Zum dritten Mal ist der Neonazi und frühere V-Mann Tino Brandt als Zeuge im NSU-Prozess geladen. Von ursprünglich geplanten drei Vernehmungen konnte im Juli nur anderthalb Tage abgehandelt werden, weil Beate Zschäpes Entpflichtungsantrag gegen ihre Verteidiger dazwischenkam. Bei dem Termin nannte Brandt Zschäpe „keine dumme Hausfrau“, die selbstbewusst war und sich mit rechtsextremen Ideen auskannte.
Der 39-Jährige aus Rudolstadt gründete in den Neunzigerjahren das Nazi-Sammelbecken Thüringer Heimatschutz, in dem sich auch Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt engagierten. Zumindest kurz nach dem Abtauchen des Trios im Jahr 1998 unterstützte Brandt die Kameraden, indem er gefälschte Pässe besorgen ließ. Seit 1994 war er als V-Mann „Otto“ Informant des Thüringer Verfassungsschutzes, bis er 2001 enttarnt wurde. Viele Prozesbeobachter hoffen daher, dass Brandt auch Informationen zur dubiosen Rolle des Verfassungsschutzes im NSU-Komplex liefern kann. Der Zeuge sitzt derzeit wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauchs in Untersuchungshaft.
Zudem befasst sich das Gericht mit zwei Vernehmungen der Zeugin Charlotte E.. Die heute 91-Jährige war in ihrer Zwickauer Wohnung in Lebensgefahr geraten, als Zschäpe am 4. November 2011 nebenan laut Anklage Feuer legte. Als Zeugen kommen ein Polizist, der E. kurz nach der Tat befragt hatte, und ein Zwickauer Richter, der sie im Mai 2014 in ihrem Altenheim aufgesucht hatte. Die Vernehmung vor Ort war notwendig geworden, weil die Zeugin dement ist und nicht reisen kann. Berichten zufolge hatte der Termin keinen Erfolg.
ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.