahl geschmiedet. Sie hat noch eine hübsche, rostfreie Schwester. Die sieht immer besser aus, taugt bei mir aber nicht zur Arbeit.
Der Gebrauchswert eines Messers hängt nämlich gar nicht von der Schärfe ab. Scharf bekommt man noch das lumpigste Messer. Sogar den Deckel einer Ravioli-Dose kann man schärfen wie ein Rasiermesser. Aber halt nur für einen einzigen Schnitt, dann ist es vorbei mit der Pracht.
Die tatsächliche Güte wird durch Zähigkeit und Härte des Klingenstahls bestimmt. Eine gute, geschmiedete Klinge ist hart und zäh zugleich, behält lange den Schliff, wenn sie gut gepflegt wird. Damit eine Klinge hart wird, ist es notwendig, dass der Stahl ein möglichst dichtes Gefüge aufweist. Die Zusätze, die einen Stahl rostfrei machen, bewirken in der Regel allerdings, dass die Korngröße steigt und der Schnitt schlechter wird, die Haltbarkeit sinkt. Das Messer wird also schneller wieder stumpf. Deshalb sind richtig gute Messer in aller Regel nicht rostfrei. Und meine gute Lucy hat vor einiger Zeit einen Partner bekommen, der mir auch beste Dienste leistet, den kleinen Flachschmieder, auch von Herder und auch nicht rostfrei. Und so bin ich mit den beiden und dem guten Nass-Schleifstein (2000er und 4000er Körnung, japanisch) bestens zufrieden gewesen und ich war mir sicher, genug über Messer und ihre Pflege zu wissen.

Meine letzte Lehrstunde zu diesem Thema wurde dann am Samstag abgehalten. Auf der eat and style – Messe, ich hab mal wieder für die AEG gekocht, hab ich den Stand von Nesmuk gesehen. Gehört hatte ich von diesen Messern schon öfter, die ganze Crew von Stefan Marquard arbeitet damit und ist happy. Lars Scheidler, der Gründer und Inhaber von Nesmuk, ist ein Besessener. Er hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt und sich auf der ganzen Welt fortgebildet, sein Können perfektioniert. Ein Fachmann par excellence, einer, der für seinen Beruf lebt. Zusammen mit Walter Grave haben mir die beiden eine völlig neuartige Idee vorgestellt: Lars sagt, dass es mittlerweile Stahl in perfekten Qualitäten zu kaufen gibt, dass die Reinheit der Stähle heute besser ist als sie früher jemals war. Er setzt auf höchste Präzision bei jedem einzelnen Arbeitsschritt und auf den hochwertigsten, in diesem Falle aber rostfreien Stahl, den er zu außergewöhnlicher Schärfe und gleichzeitiger Schnitthaltigkeit bringt. Das Geheimnis dahinter ist der Niob-Gehalt des verwendeten Hochleistungs-Stahls. Niob macht den Stahl zäh, fest und rostfrei. Die Klinge hat damit eine einmalige Schneidhaltigkeit und eine bissige Schärfe, die ich so noch nicht kannte.
Die Messer haben ihren Preis, den sie mir aber wert sind. In einer Zeit, in der viele Bluffer (selbst aufgeätzte Damaszener-Stahl-Optik gibt es mittlerweile!) mit viel Hokuspokus ihre Klingen feilbieten, sind die Nesmuk-Messer die zeitgemäße Interpretation von handwerklicher Messer-Herstellung mit höchstem Anspruch. Schneiden tun andere auch, aber eben nicht so gut.
So hat meine Lucy nun einen großen Bruder. Wegen der sehr unterschiedlichen Klingen-Geometrie ergänzen die beiden sich prima.

