Man kommt mit dem Zählen kaum noch hinterher: Erneut sehen sich die Richter im NSU-Prozess einem Befangenheitsantrag ausgesetzt, dieses Mal gestellt von den Verteidigern des Mitangeklagten Ralf Wohlleben. Es ist das elfte Gesuch dieser Art, schreibt Frank Jansen vom Tagesspiegel. Bisher scheiterten alle Versuche, den Vorsitzenden Manfred Götzl abzusetzen – dieser Antrag „jedoch könnte ihm Probleme bereiten“.
Wohllebens Anwälte richten sich mit der Besorgnis der Befangenheit gegen alle fünf Mitglieder des Staatsschutzsenats. Die Richter hatten am Vortag einen Antrag abgelehnt, einen Referatsleiter des Bundesamts für Verfassungsschutz zu laden, der die Vernichtung wichtiger Akten in Auftrag gegeben hatte. In der Begründung des Gerichts heißt es, die Schredder-Aktion sei erst „nach der letzten Straftat der angeklagten Personen“ erfolgt. Weil die Richter nicht von einer „mutmaßlichen“ oder „angeklagten“ Tat sprechen, sehen die Verteidiger ihren Mandanten als vorverurteilt an. Die Anwälte der Hauptangeklagten Beate Zschäpe schlossen sich an.
Es handle sich um einen Antrag, „der in diesem Fall für das Gericht durchaus unangenehm ist“, kommentiert Tanjev Schultz von der Süddeutschen Zeitung. Die Formulierung aus dem Schriftsatz erscheine „mindestens unglücklich und hätte den Richtern lieber nicht durchrutschen sollen“. Zwar sei die Beweisaufnahme weit fortgeschritten, doch solle das Urteil erst am Schluss gesprochen werden.
Dieses Urteil, das am Ende des Verfahrens steht, sei noch nicht in Sicht, schreibt Mira Barthelmann vom Bayerischen Rundfunk. „Und trotzdem zählt jedes Wort.“
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