Es ging schneller als erwartet – doch das Ergebnis ist keine Überraschung: Die Richter im NSU-Prozess sind von einem anderen Richtersenat des Münchner Oberlandesgerichts für unparteiisch befunden worden. Damit ist der Befangenheitsantrag des Angeklagten Ralf Wohlleben vom Mittwoch abgewiesen. Für Frank Jansen vom Tagesspiegel ist der Ablehnungsbeschluss „ein doppelter Rückschlag“: „Das 16-seitige Papier liest sich beinahe schon wie ein Urteil“, weil sich darin zeige, dass die Richter den Verdacht gegen Wohlleben für glaubwürdig halten.
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Wohllebens Verteidiger hatten den Antrag am Vortag gestellt, weil das Gericht einen Antrag des Angeklagten auf Entlassung aus der Untersuchungshaft abgelehnt hatte. Sie werfen den Richtern vor, entlastende Indizien ignoriert zu haben.
Auch über die Formalie hinaus beschäftigte sich das Gericht mit Wohlleben: Dessen Frau Jaqueline war am Vormittag als Zeugin geladen, verweigerte aber erwartungsgemäß die Aussage und nahm als Angeklagtenbeistand neben ihrem Mann Platz. „In den Verhandlungspausen tuscheln sie miteinander und erwecken auch sonst den Eindruck zweier Jungverliebter. Wohlleben, der sonst ohne Regung die Verhandlungstage aussitzt, wirkt plötzlich sehr entspannt“, beschreibt Martin Debes von der Thüringer Allgemeinen die Situation.
Im Anschluss sagte ein Polizist aus Rosenheim aus, der mit einem Beamten des Staatsschutzes den NSU-Weggefährten Thomas S. befragt hatte. S. soll dem NSU-Trio nach dessen Abtauchen 1998 Wohnungen vermittelt haben. Die Aussage wurde zum Angriffsziel der Verteidiger von Beate Zschäpe, wie Eckhart Querner vom Bayerischen Rundfunk schildert. So hätten die Vernehmungsbeamten immer wieder Suggestivfragen gestellt und Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt undifferenziert als Trio bezeichnet. Der Zeuge räumte daraufhin ein, der Kollege vom Staatsschutz habe zu undifferenzierte Fragen gestellt.
„Tatsächlich zeigt die Befragung des ehemaligen NSU-Unterstützers S. deutliche Schwachstellen“, kommentiert Querner. Schließlich sei der Verteidigung „ein kleiner Punktsieg“ gelungen: Richter Manfred Götzl kündigte im Anschluss an, das Gericht werde prüfen, welche Teile von S.‘ Aussage verwertbar seien.
Vor der Vernehmung des Thüringer Neonazis und früheren V-Manns Tino Brandt Mitte Juli forderten 14 Nebenklageanwälte, dem Zeugen aus geheim gehaltenen Protokollen Vorhalte machen zu dürfen, wie in der Jungen Welt nachzulesen ist. Es geht um die Vernehmungsmitschriften der Aussagen von fünf Mitarbeitern des Verfassungsschutzes vor dem Thüringer Untersuchungsausschuss. Sie sind als geheim oder Verschlusssache eingestuft und dürfen daher bislang nicht im Prozess verwendet werden.
Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 7. Juli 2014.