Die Vernehmung zweier Verfassungsschützer aus Thüringen offenbarte erneut schwere Fehler bei der Beobachtung der rechten Szene. Zwischen Verfassungsschutz und Polizei habe es ein „Konkurrenzdenken“ gegeben, sagte einer der Beamten. Das könnte einer der Gründe dafür gewesen sein, dass das 1998 untergetauchte Trio aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nicht gefasst wurde. Beide Zeugen ließen sich als V-Mann-Führer von der Szenegröße Tino Brandt informieren, „obwohl doch Zweifel angebracht sein mussten, dass Brandt seine Kameraden tatsächlich verriet“, wie Tim Aßmann vom Bayerischen Rundfunk anmerkt.
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Versuche des Landesamts, selbst an das Trio heranzukommen, scheiterten. Auch Fahnder hatten keinen Erfolg – möglicherweise, weil sie einander Informationen vorenthielten. „Es bleibt der Eindruck, dass Verfassungsschutz und Polizei Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe hätten kriegen können, bevor das Morden begann.“
Gisela Friedrichsen stellt auf Spiegel Online die These auf, „dass die Verbrechen des NSU durch die Unterstützung des Amtes begünstigt worden sind“. Dafür spielt auch die Frage eine Rolle, ob das Landesamt Brandt nach Straftaten in der Szene befragte. Der frühere V-Mann sagte aus, er habe darüber nichts berichten müssen. Einer der Verfassungsschützer widersprach dieser Darstellung am Dienstag zwar. „Eine konkrete Erinnerung allerdings hatte er, wie in so vielen anderen Punkten, nicht.“
Fraglich ist auch, wie gut die Behörde ihren V-Mann im Griff hatte. Einer der Beamten sprach zwar von einer Kontrolle des Informanten. „Als THS-Initiator und Funktionär der rechtsextremen NPD war Brandts Einfluss jedoch nur schwer einzudämmen“, schreibt Marcel Fürstenau von der Deutschen Welle. Das habe der V-Mann-Führer schließlich auch einräumen müssen.
Der Eindruck des Versagens manifestierte sich auch bei den Opferanwälten: Nebenklagevertreter Thomas Bliwier sagte in einer Erklärung, die Angaben von Brandt hätten „das vollständige Versagen“ des Verfassungsschutzes bei der Suche nach den Flüchtigen belegt. Zschäpes Anwalt Wolfgang Stahl sagte hingegen, der Zeuge habe sich durch seine Aussage als „notorischer Lügner“ dargestellt.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 2. Oktober 2014.