Mit dem lange erwarteten Plädoyer von Beate Zschäpes Neuverteidigern ging es am Dienstag nicht weiter – dafür mit harten Worten: Richter Manfred Götzl warf den Anwälten des Mitangeklagten Ralf Wohlleben vor, den Prozess bewusst zu verschleppen. Zuvor lehnte er mehrere Anträge ab, darunter einen auf Ladung eines mutmaßlichen Entlastungszeugen für Wohlleben. Auch Zschäpes drei Altverteidiger scheiterten mit einem Gesuch, von ihren Mandaten als Pflichtverteidiger entbunden zu werden.
Götzl habe angesichts der Vielzahl von Anträgen bislang ein Höchstmaß an Geduld gezeigt, resümiert Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung. Aber: „Jetzt ist Schluss. Jetzt wird Götzl deutlich. So deutlich, wie er noch nie war.“ Erstmals brachte er Prozessverschleppung als Antrieb der Verteidiger ins Spiel, die sich für den heutigen Tag einen Befangenheitsantrag vorbehielten. Der Vorsitzende Richter sei „sichtlich sauer“.
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Die Argumentation von Wohllebens Anwälten zeichnet Andreas Förster in der Frankfurter Rundschau nach. Christoph Arnowski vom Bayerischen Rundfunk lobt Richter Götzls Antwort darauf als einen „wahren Redemarathon (…), wie er ihn in diesen fast fünf Jahren im NSU-Prozess noch nie gehalten hat“. Praktisch nebenher habe Götzl dabei klargestellt, dass Wohlleben mit einer Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord rechnen müsse.
„Doch das grundsätzlich legitime Engagement der Anwälte, Wohlleben vor einer harten Strafe zu bewahren, erschöpft sich nun in schlecht begründeten Anträgen, die vor allem eines bewirken: Sie kosten Zeit“, analysiert Frank Jansen vom Tagesspiegel. Der Zweck ihrer Aktionen bleibe ob ihrer Aussichtslosigkeit unklar.
Nicht mehr lange, dann hat der Prozess die Fünfjahresmarke geknackt. Wie konnte es zu dieser langen Dauer kommen? Antworten liefert ein Text von Laura Gaida auf Focus Online. Demnach sind nicht etwa die zahlreichen Befangenheits- oder Entpflichtungsanträge der Verteidiger für Teile des großen Ausmaßes verantwortlich, sondern vor allem Beweisanträge, mit denen Nebenklageanwälte das Umfeld des NSU aufklären wollten.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 15. März 2018.