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Exklusiv-Interview mit Zschäpe?

 

Beate Zschäpe soll morgen auf Fragen haben von Opferanwälten antworten. Einige davon hat das Gericht als unzulässig kassiert. Doch ob die Angeklagte die Rechte an ihren Memoiren verkauft hat, muss sie sich fragen lassen.

Es kommt nur noch selten vor, aber gelegentlich melden sich Beate Zschäpes alte Verteidiger im NSU-Prozess zu Wort. Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm können in dem Verfahren eigentlich nicht mehr viel ausrichten, seit ihre Mandantin kein Wort mehr mit ihnen wechselt. Weil sie aber nicht von ihrem Mandat entbunden sind, kommen sie weiter zu jedem Prozesstag.

Anfang August sprachen die drei Anwälte plötzlich ungewöhnlich deutlich und lange vor Gericht vor. Sie beanstandeten etliche von mehreren Hundert Fragen, die Anwälte der Nebenkläger an Zschäpe gestellt hatten. Viele der Fragen sollten nur Hintergründe ermitteln, aber nichts zur Anklage im Münchner Verfahren beitragen, bemängelten sie.

Teils zu Recht, befand nun, fast anderthalb Monate später, Richter Manfred Götzl. Von den monierten Fragen sind rund 25 unzulässig. Ein gutes Dutzend allerdings ließ er entgegen dem Willen der Verteidiger zu. Zschäpes neuer Pflichtverteidiger Mathias Grasel kündigte daraufhin an, am Mittwoch eine „Stellungnahme“ vorzulesen, in der er im Namen seiner Mandantin auf Fragen eingehen werde. Dazu gehören auch jene, die der psychiatrische Gutachter Henning Saß an Zschäpe gerichtet hatte. Ob tatsächlich jede Frage beantwortet wird, ist Zschäpes Entscheidung. Möglich ist auch, dass noch gar nicht alle Antworten geschrieben sind.

Welche Fragen „zur Sache gehörend“ sind, wie es im Juristendeutsch heißt, ist in Teilen eine Ermessensfrage des Gerichts. In der Liste der zugelassenen Fragen stecken darum Hinweise darauf, welche Gebiete die Richter des Strafsenats besonders interessieren – und welche für das nahende Urteil keine Bedeutung mehr haben dürften.

Besonders wichtig ist für die Richter offenbar das Leben des NSU-Trios im Untergrund, aus dem auch heute noch erschreckend wenig bekannt ist. Schließlich lebte Zschäpe mit ihren Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 13 Jahre lang im Untergrund, bevor der NSU 2011 aufflog. So ließ Götzl Fragen zu, in denen es um einen mutmaßlichen Unterstützer geht, der Post und Pakete für das Trio in Empfang genommen haben könnte. Ebenfalls gestattet ist die Frage nach einem Nachbarn, der gewusst haben könnte, dass die drei konspirativ lebten.

Am 26. Januar 1998 waren sie in den Untergrund geflohen, nachdem Polizisten Sprengstoff in einer von Zschäpe gemieteten Garage in Jena gefunden hatten. Im darauffolgenden Jahr brauchte ein Liedermacher-Duo aus der rechten Szene namens Eichenlaub ein Lied mit dem Titel „5. Februar“ heraus, in dem mit schwülstigen Versen der Fortgang der Kameraden betrauert wird. Ein Anwalt erkundigte sich daher, was am 5. Februar 1998 geschehen war. Das will offenbar auch das Gericht wissen.

Andere Fragen haben einen exotischeren Klang. So wollen die Nebenklagevertreter wissen, ob Zschäpes Verteidiger von Mitarbeitern eines Nachrichtendienstes kontaktiert wurden. Gleichfalls gefragt: ob Zschäpe die Rechte für ein Exklusivinterview oder eine Autobiografie verkauft habe und wenn ja, für welche Summe. Auch diese Frage sei relevant, erläuterte Götzl – schließlich könne in dem Fall vermutet werden, dass die Angeklagte im Prozess Aussagen zurückgehalten habe. Unklar ist, ob Zschäpe die Frage beantworten würde, wenn die Rechte tatsächlich veräußert wären.

Etwa zwei Dutzend Fragen kassierte Götzl. Darin geht es häufig um Details, die den Kontakt des NSU zur bundesweiten rechten Szene ausleuchten sollen – beispielsweise Konzertbesuche, auf denen das Trio Rechtsextremisten aus Westdeutschland kennengelernt haben könnte. Auch muss Zschäpe keine Auskunft geben zu einer Äußerung, die Anwalt Grasel gegenüber der taz gemacht hatte. Er hält es demnach für möglich, dass der Mitangeklagte André E. einen Fernsehbeitrag über den Anschlag in der Kölner Keupstraße 2004 mitgeschnitten und an den NSU weitergereicht haben könnte.

Götzl entschied nun: Zschäpe muss sich nicht zu Stellungnahmen äußern, die ihr Verteidiger abgegeben hat. Auch über Kontakte zu Rockern oder anderen kriminellen muss sie keine Rechenschaft ablegen.

Beatworten Zschäpe respektive ihre Neu-Anwälte Grasel und Hermann Borchert die Fragen so ausweichend und formelhaft wie schon die Fragen des Gerichts, ist kein Erkenntnisgewinn zu erwarten. Die Angeklagte hatte sich so vage wie möglich an den entscheidenden Fragen zu ihrer Beteiligung vorbeimanövriert und beständig den Eindruck verstärkt, etwas zu verbergen zu haben.

Führt die neue Runde an Antworten zu irgendetwas, dann wohl abermals zu Nachfragen – wohl eine der letzten Gelegenheiten, bei denen sich Zschäpes Altverteidiger noch einmal ins Spiel bringen können.