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Zschäpes Anwälte wollen nicht mehr, müssen aber – Das Medienlog vom Dienstag, 21. Juli 2015

 

Vorläufiger Höhepunkt der Vertrauenskrise zwischen Beate Zschäpe und ihren Verteidigern: Ihre angestammten Anwälte Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer beantragten am Montag, ihres Mandats entbunden zu werden. Das jedoch lehnte das Gericht ab. Gründe hatten die Anwälte nicht geliefert. Mit der Bestellung des zusätzlichen Verteidigers Mathias Grasel habe es nichts zu tun, sagten sie. „Die Verteidiger haben sich von diesem vermeintlich prestigeträchtigen Verfahren wohl anderes erhofft“, kommentiert Reinhard Müller von der Frankfurter Allgemeinen.

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Wäre Zschäpe mit dem neuen Verteidiger alleine gelassen worden, so hätte der Prozess wohl vor dem Scheitern gestanden. Dies habe das Gericht verhindern wollen, schließlich sei aus demselben Grund mit Grasel überhaupt ein weiterer Anwalt bestellt worden. Ähnlich sieht es Gisela Friedrichsen von Spiegel Online: „Die Situation ist so angespannt, dass der Prozess jederzeit platzen könnte – wäre der Senat nicht fest entschlossen, es dazu nicht kommen zu lassen.“ Durch die Erweiterung des Verteidigerteams sei wider Erwarten keine Ruhe eingekehrt.

Zschäpe habe Grasel regelrecht umgarnt und glücklich mit ihm gewirkt, während sie Sturm, Stahl und Heer links liegen gelassen habe. „Wie soll dieser NSU-Prozess geführt werden, wenn Zschäpe drei ihrer Verteidiger provoziert, beleidigt und wie Tanzbären vorführt?“, fragt Friedrichsen. Dass die alten Anwälte sich gedemütigt vorkommen, schreibt auch Frank Jansen vom Tagesspiegel. Allerdings sei abzusehen gewesen, dass die Gesuche ohne Erfolg bleiben würden. „Dass die Anträge trotzdem gestellt wurden, wirkt wie ein Verzweiflungsakt.“ Der Konflikt auf der Anklagebank werde weiter schwelen.

Auch bei ZEIT ONLINE vermuten wir, dass die vorangegangene Demütigung ausschlaggebend war für die Anträge der Verteidiger: „Wenn die Mandantin nicht mehr mit uns will, dann wollen wir nicht mehr mit der Mandantin – so könnten die drei Anwälte gedacht haben.“ Sie hätten zuletzt wie die „unliebsamen Anhängsel“ der Hauptangeklagten gewirkt. Denkbar sei auch, dass Zschäpe erneut eine Aussage angekündigt hatte – für diesen Fall hatten die Anwälte bereits mit einem Antrag auf Entpflichtung gedroht.

Wolfgang Blieffert von der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen lobt die Entscheidung des Gerichts. Für ihre eigenen Misstrauensanträge gegen ihre Anwälte in der Vergangenheit hatte Zschäpe ein Misstrauensverhältnis angeführt. „Denn eines bewirkt sicher keinen Rechtsfrieden: Dass ein Prozess allein schon platzen kann, weil (…) Anwälte aus den gleichen Gründen nach Hause gehen wollen.“

Die Schwäbische Zeitung nähert sich dem Thema in einem Leitartikel aus der Sicht von Laien: „Was haben all die strafprozessualen Winkelzüge und Volten noch mit der Wahrheitsfindung zu tun?“ Es müsse die Frage erlaubt sein, wie eine wirksame Verteidigung möglich sein soll, wenn Zschäpe ihre Anwälte nicht einmal mehr grüßt. Dieses Verhalten zeigt die Angeklagte seit geraumer Zeit, es ist ein prominenter Ausdruck der Vertrauenskrise.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 22. Juli 2015.