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Die dreiste Aussage eines V-Manns – Das Medienlog vom Donnerstag, 24. Juli 2014

 

Der Trubel um Zschäpes Misstrauensantrag hat sich gelegt, es geht weiter wie üblich im NSU-Prozess: mit Szenezeugen, die sich an nichts erinnern oder gar nicht erst erscheinen. Letzteres war der Fall für Thomas B., der sich entschuldigen ließ, weil er auf dem Weg nach München in einer Kneipe hängengeblieben war. Ersteres galt für Andreas R., einen mutmaßlichen NSU-Unterstützer. Er habe „sich im Lauf der Verhandlung als einer der bisher dreistesten Zeugen“ erwiesen, resümiert Gisela Friedrichsen von Spiegel Online – was daran gelegen haben könnte, dass er dem NSU-Trio erstaunlich nahe gekommen war.

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An die drei selbst hatte R. bestenfalls verwaschene Erinnerungen. Fest steht laut Anklage allerdings, dass er ihnen einen Dienst erwies: Er soll mit dem Mitangeklagten Ralf Wohlleben das Auto zurückgeholt haben, mit dem Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt im Januar 1998 nach einem Bombenfund in einer Garage geflüchtet waren. Es stand defekt in Dresden. Doch der 42-Jährige sagte, er wisse kaum, in welchem Jahr das passierte. Damit lieferte die Vernehmung durch Richter Manfred Götzl wenig Erkenntnisse. „Nicht zum ersten Mal gewinnt das Profil eines Zeugen durch die Fragen bestimmter Nebenklagevertreter weiter an Kontur“, schreibt Friedrichsen. In dem Fall war es der Anwalt Alexander Hoffmann, der R. mit der Tatsache konfrontierte, dass er früher in alten Kasernengebäuden den Häuserkampf gegen Asylbewerberheime trainiert hatte.

„Die zweite Runde ging dann ganz klar an die Anwälte der Nebenklage“, meint auch Oliver Bendixen vom Bayerischen Rundfunk. Denn dabei kam auch heraus, dass R. als Spitzel für den Verfassungsschutz gearbeitet hatte. Das zeigten Dokumente der Thüringer Behörde. „Dass damit den bezahlten Spitzeln ein sorgenfreies Leben (…) erst ermöglicht wurde, scheint die Verfassungsschützer auch in diesem Fall nicht sonderlich gestört zu haben“, merkt der Autor an.

„Allerdings beharrte der Zeuge darauf, keine relevanten Informationen geliefert zu haben. Erst auf Nachfrage räumte er ein, auch Geld erhalten zu haben“, berichtet Kai Mudra von der Thüringer Allgemeinen. Auch in diesem Fall kamen die Antworten nur stückweise, der Zeuge wird noch einmal geladen werden. Mudra blickt zurück auf eine „quälend lange Befragung“.

Mittlerweile ist die von Zschäpe vorgelegte Erklärung zu ihrem Misstrauensantrag offenbar an die Öffentlichkeit gelangt. Tanjev Schultz und Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung heben Zschäpes defensive Einleitung hervor: „Sie wolle nicht, dass alle 127 Verhandlungstage wiederholt werden.“ Kern der Unzufriedenheit war demnach, dass Zschäpe sich von ihren Anwälten Fragen gewünscht hatte, die ihr als Laie in den Sinn gekommen waren. Viel mehr lässt die Angeklagte das Gericht nicht wissen. „Auch sonst wirkt der Text wie resignatives Zurückrudern.“

Auch Per Hinrichs von der Welt spricht von einem „Rückzieher“. Er berichtet von einem Vermerk, den ein Wachtmeister schrieb, nachdem sich Zschäpe ihm wegen ihrer Verteidigung anvertraut hatte. Die Angeklagte sei demnach schon länger unzufrieden mit ihren Rechtsbeiständen, sie habe sich den Schritt „gründlich überlegt“ und spreche von einem „Zerwürfnis“. Was Zschäpe später schrieb, ist ein herber Kontrast dazu – somit „blieb Götzl gar nichts anderes übrig, als den Antrag abzulehnen“.

Der für heute angesetzte Prozesstag mit dem Zeugen Thomas G. entfällt. Zuvor sollen vier Kartons mit staatsanwaltlichen Akten über den Zeugen digitalisiert werden.

Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 25. Juli 2014.