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Richter löchtert Zschäpe-Gutachter – Das Medienlog vom Mittwoch, 17. Mai 2017

 

Bei seinem zweiten Auftritt vor Gericht hat der Psychiater Pedro Faustmann seine Kritik am Gutachten über Beate Zschäpe verteidigt. Der Bochumer Professor ist der Meinung, die Expertise seines Kollegen Henning Saß über die Angeklagte sei wissenschaftlich fehlerhaft. Richter Manfred Götzl befragte Faustmann sehr sorgfältig.

„Götzl macht mit Faustmanns Gutachten das, was Faustmann mit Saß‘ Gutachten gemacht hat: Er nimmt es ernst und auseinander“, resümiert Wiebke Ramm in der Süddeutschen Zeitung. Im Zuge der Befragung unterstellte Faustmann Saß wörtlich, er habe Äpfel mit Birnen verglichen.

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Die Auseinandersetzung um das Gutachten ist durchaus bedeutend: Saß hatte die Hauptangeklagte für voll schuldfähig befunden und zudem die Sicherungsverwahrung für sie nahegelegt, weil er einen Hang zu Straftaten bei ihr attestiert. Dieses Gutachten greifen die Anwälte an, indem sie das methodenkritische Gutachten in Auftrag gegeben haben.

Die Auseinandersetzung damit war kompliziert. Thies Marsen vom Bayerischen Rundfunk gesteht, dass der Stoff des Tages ihn überfordert habe – wie wohl den Großteil der Anwesenden. „Einzig der Vorsitzende Richter Manfred Götzl hatte seine Hausaufgaben gemacht und löcherte den Gutachter mit detail- und kenntnisreichen Fragen.“ Die Reaktion auf die Diskussion im Gerichtssaal: „Erstaunen, Unverständnis und ein wenig Ermüdung.“

Auf ZEIT ONLINE rechnen wir mit einer harten Debatte um die beiden Gutachten – weil der angegriffene Henning Saß mit einer Stellungnahme auf die Ausführungen seines Kollegen antworten will. „Die Kritik will er nicht auf sich sitzen lassen.“ Zumal sich abzeichnete, dass das Gericht wenig Wert auf weitere Analysen von Sachverständigen legt.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 18. Mai 2017.