Die extrem rechten 1. Mai-Aufmärsche stehen auch in diesem Jahr wieder in zahlreichen Städten in Deutschland ins Haus – ein Überblick über den „braunen 1. Mai“ und die geplanten Gegenproteste. Auch in diesem Jahr werden zahlreiche JournalistInnen gemeinsam berichten; von Dortmund bis Berlin, von Rostock bis Plauen.
Von Stefan Laurin und Felix M. Steiner
Wie auch in den Jahren zuvor finden am 1. Mai 2014 zahlreiche extrem rechte Demonstrationen und Kundgebungen in ganz Deutschland statt. Neonazis werden also auch in diesem Jahr versuchen, ihre Propaganda am 1. Mai auf die Straße zu tragen, was im laufenden Wahlkampf vor allem für die Parteien von großer Bedeutung sein dürfte. Egal ob NPD, Pro NRW oder das „freie“ Kameradschaftsspektrum – der erste Mai bleibt weiterhin auch ein wichtiger Aktionstag der extremen Rechten.
Die NPD – Zwischen Bratwürstchen und Demonstration
Die NPD befindet sich in einem wichtigen Wahlkampfjahr und versucht derzeit wohl möglichst negative Berichterstattung zu vermeiden. Den 1. Mai nutzt die Partei für zahlreiche Veranstaltungen verschiedenster Art. Die zentrale 1. Mai-Veranstaltung der NPD findet in Rostock statt. Hier mobilisiert der NPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern zur „nationalen 1.-Mai-Demonstration“. Anmelder ist der Landtagsabgeordnete David Petereit. Die NPD mobilisiert für 12.00 Uhr zum Beginn der Demonstration. Aber auch in Rostock sind bereits zahlreiche Gegenaktionen geplant. Für Empörung sorgt hier vor allem die zunächst vermutete Nähe der NPD-Demonstration zum Gedenkstein für Mehmet Turgut, der an eben jenem Ort 2004 ermordet worden ist. Wie verschiedene Bündnisse derzeit berichten, gab es eine Veränderung der angemeldeten NPD-Route. So wird die Partei wohl im Stadtteil Groß-Klein, der unter anderem an Lichtenhagen angrenzt, aufmarschieren. Die Genaue Aufmarschstrecke ist bisher nicht bekannt.
Drei weitere – eher kleine – Aufmärsche der NPD finden in Berlin, Duisburg und Kaiserslautern statt. In Berlin hat der NPD-Ortsverband Neukölln für den 1. Mai eine Demonstration mit 100 Teilnehmern angemeldet. Im Vergleich zum letzten Jahr also eine deutlich kleinere Veranstaltung. Die Demonstration der NPD beginnt am S-Bahnhof Neukölln an der Karl-Marx-Straße und sollte zunächst auch an einer Asylbewerberunterkunft entlang gehen. Dies wurde der extrem rechten Partei jedoch untersagt. Wann genau der Aufmarsch beginnt, ist bisher nicht bekannt. Mittlerweile mehren sich die Anzeichen, dass eventuell gar kein NPD-Aufmarsch statt finden könnte. Hier gilt es die nächsten Tage abzuwarten.
Update: In Berlin hat die NPD ihre Anmeldung zurückgezogen.
Für eine weitere Demonstration mobilisiert derzeit der NPD-Landesverband Rheinland-Pfalz unter dem Motto „Europa wählt rechts – die Pfalz wählt NPD“ nach Kaiserslautern. Angekündigt werden derzeit auch Kundgebungen vor „Asylunterkünften“. Der angekündigte Demonstrationsbeginn ist 12.00 Uhr. Bisher ist die genaue Strecke nicht bekannt. Zu Gegenaktivitäten ruft das Bündnis „Kaiserslautern gegen Rechts“ auf. Doch auch der Aufmarsch in Kaiserslautern dürfte sich eher im Bereich um die 100 Teilnehmer bewegen und wohl auf die Mobilisierung der regionalen Szene ausgerichtet sein.
Die Duisburger NPD kann für sich in Anspruch nehmen, dass von ihr eine der größten Erschütterungen der Nazi-Szene der vergangenen Monate ausging: Viele Monate lange war die ehemalige Porno-Darstellerin und Prostituierte Ina Groll das Aushängeschild der Duisburger Nazis, die bei der Bundestagswahl eine der besten Ergebnisse bundesweit einfuhr. Mittlerweile haben die Aktivitäten von Groll zum Sturz des NPD-Geschäftsführers Marx geführt und auch die Konkurrenz von Worchs Partei „Die Rechte“ erschüttert, in die Groll eintreten möchte, nachdem die NPD ihr die Mitgliedschaft verwehrt hat. Wie stark das Mobilisierungspotential der NPD in Duisburg sein wird, ist eine der spannenden Fragen des 1. Mais: NPD-Chef Udo Pastörs kommt nach Duisburg und liefert sich so ein Fernduell mit Worch, der nur ein paar Kilometer weiter östlich in Dortmund Die Rechte aufmarschieren lässt. Beginn der Veranstaltung ist 11.00 Uhr am Hauptbahnhof. Auch in Duisburg mobilisieren Initiativen gegen die extrem rechten Veranstaltungen.
