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Die Polizeieieieieiei……

Hihi:

Berlin (AFP) – In dem nicht gerade für Karnevals-Frohsinn bekannten Berlin haben sich während der „tollen Tage“ ausgerechnet drei Polizisten daneben benommen: Bei einer privaten Faschingsfeier in der vergangenen Woche hätten sich die Beamte in ihrer Freizeit „derart aufgeführt, dass der Leiter der Direktion 5 eine Strafanzeige und disziplinare Vorermittlungen eingeleitet hat“, hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung der Polizei. Während der Weiberfastnacht im „Brauhaus Spandau“ kam es demnach zu Auseinandersetzungen zwischen Beamten verschiedener Dienstgruppen. Ein 41-jähriger Dienstgruppenleiter, sein 31-jähriger Vertreter sowie ein 34-jähriger Polizeihauptmeister sollen mehrfach unter anderem ihre Verkleidung, die aus Schottenröcken bestand, „gelüftet“ haben. Mehrere Gäste hätten sich betroffen gezeigt und angegeben, „Ekelgefühle empfunden zu haben, da die Beamten keine Unterbekleidung trugen“. Außerdem sollen die drei Mitarbeiter in körperliche Auseinandersetzungen mit Gästen verwickelt gewesen sein. Alle Beteiligten sollen unter Alkoholeinfluss gestanden haben.

 

Alexanderplatz ist nicht gleich Alexanderplatz

„Jochen! Ich war im Fernsehen! Ich hab 16.ooo Euro gewonnen. Bei der SAT 1 Quizshow!“ So tönte es kürzlich aus meinem Telefonhörer. Christian, ein Bekannter der seinen Lebensunterhalt üblicherweise zu gleichen Teilen als Friseur und Astrologe verdiente, war dem Rat eines Freundes gefolgt, der zu berichten wusste, dass man bei SAT1 stets händeringend nach Quizshowkandidaten sucht. Hatte sich beworben, war gecastet worden und hatte nach drei Wochen einen Drehtermin erhalten, den er als Sieger verließ.

Ausgerechnet Christian, diese völlige Nachtjacke. Sofort betrat ich die Sat1-Website und bewarb mich bei genannter Quizshow als Kanditat. Die Fernseh-Maschinerie lief wie geschmiert, nur drei Wochen später bekam ich eine briefliche Einladung der Produktionsfirma Grundy TV. Ich hätte mich am kommenden Sonntag im NH Hotel Berlin-Alexanderplatz einzufinden. Es finde ein Casting mit Allgemeinbildungstest statt, außerdem solle man zusätzlich überlegen, wie man die Summe von 1000 Euro originell verbraten würde, wenn man sie denn bekäme. Mit dieser Fangfrage wollte man wohl testen, wie originell man so drauf ist. Na, die würden sich aber wunder, würden die sich aber!

Auch fies: Das „NH-Hotel Alexanderplatz“ ist zwar in Berlin, aber nicht direkt am Alexanderplatz, sondern sicherlich drei Kilometer davon entfernt. An dieser Hürde würden nicht wenige andere Castingteilnehmer bereits scheitern, da war ich sicher. Um Punkt elf fuhr ich mit einer Droschke vor, in der völligen Gewissheit ich würde hier abräumen wie ein Fürst. Für die 1000 Euro-Sonderprämie, hatte ich mir ausgetüftelt, würde ich eine Vorleserin engagieren, die in einem Kinderheim behinderten und tschernobylverstrahlten, mehrfach amputierten Kleinkindern den ganzen Tag Geschichten vorläse. Verschweigen würde ich natürlich, dass diese Vorleserin meine gutaussehende Bekannte Sophia wäre, die die erhaltenen 1000 Euro nach der dummen Vorleserei mit mir in der Berliner Victoria Bar auf den Kopf bzw. Tresen hauen würde.

Siegesgewisser Einzug in die Hotellobby, am Tresen klingeln alle Telefone Sturm, die Rezeptionisten erklären ein ums andere Mal, nein, das NH Hotel ist nicht DIREKT am Alexanderplatz, Sie müssen die Tram 4, 5 oder 6…..

