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Die Wahrheit über Target 2 – von Olaf Sievert

 

Olaf Sievert ist ein konservativer Ökonom, der den Sachverständigenrat stramm angebotspolitisch ausgerichtet hat. Es spricht also kein Euro-Umverteiler in diesem offenen Brief an Hans-Werner Sinn zum Thema Target 2, sondern wenn man so will gute alte Bundesbankschule.

Und was Sievert sagt, ist höchstinteressant – und völlig korrekt:

 Über das Target2-System wird kein Kredit gewährt. Ein Euro ist ein Euro, gleichviel ob er in Gestalt einer Forderung gegen die Deutsche Bundesbank oder als Forderung gegen den Banco d’Italia auftritt. Eine irreführende Wortwahl bei der Kennzeichnung eines Sachverhalts ist kein guter Einstieg in dessen Analyse.

Und weiter:

Warum (…) stellen sie eine so einfache Sache wie die Entstehung und Verwendung von Zentralbankgeld so umständlich dar, dass am Ende alle nur noch in gestanzten Formeln davon reden.

Sievert spricht sich keineswegs dafür aus, die europäische Peripherie mit Zentralbankgeld zuzuschütten. Denn er weiß natürlich, dass die die Risiken steigen, wenn die Zentralbank mehr Geld verleiht. Sein Einwand ist also nicht inhaltlicher, sondern methodischer Natur. Und da die Methode der Clou der Target-2-Debatte ist (dass die Griechen vom Geld der EZB abhängig sind, wusste auch vorher schon jeder), ist seine Kritik vernichtend:

Verbringung von Zentralbankgeld und Schaffung von Zentralbankgeld sind grundverschiedene und zu trennende Vorgänge (…).  Die Trennung  (…) fällt für denjenigen, der speziell an der Analyse der internationalen Dimension der Vorgänge interessiert ist, am leichtesten, wenn er sich an die Stelle des Systems der Europäischen Zentralbanken eine vollständig konsolidierte  Europäische Zentralbank denkt. Internationale Verbringung von Zentralbankgeld (innerhalb der Währungsunion) ist dann ausgeblendet. Wir reden dann nur noch über Schaffung von Zentralbankgeld. Was in diesem Falle von den in Ihren Analysen herausgestellten Problemen wegfällt, der ganze Target2-Kram zumal, wäre identifiziert als Folge der föderalen Organisation der Notenbank, was übrig bleibt, stellte sich als Folge der Geldpolitik und der sie bestimmenden Regeln dar.

Genau diesen Punkt versuche ich seit einem gefühlten Jahrhundert zu machen: Die Folgen der Geldpolitik der EZB sind real und zu diskutieren – aber die Target-Salden klären nichts, sie vernebeln nur. Wenn ich wissen will, wie hoch die Risiken für die Zentralbankbilanz sind, wenn Griechenland aus der Währungsunion austritt, schaue ich mir an wie viel Geld die EZB in Griechenland verliehen hat. Ich muss mich nicht langwierig bei der griechischen Bank und dem irischen Traktor aufhalten.

Sievert:

Aber ich meine doch, man muss nicht bis in alle Ewigkeit daran festhalten, die bedenkenswerten Probleme bei der Schaffung von gemeinsamem Zentralbankgeld in einem System rechtlich selbständiger Zentralbanken zunächst einmal an den Target2-Salden festzumachen, nur weil man zufälligerweise  gerade dort auf den Einfall gekommen ist, dass es solche Probleme geben kann. So viel Treue zur Biographie der eigenen Genialität verlangt niemand.

 Sievert macht noch einige weitere wichtige Punkte. Unbedingt lesenswert.

Update: Sinn hat inzwischen geantwortet und hier Olaf Storbeck zu dem Thema.