Immer wieder war das Gutachten des Psychiaters Joachim Bauer über Beate Zschäpe als einseitig kritisiert worden – dieser Meinung hat sich nun das Gericht angeschlossen: Es gab einem Befangenheitsantrag von Nebenklageanwälten gegen Bauer statt. Für das Urteil ist die Analyse, die Zschäpe entlastet, damit bedeutungslos geworden.
„Schwere Schlappe für die Verteidigung“ nennt Alf Meier vom Bayerischen Rundfunk die Entscheidung. „Es ist nicht das erste Ablehnungsgesuch im NSU-Prozess. Doch es ist das erste, das Erfolg hat“, merkt Wiebke Ramm von der Süddeutschen Zeitung an. Auch sie wertet den Erfolg des Antrags als „Niederlage für Zschäpe“.
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Zschäpes Neuanwälte Mathias Grasel und Hermann Borchert beauftragten Bauer, nachdem der vom Gericht bestellte Gutachter Henning Saß Zschäpe die volle Schuldfähigkeit bescheinigt hatte. Bauer diagnostizierte bei Zschäpe eine sogenannte dependente Persönlichkeitsstörung, wegen der sie nur vermindert schuldfähig gewesen sei. Nachdem vor Gericht deutlich geworden war, dass seine Diagnose von vielen als zweifelhaft eingeschätzt wird, nannte er den Prozess in einer E-Mail an einen Journalisten eine „Hexenverbrennung“, deren Opfer Zschäpe sei. Deshalb erklärten die Richter nun, bei ihm bestehe die Besorgnis der Befangenheit.
„In Erinnerung bleiben wird von Bauers Gastspiel im Prozess nicht viel – dafür aber von Zschäpes Verhalten“, heißt es bei uns auf ZEIT ONLINE. Auffällig sei, dass die mutmaßliche Rechtsterroristin nur mit dem von ihren Verteidigern beauftragten Gutachter sprach – offensichtlich, als das Ergebnis bereits absehbar war. Somit „schärfen die Angeklagte und ihre Anwälte das Profil einer Verteidigung, die nur auf taktische Vorstöße setzt“.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 13. Juli 2017.