489 Milliarden Euro haben die Banken bei der ersten Dreijahresauktion der Europäischen Zentralbank abgerufen. Ein Rekord. Aber trägt es auch zur Lösung der Krise bei?
At the margin: Ja. Durch das Geld der Notenbank sollte die Gefahr beseitigt sein, dass eine Bank an einem akuten Refinanzierungsproblem untergeht. Und für all diejenigen, die jetzt wieder vor Inflation warnen: Die EZB springt ein, weil der private Geldmarkt weitgehend zusammengebrochen ist und die Banken einander nicht mehr vertrauen. Sie ersetzt also letztlich die Geldströme, die normalerweise unter den Banken stattfinden. Daran ist nichts auszusetzen.
Ob die Notenbank mit ihren Liquiditätsoperationen auch die Kreditvergabe an die Unternehmen und Haushalte stimulieren kann, ist eine andere Frage. Ein Kredit kommt nur zustande, wenn er angeboten und nachgefragt wird.
Die Liquidität der Notenbank kann eine dramatische Einschränkung des Kreditangebots verhindern, weil die Banken ihre Ausleihungen nun zum Teil bei der EZB refinanzieren können. Aber erstens gibt es das Notenbankgeld nur für drei Jahre, und die Aufsichtsbehörden werden – Stichwort Fristenkongruenz – etwas dagegen haben, wenn damit beispielsweise ein zehnjähriger Kredit refinanziert wird. Und zweitens braucht es dazu Banken, die bereit sind, Risiken auf ihre Bilanz zu nehmen, denn schließlich besteht bei der Vergabe eines Kredits immer die Gefahr, dass er nicht zurückgezahlt wird. Davon dürfte es in der aktuellen Lage nicht sehr viele geben.
Wenig Einfluss hat die Liquiditätspolitik der EZB auf die Kreditnachfrage. Wenn die Geschäfte schlecht laufen und alle sparen (müssen), ist die Bereitschaft, größere Kredit-finanzierte Investitionen zu tätigen eher gering. Wer die Nachfrage nach Krediten stimulieren will, der sollte sich die Konsolidierungsbeschlüsse des letzten EU-Gipfels vornehmen.
Wie steht es nun um Staatskredite? Die Kreditnachfrage ist hier ohne Frage vorhanden. Die Länder der Währungsunion müssen im kommenden Jahr nach Schätzungen von Nomura 1516 Milliarden Euro aufnehmen (inklusive kurzfristiger Anleihen). Wahrscheinlich werden die Banken im kurzfristigen Bereich sogar den ein oder anderen Euro von der EZB investieren, schließlich lässt sich an der Zinsdifferenz ganz gut verdienen – der Erfolg bei der Auktion von spanischen Kurzfrist-Anleihen diese Woche ist hierfür ein Indiz.
Dass die Geldinstitute allerdings im großen Stil mit dem EZB-Geld Staatsfinanzierung betreiben, ist unwahrscheinlich. In diesen Tagen ist ein großes Anleiheportfolio für jede Bank ein Reputationsrisiko erster Klasse, das Investoren und Aktionäre sofort bestrafen. Und dann ist da noch das Risiko, dass die Finanzaufseher auf die Idee kommen, einen neuen Stresstest aufzulegen und für Anleihebestände mehr Eigenkapital einzufordern. Niemand will den Weg der Commerzbank gehen, der wegen ihres Engagements in Südeuropa die Verstaatlichung droht.
Mit anderen Worten: Wer darauf setzt (oder fürchtet), dass die Notenbank Staatsfinanzierung durch die Hintertür betreibt, wird enttäuscht (oder erleichtert) sein. Und nur am Rande: Die Debatte über mögliche Anleihekäufe der Banken zeigt, weshalb eine juristische Betrachtung ökonomischer Probleme zu kurz greift. Der EU-Vertrag verbietet die direkte monetäre Staatsfinanzierung, nicht aber die Finanzierung der Banken zum Zwecke der Staatsfinanzierung. Dabei ist letzteres viel problematischer, denn wenn die EZB den Staaten direkt Geld leiht, kann sie Bedingungen diktieren – wenn sie es den Banken leiht, damit diese es den Staaten leihen, geht das nicht.
Mein Tipp wäre, dass ein großer Teil des Geldes am Ende von den Banken wieder bei der EZB deponiert wird.
Die Inflation kommt nicht.