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Der IWF sagt die Wahrheit, aber zu spät

 

Manchmal sind ein paar Tage eine ganze Welt. Am Donnerstagabend hat der Internationale Währungsfonds seine Schuldentragfähigkeitsanalyse für Griechenland veröffentlicht – und auf einmal sehen die Vorschläge von Syriza gar nicht mehr so verrückt aus.

In Kürze: Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht davon aus, dass Griechenland rund 50 Milliarden Euro zusätzlich an Hilfe und einen Schuldenschnitt benötigt – und das wenige Tage nachdem Deutschland und andere Euroländer das Angebot über Verhandlungen über einen solchen Schuldenschnitt aus einer von der Eurogruppe bereits erarbeiteten Vorlage herausgestrichen haben.

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In den Worten des IWF:

To ensure that debt is sustainable with high probability, Greek policies will need to come back on track but also, at a minimum, the maturities of existing European loans will need to be extended significantly while new European financing to meet financing needs over the coming years will need to be provided on similar concessional terms. 

Es war allen Beteiligten immer klar, dass es früher oder später einen solchen Schuldenschnitt geben würde, denn auch wenn die Schuldenlast jetzt wegen der niedrigen Zinsen nicht besonders stark drückt, wird sie es irgendwann einmal tun. Das wusste auch Wolfgang Schäuble.

Die eigentliche Frage war, wann darüber verhandelt werden und wann er greifen würde. Schäuble hat alles dafür getan, dass das Thema jetzt nicht auf die Agenda kommt – weil er die Schulden erst als Belohnung für Reformen erlassen wollte, und weil er Angst hat vor der Unionsfraktion, die beim Thema Schulden keinen Spaß versteht. Die Griechen dagegen wollten den Schuldenschnitt jetzt zumindest in Aussicht gestellt haben, weil sie eine solche Zusage als politischen Preis für die eigenen Wähler benötigen.

Wenn der IWF seine Analyse in der vergangenen Woche – als die Verhandlungen noch liefen – veröffentlicht hätte, dann hätten sich die Deutschen nicht mehr gegen einen Schuldenschnitt stellen können. Sie wollen schließlich den IWF an Bord halten. Vielleicht wäre dann der große Schlamassel verhindert worden.

Warum die Zahlen erst jetzt veröffentlicht werden, darüber lässt sich bisher nur spekulieren. Sollten die Europäer dafür gesorgt haben, weil sie unangenehme Debatten fürchteten, dann sind sie für die Eskalation der Situation in hohem Maße mitverantwortlich.