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Die EZB und der Zinsdeckel – Versuch einer Klärung (with English language update)

 

Die Meldung, wonach die EZB plane, einen Zinsdeckel für südeuropäische Staatsanleihen einzuführen, hat eine beachtliche Rallye an den Märkten ausgelöst. Das legt die Frage nahe, was bei der nächsten Sitzung des Zentralbankrats wohl entschieden werden wird – und es dürfte eine Enttäuschung geben.

Nach allem, was ich höre, stellt sich die Lage so dar:  In den Arbeitsgruppen des Eurosystems – insbesondere in der Generaldirektion Marktoperationen unter Ulrich Bindseil – wird an verschiedenen Modellen getüftelt. Das ist nicht unüblich, dort werden ständig verschiedene Optionen durchgespielt, auch bei den LTRO lagen unterschiedliche Varianten vor.

Ich höre auch, dass der Rat sich nicht für eine öffentliche Festlegung einer Obergrenze für den Risikoaufschlag gegenüber deutschen Staatsanleihen entscheiden wird. Es gibt einige Ratsmitglieder, die das gerne hätten, aber eine Mehrheit ist nicht in Sicht und auch der Präsident dürfte dagegen sein. Draghi ist ein sehr kluger Diplomat und er steht in einem regen Kontakt mit führenden Mitgliedern der Bundesregierung. Er weiß sehr genau, wie weit er gehen kann, ohne den offenen Widerspruch aus Berlin zu provozieren. Und die Bundesregierung würde einen yield cap nicht mittragen.

Die EZB aber braucht die Rückendeckung aus Berlin. Solange er nur die Bundesbank als Gegner hat, kann Draghi seinen Kurs fortsetzen. Jens Weidmann alleine wird die deutsche Öffentlichkeit nicht gegen die EZB aufbringen, dazu ist er nicht der Typ und dazu ist die Bundesbank bei allem Respekt, den sie genießt, dann doch nicht mächtig genug.

Sobald aber Angela Merkel die Notenbank öffentlich kritisiert, muss sie sich Sorgen um ihren Rückhalt in Deutschland machen. Merkel ist gewissermaßen Draghis unfreiwillige Bündnispartnerin gegen Weidmann, was eine durchaus interessante und für die Beteiligten nicht eben angenehme Konstellation ist, wenn man bedenkt, dass Weidmann die Kanzlerin lange beraten hat und noch berät.

Wenn es keine öffentlichen Zinsobergrenzen gibt, was dann?  Ich denke, dass die EZB öffentlich signalisieren wird, dass sie extreme Zinsunterschiede nicht toleriert (vielleicht durch die Formulierung, exzessive  Spreads seien unwillkommen) und dagegen vorgehen wird, wenn die betreffenden Länder die Voraussetzungen erfüllen, wozu insbesondere die Aktivierung eines Anleiheprogramms mit dem EFSF/ESM gehört.

Natürlich benötigt die Notenbank deshalb intern eine Vorstellung, wo der Spread idealerweise liegen sollte, denn sonst kann sie nicht beurteilen, ab wann der Zinsabstand exzessiv ist und ab wann sie eingreifen wird. Eine solche interne Zinsgrenze gab es nach allem, was ich höre, auch schon beim alten SMP. Der wesentliche Unterschied ist, dass damals das Interventionsvolumen begrenzt wurde.

Diese Begrenzung wird jetzt wegfallen, aber das hat Draghi ja auch schon angedeutet. Letztlich findet also im Moment eine Operationalisierung dieser Andeutung statt – und der Nachrichtengehalt der Meldung ist aus meiner Sicht nicht allzu groß. Aber die Märkte sind nun einmal wie sie sind.

Die spannende Frage ist, weshalb sie an die Öffentlichkeit gelangte. Es gibt zwei plausible Möglichkeiten. Entweder die EZB hat sie lanciert, weil sie testen wollte, wie die Reaktion in Deutschland ist und ob sie vielleicht doch weiter gehen kann. Oder die Bundesbank hat sie lanciert, weil sie die deutsche Öffentlichkeit mobilisieren wollte. Wenn es wirklich die EZB gewesen sein sollte, dann wäre es ein höchst ungeschicktes Manöver gewesen:  Die Markterwartungen, die durch die Meldung aufgebaut wurden, setzen Draghi enorm unter Druck, zugleich ist man in Deutschland nun für das Thema sensibilisiert und wird sehr genau beobachten, was die EZB tut.

Update: Die Welt sieht es ähnlich und der Spiegel windet sich

As there seems to be some interest in the markets, I am providing a quick English language version of this blog entry

Reports that the ECB plans to cap the yields of peripheral goverment bonds has triggered a remarkable market rallye. The questions hence is what the governing council might decide at its next meeting – und  investors are likely to be disappointed.

From what I am hearing, the situation is the following: The Eurosystem’s technical working groups – led by the directorate market operation under Ulrich Bindseil – are working on different approaches. This is not uncommon as these groups are always engaged in testing new ideas and also provided different options when the LTROs were decided upon.

I am also hearing that the Governing Council is unlikely to vote for a publicly announced cap on the spread between German and peripheral government bonds. There are some members of the Council who would like to go that far, but a majority for such a proposal is not in sight and the president is also sceptical.

Mario Draghi a a very clever diplomat and he is in close contact with leading members of the German government. He know very well, how far he can go without provoking open resistance from Berlin. And the German government would not back a yield cap.

The ECB however needs Berlin’s backing. Mr Draghi is able to deal with the Bundesbank’s opposition. Jens Weidmann is not going to incense the German public against the ECB, he is not the person to do such a thing and even if he were the Bundesbank alone, despite its standing in Germany, probably does not have the clout to do so.

Things would change if Angela Merkel stepped in and attacked the ECB because in this case Mr Draghi would put the bank’s reputation in Germany at risk. In a way Ms Merkel is Mr Draghi’s ally against Mr Weidmann – a constellation which is interesting and probably a bit awkward for everyone involved if one keeps in mind that Mr Weidmann was an advisor to the chancellor and is still advising here.

If there is no publicly announced  yield cap, what will we get? I think, the ECB is going to signal that it is not going to tolerate extreme interest rate differentials (perhaps by saying that exessive spreads are unwelcome). The Governing Council will take action if the necessary conditions are met, which means the activation of a bond buying EFSF/ESM programme for the countries in question.

Of course the ECB internally needs to have an idea of the ideal size of the spread, because otherwise it would not be able determine whether interest rate differentials are excessive and it needs to intervene. From what I am hearing such an internal yield target already was in place in the times of the old SMP. The major difference is that back then the intervention volume was limited.

This limitation is now gone, but Mr Draghi has already indicated this. All in all, we are observing the operationalisation of Mr Draghi’s remarks– and there wasn’t  really that much news in the report.

The interesting question is, why the stuff was leaked. There are two plausible alternatives. Either the ECB did the leaking, because it wanted to get a fealing how far it can go without loosing the German public. Or the Bundesbank did the leaking, because it wanted to mobilise the German public in order to kill the idea. If the ECB was behind it, it was a clumsy operation: Market expectations have been building up since the leak and are increasing the pressure on Mr Draghi and at the same time the German public is now on alert and will watch very closely what the ECB will be doing.