Beate Zschäpes Mutter Annerose war am Mittwoch zum zweiten Mal im Zeugenstand. Sie beantwortete keine Fragen, gab aber, anders als bei ihrer ersten Aussage, das Protokoll einer früheren Befragung durch die Polizei frei – als Munition für das Gutachten von Zschäpes Wunschgutachter Joachim Bauer.
Zschäpe hatte mit Bauer über ihre schwierige Kindheit gesprochen. „Was Annerose Zschäpe dem Polizeibeamten sagte, klingt indes nicht halb so dramatisch“, bilanziert Julia Jüttner auf Spiegel Online. Sie schilderte die Tochter etwa als äußerst durchsetzungsfähig, während Bauer bei der Angeklagten eine dependente (abhängige) Persönlichkeitsstörung diagnostizierte.
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„Bauers Gutachten wird immer fragwürdiger“, urteilt auch Ina Krauß vom Bayerischen Rundfunk. Der Eindruck wurde gestützt durch Bauers Verhalten nach den deutlich negativen Reaktionen auf seine Gutachtenerstattung: Er sandte eine E-Mail an die WeltN24-Gruppe, in der er einen „exklusiven Beitrag“ anbot und den NSU-Prozess als „Hexenverbrennung“ bezeichnete, in dessen Folge er „angegriffen und weggeschossen“ worden sei.
Zuvor hatten Opfervertreter der Familie von Halit Yozgat einen Befangenheitsantrag eingebracht. Wir auf ZEIT ONLINE geben dem Antrag gute Chancen: „Kommt er durch, helfen Zschäpe auch die Angaben ihrer Mutter nichts mehr.“ Bei diesen handelte es sich demnach um „die Geschichte eines Abstiegs“. Was Bauer daraus machte, war jedoch ein „reiner Entlastungsversuch auf extrem dünner Datenbasis“.
„Mit seiner Mail hat Bauer seine Arbeit nun selbst desavouiert“, meinen Annette Ramelsberger und Wiebke Ramm von der Süddeutschen Zeitung. Dies sei auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass seine Beschäftigung mit Zschäpes Kindheit „durchaus beachtenswert“ sei. Nun rechne jedoch der Großteil der Prozessbeteiligten damit, dass der Befangenheitsantrag Erfolg hat.
Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 29. Mai 2017.