Am Dienstag haben zwei Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße von 2004 eigene Plädoyers im NSU-Prozess gehalten. Mohammed A. und Arif S. schilderten nicht nur, wie die Explosion mit mehr als 20 Verletzten ihr Leben verändert hat, sondern berichteten auch von der Ignoranz der Ermittler, die nicht an Neonazis als Täter glauben wollten. Ihre Anwälte, Stephan Kuhn und Berthold Fresenius, kritisierten zudem den damaligen NRW-Innenminister Otto Schily, der einen rechtsradikalen Hintergrund ausgeschlossen hatte.
Der Vertrauensverlust in den Staat ist enorm. Einer der Männer „traute sich nicht, zum Arzt zu gehen, weil er vermutete, dann der Polizei gemeldet zu werden“, berichtet Frank Jansen vom Tagesspiegel. Anwalt Fresenius warf Schily vor, er habe „die an rassistischen Vorstellungen und Mythen orientierte Vorgehensweise“ der Polizei gewissermaßen abgesegnet.
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„Die Tat hat aus ihm einen anderen Menschen gemacht“, fasst Alf Meier vom Bayerischen Rundfunk das Schicksal von Arif S. zusammen. So habe er sich nicht mehr um seinen dreijährigen Sohn kümmern können. Zudem leide er an einer Furcht, die bleibe, „bis wirklich alle Täter, die mit dem Anschlag zu tun gehabt hätten, verurteilt seien“.
Heute ist klar, welche Motivation hinter der Bombenexplosion auf der belebten Kölner Straße steckte. Anwalt Kuhn „listet eindringlich auf, wie viele Hinweise offensichtlich dafür sprachen“, berichten Julia Jüttner und Thomas Hauzenberger auf Spiegel Online. Der Opfervertreter sagte, „wegen tatsächlicher oder vermeintlicher kultureller Unterschiede und hierauf gegründeter Vorurteile wurden die Menschen aus der Keupstraße zweimal verletzt“.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 30. November 2017.