Dass Demonstrationen bei der NPD mittlerweile für Wahlkampfzwecke an Bedeutung verloren haben, zeigt der NPD-Landesverband Thüringen. Hier lädt die extrem rechte Partei in Eisenach nicht zu einer Demonstration sondern zum „Anwohnerfest“ mit kostenlosen Würstchen und Bier für einen Euro. Neben den bekannten Veranstaltungen dürfte es bundesweit zahlreiche weitere – kleinere – Aktionen der Partei geben, die besonders auf den anstehenden Wahlkampf ausgerichtet sind.
Die Rechte und Pro NRW
Gleich drei Veranstaltungen plant Pro NRW am 1. Mai. Mit dem der Partei eigenen Hang zu unfreiwilliger Komik wurden für 14.00 und 16.00 Uhr in Essen und für 19.00 Uhr in Duisburg am hellichten Tag „Lichterketten“ angekündigt. In Essen wird die Partei ihre Anhänger mit PKW ankarren müssen. In Duisburg hingegen gab es im vergangenen Jahr spontane Zustimmung bei Teilen der Bevölkerung, die sich der Hetze von Pro NRW gegen Roma anschloss.
Christian Worchs Parteigründung „Die Rechte“ wird am 1. Mai in Dortmund ihre zentrale Demonstration durchführen. Die Partei hat Siegfried „SS Siggi“ Borchardt, als Spitzenkandidaten für die Kommunalwahl aufgestellt und braucht dringend einen Erfolg: Bekommt sie weniger Zulauf als die NPD in Duisburg und kommt Borchardt nicht in den Rat, ist Worchs Projekt gescheitert. Aber auch für den Protest gegen die Nazis ist der 1. Mai wichtig: Erstmals haben sich die verschiedenen Gruppen der Nazi-Gegner in Dortmund zusammengeschlossen, um den Aufmarsch durch Blockaden zu verhindern. Sollte das gelingen, wäre auch das ein weiterer harter Schlag gegen die Nazi-Szene der Stadt, die sich vom Verbot der Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ 2012 bislang nicht erholt und in der Partei „Die Rechte“ Unterschlupf gefunden hat. Infos zu den Gegenprotesten gibts hier.
„Freie Szene“ – Von Bayern nach Sachsen
Wie schon in den letzten Jahren mobilisiert die „freie Neonaziszene“ rund um das „Freie Netz Süd“ zum zentralen Mai-Aufmarsch der Kameradschaftsszene. Doch in diesem Jahr findet die angekündigte Demonstration nicht wie üblich in Bayern statt sondern wurde ins sächsische Plauen verlegt. Dies dürfte wohl nicht zuletzt auch mit den einbrechenden Teilnehmerzahlen der letzten Jahre in Zusammenhang stehen. Unter dem Motto „Arbeitsplätze zuerst für Deutsche“ läuft die Mobilisierung wie üblich über eine eigene Homepage. Für diese zeichnet der Neonazi-Führungskader Norman Kempken aus Nürnberg verantwortlich. Gleichzeitig ist Kempken Anmelder der Neonazi-Demonstration in Plauen, wie der Bayrische Rundfunk berichtet. Der Aufmarsch dürfte mit der Verlagerung nach Plauen für die „freie Szene“ in Süd- und Ostdeutschland der zentrale Anlaufpunkt für den 1. Mai sein. Beobachter der Szene schätzen, dass 500-1.000 Neonazis nach Plauen reisen werden. Auch in Plauen laufen die Vorbereitungen zu den Gegenprotesten auf Hochtouren. Sowohl das antifaschistische Bündnis „Let´s take it back“ als auch „Vogtland nazifrei“ mobilisieren zu Gegenprotesten.
#1Mainazifrei – Berichterstattung
Wie bereits im letzten Jahr haben sich verschiedene Projekte und Einzelpersonen zusammengeschlossen, um von den verschiedenen Orten der Neonazi-Aufmärsche zu berichten. Unter anderem sind die Ruhrbarone, Publikative.org und der Zeit-Online-Störungsmelder an der gemeinsamen Berichterstattung beteiligt. Am 1. Mai selbst werden wir euch über verschiedene Twitter-Accounts mit Informationen versorgen. Dabei werden die Ruhrbarone (Twitter) ihren Schwerpunkt in Dortmund, Essen und Duisburg haben. Das Team des Störunsgmelder (Twitter) wird seinen Schwerpunkt in Plauen setzen und einen Überblick aus den verschiedenen Aufmarschorten wird es bei Publikative.org (Twitter) geben. Wir werden gemeinsam den Hashtag #1mainazifrei verwenden und diese durch lokale Hashtags ergänzen. Gemeinsam werden wir aus Rostock, Berlin, Plauen, Dortmund, Essen und Duisburg berichten. Am Folgetag wird es dann einen gemeinsamen Text mit Bildern aus allen Aufmarschorten geben, so dass ein guter Überblick auf den „braunen 1. Mai“ gewährleistet werden kann. Für die Live-Berichterstattung werden alle beteiligten Projekte sowohl ihre Twitter-Accounts als auch die dazugehörigen Facebook-Seiten nutzen.