 

Reine Geschmackssache

Gute Brühe ist die Basis für Suppen, Soßen, für Risotto und für allerlei weitere Rezepturen. Um eine gute Brühe herzustellen, werden Inhaltsstoffe von Fleisch oder Fisch, von Gemüse, Kräutern und Gewürzen ausgekocht, wird der Geschmack der festen Lebensmittel in das Wasser transformiert.
Meine Lehrmeister haben mir beigebracht, dass eine Brühe unbedingt kalt aufzusetzen und dann sehr langsam zu erhitzen sei, wenn ich den Geschmack aus dem Fleisch in die Brühe herüberholen wolle. Käme es hingegen darauf an, den Geschmack möglichst im Fleisch zu halten, sei Suppenfleisch ausschließlich in heißes Wasser zu legen, so blieben die Inhaltsstoffe drin. Der Grund dafür sei das bei der Erhitzung gerinnende Eiweiß. Auch von irgendwelchen Poren, die sich schließen würden, wurde was erzählt. Kulinarisches Jägerlatein der 80er Jahre.
Diese, wie so manche weitere „Vorschrift“ habe ich wie gelernt übernommen und lange nicht hinterfragt. Jede Menge Vorgehensweisen galt es zu merken, die halt so waren, wie sie waren. Es war schließlich schon immer so.
Doch gibt es heute glücklicherweise immer mehr Interesse an den Prozessen selbst, wollen immer mehr Köche wissen, was eigentlich genau in ihren Töpfen und in der Pfannen passiert. Wer diese Prozesse kennt und versteht, ist leichter in der Lage einzugreifen und Neues zu schaffen. Heerscharen von Menschen beschäftigen sich mittlerweile mit der Entschlüsselung der Vorgänge, die das Kochen ausmachen.

Dabei wurde eine erstaunliche Entdeckung gemacht, die sich recht vernünftig anhört. Ich bin kein Physiker, kein Chemiker und auch kein Biologe. Aber diese Erklärung klingt für mich logisch und sie funktioniert in der Praxis:
Wie gut sich die Inhalts- und Geschmacksstoffe aus den festen Bestandteilen extrahieren lassen, hängt mitnichten von der Starttemperatur des Kochwassers ab. Vielmehr ist entscheidend wann, und wenn, dann wieviel Salz dem Wasser zugegeben wird. Bereits in geringen Mengen entscheidet die Salzzugabe durch die bewirkte Veränderung der Wasserdichte darüber, ob lösliche Stoffe aus den festen Stoffen ausdiffundieren oder nicht (Osmose).

Gemäß dieser Theorie sollte:
wer gute Brühe erhalten will zum Garzeit-Ende salzen
wem es auf den Erhalt des Geschmacks in den festen Bestandteilen ankommt, sollte gleich salzen
wer gute Brühe und gutes Fleisch will, salzt nach ungefähr der halben Garzeit

Wann auch immer gesalzen wird und gleich welche Brühe das dann ergibt, kommt hier noch ein Tip für ein stark unterschätztes Fleischteil, das gut gekocht einen Suchtfaktor besitzt: die Zwerchrippe.
Sie ist ein Teil des Brustkorbs und befindet sich unterhalb von Hals und Hochrippe. Am besten als Leiter in ca 10 cm breite Streifen geschnitten. Dieses Teil sieht mit den quer gesägten Rippenknochen aus wie eine Leiter, weil sich von innen Rippen und Fleisch immer wieder abwechseln. Äusserst preisgünstig (in bester Qualität ca 6 Euro pro kg) und nach ungefähr 2 bis 2,5 Stunden Kochzeit bei schwacher Hitze eine Delikatesse ganz besonderer Güte. Zu genießen mit Salz und frisch geriebenem Meerrettich oder mit bestem Senf. Kaufen Sie zum Kochen kein abgehangenes, sondern möglichst frisches Fleisch und machen Sie dabei dem Metzger Ihres Vertrauens eine Freude, wenn Sie ihn nach diesem Stück für Insider fragen. Die gute Brühe gibt es als Nebenprodukt, da braucht es nur noch Suppennudeln oder selbstgemachte Grießklösschen zu einer Festsuppe.

Nachtrag vom 17.11.2010

der Beitrag hat unerwartet viel Aufmerksamkeit hervorgerufen, viele clicks und Kommentare zeigen, dass es an dem Thema Interesse gibt. In Kürze werden sich einige renommierte Fachleute aus den Gebieten Biologie, Fleischtechnik, Physik, Fleischhandel und meine Wenigkeit treffen und dabei versuchen, einige dieser beschriebenen hochkomplexen Zusammenhänge wissenschaftlich zu betrachten. Ich werde berichten.

Viele Grüsse, Christian Mittermeier