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Frisst uns der Sozialstaat auf?

 

Das Handelsblatt bringt heute einen Auszug aus dem neuen Buch von Gabor Steingart. These: Deutschland wird immer sozialer und kann sich seinen Wohlfahrtsstaat schon bald nicht mehr leisten.

Wahr ist, der Wohlfahrtsstaat verdreifachte seine Ausgaben in den vergangenen 25 Jahren, selbst in den vergangenen zehn Jahren konnte er sie noch um 20 Prozent steigern. (…) Die Kundschaft des deutschen Sozialstaats erfährt eine Fürsorglichkeit, wie wir sie sonst nur bei den Großfamilien der Urvölker antreffen, wo einer den anderen füttert.

Starke Worte – aber wie sieht die Realität aus? Hier also die deutsche Sozialstaatsquote:

Was sehen wir?

  • Die Sozialausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt (und nur diese Größe ist für die Tragfähigkeit entscheidend, nicht die absolute Zahl) sind etwa Anfang der siebziger Jahre deutlich gestiegen. Genauer gesagt von 20,9 Prozent im Jahr 1960 auf 28,8 Prozent im Jahr 1975. Und jetzt wird es interessant:
  • Danach gingen die Sozialausgaben im Trend wieder zurück – bis zur Wiedervereinigung, als sie wieder zulegten (aus nahe liegenden Gründen).
  • Seit 2003 fallen sie wieder – abgesehen von einem kleinen Ausreißer am aktuellen Rand, der durch die Krise bedingt sein dürfte und inzwischen wahrscheinlich schon wieder verschwunden ist. Wir waren vor der Krise, also im Jahr 2007, mit 29,2 Prozent in etwa auf dem Niveau von 1975.

Kurz und gut: Die These eines immer mehr Ressourcen vereinnahmenden Sozialstaats ist genau so falsch wie die eines radikalen Sozialabbaus. Der Sozialstaat ist im letzten Vierteljahrhundert bemerkenswert stabil geblieben – selbst externen Schocks wie die Wiedervereinigung führten nur zu einer temporären Ausweitung.

Es gibt also keinen Grund zur Panik. Wir können uns den Sozialstaat sehr wohl leisten. Wir müssen es nur wollen.