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Die rechte Show floppt

 

Sie fordern Freispruch: In ihrem Plädoyer im NSU-Prozess haben die Anwälte von Ralf Wohlleben für maximale Provokation gesorgt. Die Richter behielten dennoch die Ruhe.

Veranstaltungen der rechten Szene finden gewöhnlich in Hinterzimmern von Dorfgasthöfen statt, wo sie nur die Eingeweihten finden, in Schulungshäusern von Gleichgesinnten, stets abseits der Öffentlichkeit.

Im Münchner NSU-Prozess gibt es einen solchen Vortrag am Donnerstag vor Gericht zu hören. An diesem Tag endet das dreitägige Plädoyer von Nicole Schneiders, Olaf Klemke und Wolfram Nahrath. Die drei sind Verteidiger von Ralf Wohlleben, der als Waffenbeschaffer des NSU angeklagt ist. Die Bundesanwaltschaft fordert zwölf Jahre Haft wegen Beihilfe zum Mord. Dass Wohllebens Anwälte wie er selbst tief in der rechten Szene verortet sind, ist bekannt. Unklar war bis zuletzt jedoch, wie ihr Plädoyer für den 43-Jährigen aussehen würde: eine nüchterne Abrechnung oder eine Show mit Innenwirkung für die nationalen Kameraden?

Rassenkunde und Hitler-Zitate

Die Antwort haben sie die letzten drei Prozesstage gegeben, in denen sie gegen Richter, Bundesanwaltschaft und Mitangeklagte keilten. Das Finale ist der Rassenkunde-Vortrag von Anwalt Nahrath, vormals Leiter der rechtsextremen Wiking-Jugend, bis diese wegen Verfassungsfeindlichkeit verboten wurde. Der Verteidiger doziert über die Begriffe der menschlichen Rassen und des Volks, vergleicht den Holocaust mit anderen Völkermorden und ihren Opferzahlen. Den Höhepunkt bilden eine zusammenhangslose Sammlung von Zitaten von und über Adolf Hitler und die Frage nach der Schuld am Zweiten Weltkrieg.

Nahrath hätte es wohl gefallen, wenn Anwälte der Hinterbliebenen aus Protest den Saal verlassen oder die Richter ihn wegen seiner Ausschweifungen unterbrochen hätten. Doch nichts davon geschieht. Sein Versuch, sich womöglich noch als Opfer juristischer Zensur zu geben, misslingt. Die rechte Show wird zum Flop, gerade weil sie reibungslos abläuft. Die einzigen begeisterten Zuhörer sind zwei Rechtsextreme auf der Besuchertribüne.

Waren Mundlos und Böhnhardt Psychopathen?

Auch die Provokationen von Schneiders und Klemke zuvor verhallen. Klemke liefert in seinem Plädoyer eine alternative Erklärung für die Mordserie, in deren Verlauf die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Migranten und eine Polizistin erschossen: Beide hätten an einer Persönlichkeitsstörung gelitten, ausgelöst durch Traumata in ihrer Kindheit. Mit den Morden hätten sie sich einen „Kick“ verschafft, indem sie sich „zu Herren über Leben und Tod ihrer Opfer aufschwangen“. Mit Fremdenfeindlichkeit und Terrorismus habe der NSU demnach nichts zu tun. Schon früher hatte Klemke beantragt, posthum ein psychiatrisches Gutachten über Mundlos und Böhnhardt einzuholen. Er scheiterte.

Nur selten blitzen unter der Polemik Argumente hervor. So, als Klemke sich mit dem Mitangeklagten und Kronzeugen Carsten S. beschäftigt, der Wohlleben durch seine Aussage schwer belastet hatte. S. kaufte im Jahr 2000 die Waffe vom Typ Ceska 83 und übergab sie an Mundlos und Böhnhardt. Zu Prozessbeginn sagte er aus, das Geld dafür habe ihm Wohlleben gegeben, außerdem den Tipp, wo eine geschmuggelte Pistole zu bekommen ist. Wohlleben behauptet, er habe geglaubt, Böhnhardt wolle die Waffe zum Selbstmord benutzen.

Anwalt vermutet falsche Erinnerungen

Klemke stellt S.‘ Glaubwürdigkeit infrage. So habe sich dieser zunächst nicht erinnert, dass Wohlleben Handschuhe getragen habe, als er die von S. gekaufte Waffe zwecks Prüfung in die Hand nahm. Erst als der Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten S. gefragt habe, habe er davon berichtet. Noch später dann sogar, dass es sich um schwarze Lederhandschuhe gehandelt habe. Klemke ist sich sicher: Weingarten pflanzte dem Beschuldigten Erinnerungen ein. „Die liebevoll gesetzte Saat ging auf.“

Süffisant stürzt sich Klemke auf eine Bemerkung von Weingarten, nach der S. einen „besonderen Erinnerungsanreiz“ gehabt habe. Entlarvend sei das, meint der Verteidiger. Der Anreiz könne doch nur gewesen sein, „sich selbst Gnade zu erkaufen“, indem er den Ermittlern reichlich belastende Aussagen gegen seinen früheren Kumpel Wohlleben lieferte.

Auffällig sind die Parallelen zwischen den Vorträgen. Anwältin Schneiders hatte ihre Ansprache mit einem Appell an das Gewissen der Richter beendet, die sich für das Urteil „vor dem Richterstuhl des Ewigen verantworten“ müssten. Klemke legt noch eine Schippe drauf: „Ralf Wohlleben wird mit Ihrem Urteil leben müssen. Sie allerdings auch. Ich hoffe, Sie können das nicht.“

Nach den Plädoyers hat Wohlleben selbst noch einmal die Gelegenheit, zu sprechen. Zuvor halten noch die drei Altverteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe ihren Schlussvortrag – in zwei Wochen soll es damit losgehen.