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Wir haften immer

 

Wie ich an dieser Stelle bereits vor einer Woche geschrieben habe, erwägt die EZB, ihr geplantes Anleiheprogramm über die nationalen Notenbanken zu organisieren. Dabei handelt es sich um ein Zugeständnis an die Deutschen. Wenn die EZB Anleihen kauft, findet automatisch eine Vergemeinschaftung von Risiken statt, da im Fall eines Zahlungsausfalls die Mitgliedsstaaten über ihre nationalen Notenbanken die Haftung für etwaige Verluste übernehmen.

In Deutschland gibt es dagegen massiven Widerstand und als Zugeständnis an die Deutschen will Draghi die Risiken auf die Bilanzen der nationalen Notenbanken abwälzen. Nun hat Merkel bei ihrem Vier-Augen-Gespräch mit Draghi in der vergangenen Woche nach meinen Informationen deutlich gemacht, dass sie QE trotzdem nicht aktiv unterstützen wird – es gibt aber Indizien dafür, dass sie sich zumindest mit öffentlicher Kritik zurückhalten wird.

Die Sache hat nur einen Haken: QE ohne gemeinsame Haftung ist in einer Währungsunion nicht möglich. Denn wenn, wie es geplant ist, die nationalen Notenbanken die Anleihen ihrer Länder kaufen, findet zwar keine direkte Verlustübernahme statt. Kauft zum Beispiel die portugiesische Notenbank portugiesische Anleihen und stellt Portugal den Schuldendienst ein, dann bleibt der Verlust in Portugal.

Weil aber die Anleihen mit der gemeinsamen Währung erworben werden, findet unweigerlich eine Vergemeinschaftung statt. Sie läuft über das Target-System. Die verstärkte Inanspruchnahme der Notenbank wird dazu führen, dass sich in den Krisenländern die Target-Verbindlichkeiten erhöhen. Sie werden noch weiter anschwellen, wenn in den betroffenen Ländern eine Schieflage droht, weil dann Bankkunden ihre Konten räumen und die Investoren Geld abziehen, weshalb die Notenbank einspringen muss. Im Fall eines Austritts des Landes aus der Währungsunion aber wird aus der virtuellen Target-Verbindlichkeit einer reale – und die verbleibenden Mitglieder haben den Schaden.

Nun habe ich bekanntlich immer argumentiert, dass Target-Salden irrelevant sind. Das sind sie auch innerhalb einer Währungsunion  – aber hier geht es ja um die Frage, inwieweit die Steuerzahler im Extremfall einer großen Staatspleite mit möglicherweise folgendem Exit geschützt werden können. Nur in einem solchen Szenario würden ja auch bei regulärem QE im großen Stil Kosten fällig.

Mein Punkt ist: QE führt ohnehin nur im Fall schwerer Verwerfungen zu massiven Verlusten. In einem solchen Fall schützt aber auch die Verschiebung der Käufe auf die Bilanzen der Notenbanken nicht. Deshalb sollte man auf die Debatte nicht zu viel geben – zumal ein QE ohne Risikovergemeinschaftung die Risiken sogar erhöhen könnte, wenn es am Markt für nicht glaubwürdig erachtet würde und dadurch die Krise wieder eskaliert und die Wahrscheinlichkeit eines Eintretens des Haftungsfalls sich erhöht. Oder wie es die Analysten von Barclays Capital formulieren:

Eurosystem exposure to each member state’s risk is equivalent under both sharing and non-sharing of risk, due to the Target 2 exposure

Ohnehin ist noch nicht klar, ob sich Draghi mit einer Variante ohne Risikovergemeinschaftung durchsetzen könnte. Die Abstimmungsregeln im Notenbankrat stärken die Anhänger einer Vergemeinschaftung der Risiken. Der Grundsatzsbeschluss – QE oder nicht – muss durch eine Mehrheitsentscheidung vom EZB-Rat getroffen werden, dem die Präsidenten der nationalen Notenbanken und die sechs Mitglieder des Direktoriums der EZB angehören. Über die Verteilung der Risiken dagegen entscheiden allein die nationalen Notenbankchefs – und in diesem Kreis haben die Südländer eine Mehrheit.