Geplant war eine Fortsetzung der Aussage von Beate Zschäpe. Sie sollte die Fragen des Gerichts beantworten. Doch dazu kam es nicht: Das Gericht verlas Dokumente aus den Ermittlungen des Bundeskriminalamts. Richter Manfred Götzl teilte mit, Zschäpe habe eine Stellungnahme zum erneuten Antrag auf Entlassung ihrer Verteidiger aus dem vergangenen Jahr nachgereicht. Die Chancen dafür stehen schlecht: „Womöglich befürchtet der Vorsitzende Richter, das Strafverfahren könnte ihm dann entgleiten“, schreibt Marcel Fürstenau von der Deutschen Welle. Heute soll der Mitangeklagte Ralf Wohlleben weitere Angaben machen.
An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Unklar sei allerdings, warum Götzl wegen des Antrags nun die vorgesehene Fragestunde verschob. „Auf die Einhaltung der Strafprozessordnung pocht dieser Richter geradezu humorlos“, schreibt Fürstenau. Möglicherweise wolle der Richter damit seinen Unmut darüber zeigen, dass Zschäpe ihren Anwalt die Antworten verlesen lassen will, statt spontan zu antworten.
Zschäpes drei Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm warnten ihre Mandantin in einem Schreiben von Mitte Dezember vor dieser Strategie – und der Möglichkeit, nur eine Teileinlassung zu machen, wie Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online berichtet. Der Grund dafür: „Wenn Lücken bleiben, wenn Widersprüche nicht gelöst und die Aufklärung der angeklagten Taten nicht aktiv betrieben wird, verliert eine Aussage erheblich an Glaubhaftigkeit.“ Die drei Stammverteidiger schrieben dazu sinngemäß: nicht mit uns. „Ist das schon unangemessener oder unzulässiger Druck, über den die Angeklagte klagt?“, fragt die Autorin.
Richter Manfred Götzl lehnte am Dienstag außerdem einen Antrag von Nebenklageanwälten ab, den früheren Neonazi und V-Mann Michael von Dolsperg alias Tarif als Zeugen zu laden. Das könnte eine verpasste Chance auf Aufklärung sein, schreiben wir bei ZEIT ONLINE: „Es gebe einfach Informationen, die raus müssten, sagte er – in Bezug auf die staatliche Arbeit gegen Rechtsextremismus wohl eine berechtigte Meinung.“ Für diese ist im Verfahren „jedoch offensichtlich kein Platz“. Dolsperg wurde 1998 nach eigenen Angaben von einem Neonazi gebeten, die 1998 untergetauchte Gruppe unterzubringen. Er meldete das dem Verfassungsschutz – die Behörde zeigte jedoch kein Interesse. Und verpasste so womöglich die Chance, das Trio zu fassen.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 14. Januar 2016.