Lächle still.

Soll mich im Tagungsraum „Königs Wusterhausen“ einfinden. Vor genanntem Tagungsraum stehen 80 Leute sich die Beine in den Bauch. Einige um einen Aschenbecher herum, andere einfach so, mit dem ICHBINNURZUFÄLLIGHIER-Nlick. Bebrillte Checker, Studenten mit Aktenköfferchen, bekiffte Wenigerchecker mit Fransenpony, dreivier Sprittis, die dringend Geld brauchen, und viele viele mittelalte Hausfrauen.

Die Tür geht auf. SO, ALLE MAL REINKOMMEN, tönt es launig und von nun an sind wir in der Hand von drei Spaßzwergen der Firma Grundy TV, zwei Männer, eine Frau, keiner von ihnen größer als Einssechzig, die als Bonsai-Zerberusse vor der Eingangstür zum Tagungssaal sitzen und jedem von uns ein Klemmbrett in die Hand drücken. 80 Leute schlängeln sich in den Saal, man nimmt Platz und hört zu. Man trägt seinen Namen und seine Adresse auf seinen Personalstammbogen ein. Auf dem zweiten Formular sind senkrecht nach unten die Zahlen von 1-25 geschrieben und jeweils rechts daneben die Möglichkeiten A, B, C oder D. Es werden nun in halsbrecherischer Geschwindigkeit 25 Fragen verlesen, Multiple Choice, je eine Antwort ist richtig, und die muss man mit seinem Kuli einkreisen. In einer Ecke des Raumes ist auch eine Kamera aufgebaut, aber die ist für später, lernen wir.

Ich bin ja sowieso nur zum Spaß hier, als Chronist quasi, mache mir also auch ganz schnell ganz viel Notizen. Zum Beispiel schreibe ich auf, dass die Mittzwanzigerin aus dem Casting-Team, die die von ihrem Kollegen verlesenen Fragen zusätzlich nochmal auf einem Pappschild hochhält, erstens ein außergewöhnlich rares Nada Surf-T-Shirt trägt und zweitesn darunter superwunderbare Hupen hat, nicht zu groß, nicht zu klein, korrekter Prangwinkel, alles knuspi und HUP HUP! Schreibe des weiteren auf, dass der Kaffee hier sensationell schelecht schmeckt. Oder dass die Fragen, die uns hier gestellt werden, selten dämlich sind. Beispiel: Was ist Penicillin? Ein Antibiotikum, eine Währung, ein Porzellan oder eine Tierart?. Schlafwandlerisch beantworte ich alle Fragen, klar ich habe sowieso alles richtig. Dann ist Abgabe. Jeder muss seinen Antwortzettel in seinen Personalbogen reinfalten und abgeben. Dann alle nochmal raus vor die Tür, das Castingteam wird nun über Schablonen eine Blitzauswertung des Tests machen. Pause.

Komme mit einer grauumrandeten Mittfünfzigerin ins Gespräch, nägelkauend und kettenrauchend steht sie da, sie braucht ganz dringend Geld, was ich denn mit den 1000 Euro extra machen würde. Erzähle meinen Plan mit dem Kinderheim. Sie weint vor Rührung. Dann erzählt sie: Sie würde ein Jahr lang die KFZ-Haftpflicht für ihren Fiat Polo davon bezahlen. Aha. Sie drückt mir die Daumen, ich ihr auch.

Bingbang! Alle wieder rein. Wir erfahren nun vom Chefcaster, die besten 5 dürfen bleiben und werden dann vor der Kamera ein bisschen genauer befragt. Der Rest muss leider nach Hause gehen. Und schon werden die 5 Namen verlesen. Meiner ist nicht dabei.

Hä?

Verstehe ich nicht.

