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Noch einmal Spaß mit Target 2

 

Es gibt wirklich wichtigere Dinge in diesen Tagen, aber da Hans-Werner Sinn damit begonnen hat, Pressemitteilungen zu Monatsberichten der EZB zu verschicken, nun doch noch einmal das leidige Thema.

Die EZB bringt in ihrem Monatsbericht einen Kasten zum Thema Target 2. Eine der zentralen Aussagen:

It would be wrong to believe that TARGET2 liabilities that result from the provision of relatively large amounts of liquidity to banks in some countries have a negative impact on bank lending in other countries. Rather, banks in countries where the NCB displays a positive TARGET2 balance (see Chart C, middle panel) tend to be recipients of cross-border payment flows from other countries. Banks in such countries need less central bank liquidity than would otherwise be the case in order to continue lending to households and firms in their economies.

Mit anderen Worten: Die hohen Target-Forderungen der Bundesbank bedeuten mitnichten, dass hier im Lande bei irgendjemandem die Kredite knapp werden. In seinem ersten Beitrag in der FAZ zum Thema schreibt Sinn:

Die Bundesbank verzichtet also auf eine innerdeutsche Kreditvergabe zugunsten einer Kreditvergabe über die irische Notenbank. … [Der] Traktor [ist] gegen einen erzwungenen, kontokorrentähnlichen Kredit der Bundesbank an den irischen Bauern geliefert worden, der zu Lasten der Kreditvergabe an deutsche Kreditkunden geht. 

Wichtig ist: Das wurde damals so verstanden, dass deutsche Firmen die Liquidität gekürzt wird, weil diese nach Portugal und Irland ströme.  Diese Interpretation war einer der wichtigsten Gründe für die ganze Aufregung und die Kritik an Sinn. Denn die Schlussfolgerung wäre gewesen, dass sich die Iren unsere Kredite klauen.

Inzwischen scheint das Ifo-Institut an diesem Punkt nachgebessert zu haben, denn es heißt in der neuesten Version des Arguments nur noch,  dass weniger Zentralbankliquidität in Deutschland zur Verfügung gestellt würde – es wird also die Behauptung fallen gelassen, dass den Unternehmen und Verbrauchern Liquidität fehle (weil die Banken das, was sie von der Zentralbank weniger bekommen, von anderen Banken bekommen). So kann das Ifo-Institut nun freudig mitteilen:

Die Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB)zu den Target-Salden bestätigen die Darstellung des ifo Instituts dazu, obwohl letztere wesentlich ausführlicher ist (Sinn und Wollmershäuser, CESifo Working Paper 3500, Juni 2011). Das ifo Institut begrüßt, dass es keine sachlichen Differenzen über den Vorgang an sich gibt. (…)   Ein positiver Target-Saldo wie in Deutschland bedeutet keine Einschränkung der Liquidität, da diese Salden aus dem Zufluss grenzüberschreitender Liquidität resultieren. (Die von außen zufließende Liquidität verdrängt deshalb den Refinanzierungskredit in Deutschland! Vgl. Sinn und Wollmershäuser, Abbildung 9. )

Klar: Wenn die These nur noch ist, dass die deutschen Banken weniger Geld von der Bundesbank benötigen, weil sie von ausländischen Banken mit Geld zugeschüttet werden, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Aber: Dann ist die ganze Sache vollkommen unkontrovers und auch irrelevant, denn ob die Deutsche Bank sich nun bei der Bundesbank refinanziert oder bei der BNP Paribas ist schlicht egal. Wichtig ist, was bei den Unternehmen ankommt.

Ich habe übrigens von Anfang an Sinns These zugestimmt, dass die EZB Leistungsbilanzdefizite finanziert im Süden (nur brauche ich dazu keine Target-Salden, sondern kann direkt in die Refinanzierungsstatistik). Aber ich halte das für richtig, und auch hilfreich für die deutsche Wirtschaften um die Anpassung zu erleichtern, die ansonsten schockartig gekommen wäre – was schlecht wäre für uns und die anderen.