Der Anwalt Thomas Jauch soll Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nach ihrer Flucht beraten haben. Vor Gericht mauert er – doch Unterstützern des Trios ging er offenbar fleißig zur Hand.
Wer in Mitteldeutschland lebt und sich zur rechtsextremen Szene bekennt, der stolpert früher oder später über den Namen Thomas Jauch. Denn viele, die sich für die sogenannte nationale Sache einsetzen, kommen früher oder später mit dem Gesetz in Konflikt – und können sich darauf verlassen, in Jauch einen Anwalt zu finden, der die Verteidigung eines Rechtsradikalen nicht aus Gewissensgründen ablehnt.
Jauch tritt beruflich regelmäßig vor Gericht auf. Am 124. Verhandlungstag des NSU-Prozesses nimmt er hingegen als Zeuge Platz. Der 54-Jährige ist ein drahtiger Mann mit grimmigem Gesichtsausdruck. Vor sich auf den Tisch legt er ein Buch mit dem Titel „Gesamtes Strafrecht“. Er betreibt seine Kanzlei im sachsen-anhaltinischen Weißenfels. Man kann nur darüber rätseln, wie viele rechts eingestellte Kameraden dort schon ein- und ausgegangen sind. Fest steht allerdings: Etliche von ihnen hatten Kontakte zum Trio aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Und mindestens einmal waren die drei auch selbst dort.
Gericht und Nebenkläger wüssten gerne mehr über ein solches Gespräch. Das Problem ist nur, dass Jauch sich als Anwalt auf den Paragrafen 53 der Strafprozessordnung berufen kann, der ihm ein Schweigerecht über seine beruflichen Kontakte einräumt. Und dass er auch klug genug ist, den Paragrafen zu nutzen.
Beantragt hatte Jauchs Ladung der Nebenklageanwalt Sebastian Scharmer. Dass es das Treffen von Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos mit Jauch gab, ist unumstritten: 1998, als die drei nach einem Bombenfund in einer Garage untergetaucht waren, wandten sie sich an den Szeneverteidiger. Dabei sollen 800 Mark Vorschuss gezahlt worden sein. Beate Zschäpe, vermerkte Jauch in einem Schreiben an die Polizei, sei bereit, zu den Vorwürfen auszusagen, wenn der Anwalt zuvor Akteneinsicht erhalte.
Vor Gericht gibt es am Dienstag keine neuen Informationen. „Die Angeklagte und die Verstorbenen waren nur einmal bei mir. Sonst hatte ich keinen Kontakt“, sagt Jauch, als ihn Richter Manfred Götzl befragt. Was damals besprochen wurde – Anwaltsgeheimnis. Zschäpes Verteidiger Wolfgang Stahl geht schon diese dürre Äußerung zu weit: Den Zeugen überhaupt danach zu Fragen sei „eine Anstiftung zum Verrat von Privatgeheimnissen“. Tatsächlich lässt die Aussage zumindest eine Schlussfolgerung zu: Wenn das Treffen Jauchs Recht auf Geheimhaltung unterlag, dürfte er das Trio beraten haben. Und wenn Zschäpe wirklich zur Aussage bereit war, wollte sie womöglich aus der Gruppe aussteigen, bevor es zum ersten Mord kam. Doch letzteres ist nur eine Vermutung.
Für seine Unwilligkeit zu reden bekommt Szeneanwalt Jauch Rückendeckung von den Verteidigern Zschäpes und des Mitangeklagten Ralf Wohlleben. Immer wieder verfällt die Verhandlung in ein geduldszehrendes Spiel, in dem die Rechtsbeistände eine Frage beanstanden, schließlich einen offiziellen Beschluss aller Richter verlangen und am Ende unterliegen. Gerade den Nebenklägern wollen sie es nicht leicht machen.
Dennoch entfaltet sich nach und nach das rechtsextreme Netzwerk, das Jauch besonders in Thüringen zu nutzen wusste. Belegt ist, dass darin auch die Mitangeklagten Carsten S. und Holger G. eine Rolle spielten: An G. schickte Jauch einmal einen Scheck mit einer Gebührenrückzahlung. Wahrscheinlich hatte er das Geld für seinen Kumpel André K. vorgestreckt, ein Zeuge, der schon mehrmals im Prozess aussagen musste. Carsten S. hatte Jauch im Jahr 2002 zweimal Geld überwiesen. Wofür, daran kann sich der Anwalt angeblich nicht mehr erinnern.
Doch die Unterstützung für die Kameraden ging möglicherweise über juristische Dienstleistungen hinaus, wie Nebenklagebeistand Scharmer in seiner Befragung herausschält. So soll Jauch in den Jahren um die Jahrtausendwende ein Grundstück in seinem Heimatort Lützen an Gesinnungsgenossen vermietet haben, auf dem Rechtsrockkonzerte abgehalten wurden. Dabei sollen Spenden für das untergetauchte Trio gesammelt worden sein. „Das wird von manchen behauptet. Ich war nicht zugegen“, entgegnet der Zeuge.
Auch soll er Bewohner einer Art Nazi-WG in Jena unterstützt haben, in der der Mitangeklagte Ralf Wohlleben zeitweise gewohnt hatte – das sogenannte Braune Haus. „Ist das ein Haus, das braun angestrichen ist?“, fragt Jauch und lässt es sich von Scharmer ganz genau erklären. „Es geht doch! Damit bin ich befasst“, patzt er schließlich.
„Warum sind Sie so gereizt? Wenn Sie meinen, dass Sie das Verfahren beurteilen können, hätte ich auch noch ein paar Fragen an Sie“, geht Götzl dazwischen. Er will nicht riskieren, dass der Hardliner mit Spitzfindigkeiten das Gericht vorführt.
Der Gescholtene sucht sich eine andere Gelegenheit zur Profilierung. Scharmer fragt ihn, ob er mit dem Verfassungsschutz oder dem Militärischen Abschirmdienst zusammengearbeitet habe. „Mir fehlte es an der erforderlichen Verschlagenheit und Verlogenheit“, gibt Jauch zurück. Zumindest aus seiner Gesinnung macht er kein Geheimnis.