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Die Zeugin, die nicht nur Handlangerin war – Das Medienlog vom Donnerstag, 27. März 2014

 

Wenige Erinnerungen und unschlüssige Angaben – damit verärgerte die Zeugin Juliane W. am Mittwoch Richter Manfred Götzl. W. war die Freundin des Mitangeklagten Ralf Wohlleben, als das NSU-Trio im Januar 1998 untertauchte. Die Zeugin, die sich mehrfach als naiv darstellte, ließ sich damals allerdings auf eine Kooperation mit dem Verfassungsschutz ein. „Vielleicht ist die Zeugin naiv, vielleicht sind auch manche Erinnerungslücken echt, vielleicht hat auch ein Extremist oder ein Anwalt vor ihrer Aussage auf sie eingewirkt“, mutmaßt Frank Jansen im Tagesspiegel. In jedem Fall sei ihr Aussageverhalten „hochgradig dreist“ gewesen und habe Götzl genervt.

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Jansen spricht von einer „wirren Aussage“. Deren wichtigster Inhalt: Dass W. dem Trio am Tag seines Untertauchens Hilfe geleistet habe, indem sie Kleidung aus Beate Zschäpes Wohnung holte. Zudem soll sie die Mutter von Uwe Mundlos besucht und sie um die Einrichtung eines Kontos und eine Kreditkarte für den Sohn gebeten haben. Daraus lasse sich schließen, dass W. „mehr als nur eine arglose Handlangerin gewesen sein könnte“. W. konnte sich daran, wie an so vieles, jedoch nicht erinnern.

„Die vielen Dinge, die W. heute nicht mehr überzeugend erklären kann, ziehen sich wie ein roter Faden durch den 98. Prozesstag“, lautet die Einschätzung von ZEIT ONLINE. W. habe Glück gehabt, dass sie Richter Götzl mit „ihrem lückenhaften Gedächtnis und ihren hinkenden Erklärungen“ nicht zum Wutausbruch getrieben habe.

Hinzu kam noch, dass sich einige Aussagen erheblich von den Angaben unterschieden, die W. 2012 bei der Polizei gemacht hatte. „Zeugenaussagen sind vor Gericht immer mit äußerster Vorsicht zu behandeln“, merkt Per Hinrichs in der Welt an. Und dennoch: Das Verhalten der Zeugin grenze „an Missachtung des Gerichts“. W. habe sich mehrmals beschwert, dass die Presse ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe, habe zu ihrer Rolle in der rechten Szene jedoch kaum etwas gesagt. Die rechtsextreme Organisation Thüringer Heimatschutz, in der auch das NSU-Trio verkehrte, beschrieb sie als „rechts angehaucht“.

Wegen ihrer Nähe zu den Rechtsextremen kam W. in Kontakt mit zwei Beamten des Verfassungsschutzes, die sich nach dem Aufenthaltsort der drei Untergetauchten erkundigten. W. sagte, sie wisse nichts darüber. Ihrem Freund erzählte sie gemäß der Weisung der Ermittler nichts davon – und steckte sich zweimal 100 Mark ein. „Das Geld habe sie, da sie damals wenig gehabt habe, gut gebrauchen können“, berichtet Tanjev Schultz in der Süddeutschen Zeitung. Der Autor erwähnt ein weiteres Detail aus den Aussagen: Demnach sagte W., sie habe einmal das hetzerische Brettspiel Pogromly gespielt, gemeinsam mit ihrem Freund, dem Trio und dem Zeugen André K. Drei bis vier Exemplare hätten im Keller der gemeinsamen Wohnung gelagert.

Götzls eindringliche Nachfragen zu W.s Widersprüchen und Erinnerungslücken stießen bei der Verteidigung auf Kritik. Zschäpes Anwalt Wolfgang Heer griff den Richter für seine Fragepraxis an: „Seien sie mir nicht böse, Herr Vorsitzender. Fragen Sie einen BKA-Beamten, der sich nicht erinnern kann, auch so scharf nach?“, sagte der Jurist, wie Kai Mudra in der Thüringer Allgemeinen notiert. Wohllebens Anwalt Olaf Klemke kommentierte, die „Jagdsaison“ auf Zeugen sei eröffnet – „diese Bemerkung bleibt folgenlos“, schreibt Mudra.

Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 28. März 2014.