Beate Zschäpes drei ursprüngliche Pflichtverteidiger haben erneut ihre Entlassung aus dem Mandant im NSU-Prozess beantragt. Jetzt könnte es zu weiteren Verzögerungen im Verfahren kommen.
Eigentlich sollte es nur ein Routinetermin werden, ein letztes Stück Bürokratie, bevor Mitte März die Plädoyers der Verteidigung im Münchner NSU-Prozess beginnen. Doch schon kurz nach Eröffnung der Verhandlung am Dienstag rissen alte Konflikte wieder auf. Ein zügiges Ende des Terrorverfahrens wird damit wieder unwahrscheinlicher.
Zu Beginn hatte Richter Manfred Götzl noch für Beschleunigung gesorgt, indem er einen Teil des Prozesses abtrennte. In einem gesonderten Gerichtsprozess wird darüber entschieden, ob der Staat die Beute aus den 15 Raubüberfällen des NSU einziehen soll. Diese Entscheidung würde das Urteil im NSU-Verfahren „unangemessen verzögern“. Die Angeklagten Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, André E. und Holger G. also erneut vor Gericht erscheinen müssen – nach dem NSU-Prozess.
Dann meldeten sich Zschäpes drei ursprüngliche Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm zu Wort mit einem Antrag, den erfahrene Prozessbeobachter schon kennen: Sie forderten ihre Entlassung aus dem Mandat. Schon mehrmals hatten sie entsprechende Gesuche vorgetragen, zuletzt im März vergangenen Jahres. Auch Zschäpe selbst wollte ihre drei Pflichtverteidiger loswerden. Beide Seiten sind zerstritten, Zschäpe spricht nur noch mit ihren neuen Anwälten Mathias Grasel und Hermann Borchert, die den drei Pflichtverteidigern zur Seite gestellt wurden.
Grasel teilte mit, seine Mandantin schließe sich dem Antrag der Altverteidiger an. Schon bei den früheren Vorstößen hatten sowohl Zschäpe als auch die Anwälte die sogenannte Entpflichtung gefordert. Das Gericht lehnte jedoch ab mit der Begründung, nur mit den Anwälten, die Zschäpe seit Verfahrensbeginn vertreten, sei eine ordnungsgemäße Verteidigung gesichert.
Anwalt Heer begründete den neuerlichen Antrag damit, dass Grasel mittlerweile so gut eingearbeitet sei, dass das Verfahren gesichert sei. Das Oberlandesgericht München sei ja offenbar auch dieser Meinung, argumentierte Heer. Das lasse sich aus einer Verfügung ablesen, mit der das Gericht vergangene Woche alle drei Verhandlungstermine absetzte. Dort heißt es, es könne wegen Erkrankung Grasels und „Ortsabwesenheit“ seines Anwaltskollegen Borchert nicht verhandeln.
Wie es nun weitergeht, hängt davon ab, wie der Antrag entschieden wird, und wann. Am 13. März soll Grasel das erste Plädoyer für Zschäpe halten, die drei Altverteidiger sollen nach jetzigem Plan separat sprechen. Die oft langwierigen Entscheidungen im NSU-Prozess sind aber bekannt dafür, Kettenreaktionen auszulösen, die das Programm um Wochen zurückwerfen können. So hatte Zschäpe vor zwei Jahren einen Befangenheitsantrag gegen Richter Götzl gestellt, nachdem dieser sich geweigert hatte, Heer, Stahl und Sturm zu entlassen. Die Folge waren Verzögerungen.
In diesem Fall ist die Situation ähnlich. Die Konsequenz könnte dieselbe sein: eine mehrwöchige Zwangspause.
Mit Material von dpa