Misstöne im NSU-Prozess: Am Mittwoch sagten drei Nebenkläger aus, die vom Bombenanschlag auf der Keupstraße betroffen waren – doch offenbar nur einem Schreiben ihres Anwalts zufolge. Demnach hatten die Zeugen bei der Explosion ein Knalltrauma erlitten. Vor Gericht wussten sie von dieser Verletzung nichts. Hatte sich der Zeugenbeistand ein Mandat konstruiert? „So stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber die Berechtigung zur Nebenklage nicht doch zu weit ausgedehnt hat“, merkt Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online an. Durch Opfervertreter dieser Art gerieten die Institution der Nebenklage und die Interessen der wahren Geschädigten in Verruf.
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Anhand der Zeugenaussagen macht Friedrichsen auch einen Konflikt innerhalb der Nebenklageanwälte aus. Einige von diesen scherten aus der mittlerweile üblich gewordenen Linie aus, immer neue Zeugen zu laden und weitere Sachverhalte zu klären – möglicherweise, weil sie nicht im Interesse der Aufklärung im Prozess sitzen. „Das ist schade angesichts der Erfolge der Nebenklage, den Prozess voranzubringen.“ Zudem müssten sich die Richter fragen, ob sie unberechtigt Teilnehmer zur Nebenklage zugelassen haben.
„Im Grundsatz geht es um die Frage, ob eine Person, die bei dem Anschlag weder verletzt wurde noch einen dauerhaften psychischen Schaden davongetragen hat“, Nebenkläger sein dürfe, schreibt Oliver Bendixen vom Bayerischen Rundfunk. Der Sachverhalt bringe einige der Anwälte zur der Meinung, „die Stellung der Nebenkläger werde quasi verwässert“.
Bendixen berichtet von einem weiteren Aufreger des 179. Verhandlungstags: Für Empörung sorgte, dass der verurteilte Neonazi Karl-Heinz Statzberger auf der Besuchertribüne Platz genommen hatte. Seine Anwesenheit „empfanden etliche Zuschauer als Provokation und Zumutung“.
Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 20. Januar 2015.