Wie sind die Beweise aus zwei Jahren NSU-Prozess zu bewerten? Während Nebenkläger mit einem Schuldspruch für Beate Zschäpe rechnen, gibt sich ihr Anwalt Wolfgang Stahl gegenüber der Nachrichtenagentur dpa selbstbewusst: „Wenn das alles so einfach wäre, wäre dieser Aufwand nicht nötig“, sagt er. Zschäpes Rolle als Helferin von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund habe die Verteidigung immer wieder bestritten, heißt es, „ohne allerdings eine andere Erklärung zu liefern, warum ihre Mandantin 13 Jahre lang mit Mundlos und Böhnhardt in der Illegalität lebte“. Das Gericht versuche derzeit, eine solidere Wissensbasis über den NSU zu erarbeiten.
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Stahl und sein Kollege Wolfgang Heer hatten sich in Schriftsachen auch gegenüber dem Gericht geäußert – zur Ablehnung Zschäpes ihrer dritten Verteidigerin Anja Sturm. In einer Stellungnahme schrieb Stahl, die Vorwürfe gegen Sturm seien für ihn „nicht nachvollziehbar“, heißt es bei dpa. Heer lässt das Gericht wissen, Sturm habe „zu keinem Zeitpunkt“ vertrauliche Informationen im Gericht verwendet, wie von der Hauptangeklagten vorgeworfen. Unterdessen gab der Strafsenat ihr durch eine Fristverlängerung bis diesen Mittwoch Zeit, die Anschuldigungen gegen ihre Verteidigerin genauer zu erläutern.
Der Kölner V-Mann Johann H. bestreitet weiter den Vorwurf, er sei in den Anschlag auf ein Geschäft in der Kölner Probsteigasse von 2000 verwickelt. Gegenüber Jörg Diehl und Roman Lehberger von Spiegel Online sagte er, er habe mit der Tat „nichts zu tun“, zudem sei er niemals Neonazi gewesen. Den NSU habe er nicht gekannt, auch hätten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt keine Szeneveranstaltung im Rheinland besucht, wie kolportiert worden war. Der vor Kurzem als Informant enttarnte H. wurde Anfang 2015 vom Verfassungsschutz abgeschaltet, berichten die Autoren.
Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 23. Juni 2015.