Stelle fest, ich bin gekränkt. Schnippe ärgerlich meinen Notizzettel (Geile Hupen, sensationell schlechter Kaffee, blöde Fragen) in meine Ledertasche und verlasse mit 75 anderen in überwiegend geduckter Haltung den Ort. Die graue Frau weint, ich sehe es, sie geht einige Schritte vor mir raus und entert die Trambahn nach Hohenschönhausen, das ist natürlich schon bitter.

Ich hingegen, ich merke erst zu Hause, dass ich einen folgenschweren Fehler gemacht habe. Der Antwortbogen ist noch in meiner Aktentasche. Über meinen Notizzettel (Geile Hupen, sensationell schlechter Kaffee, blöde Fragen), über diesen Zettel lachen jetzt drei kleine Menschen der Firma Grundy TV. Vielleicht hängt dieser Zettel jetzt sogar an irgendeiner lustigen Pinnwand. Man steckt nicht drin.

 

Mal eine Trambahn crashen?

Haben Sie 60 Euro übrig? Für den Preis dürfen Sie eine halbe Stunde lang den Straßenbahnsimulator der BVG benutzen. Ein Mordsvergnügen! Reservierung unter (030) 25630 333. Übrigens: Beliebtester Anfängerfehler: Herumfahren ohne Fahrgäste aufzunehmen…

 

Klein und fein

Soeben hat in der Zimmerstr. 68, Ecke Markgrafenstraße, der kleinste Imbiss in ganz Berlin-Mitte aufgemacht. Er heißt „Zur Teigtasche“. Dort verkauft eine charmante Türkin Teigtaschen in allen Variationen zu herzzerreißend niedrigen Tarifen (ab 0,45 Euro). Die Dinger sind unfassbar lecker, sie unterscheiden sich in erster Linie durch ihre Füllungen. Neben Klassikern wie Spinat/Feta gibt es welche mit Oliven-Frischkäse oder Lachs oder Räucherwurst. Ein rustikales Vergnügen. Bin inzwischen süchtig.

 

Triumph für Coop 99!

Für Außenstehende ist allein die Fülle der heute vergebenen Preise schwer zu durchschauen: Auf der Abschlussgala wurden sieben silberne Bären in verschiedenen Kategorien und als Hauptpreis der goldene Bär für den besten Film vergeben, außerdem zwei Sonderpreise. Mit den Stars und Sternchen der vielen internationalen Filme, die zum Teil erst durch die Berlinale einem breiteren Publikum bekannt wurden, taten sich auch die Profis schwer. Um die Verleihung hautnah zu erleben, habe ich vor dem Berlinale Palast in einer der Fotografen-Boxen Platz gefunden. Direkt neben mir: Ein RTL-Team, das versuchte die Prominenten „mitzunehmen“, und sichtlich bemüht war, den Überblick zu behalten: Der Kameramann konzentrierte sich zuerst auf alle, die in den schicken Phaeton-Limousinen vorfuhren, danach auf alle Frauen in auffälliger Abendgarderobe.

Als erster betrat Berlinale-Direktor Dieter Kosslik den roten Teppich; danach zogen auch allmählich Schauspieler, Regisseure und sonstige prominente Personen an uns vorbei. Als eine der ersten fiel den Fotografen die kleine zierliche und ziemlich leichtbekleidete Regisseurin Pernille Fischer Christensen auf, wie sich allerdings erst später herausstellte. „Wer ist denn das?“ – fragte der Kameramann sein Team. Niemand kannte die Regisseurin, die auf der Berlinale mit ihrem Debütfilm „EN SOAP“ gleich zwei Preise abräumte: den kleinen Bären für den besten Erstlingsfilm und neben dem iranischen Film „OFFSIDE“ den großen Preis der Jury.

Bald füllte sich der rote Teppich mit Stars und mit jedem stieg der Adrenalinspiegel der Kamerateams: „Franka hier-hier! Hier, Franka!“ „Martina! Martina, schau über die Schulter! Über die Schulter! Martina!“„Schööööön ist das!“ „Herr Winterbottom!“ „Herr Röhler!“ „Herr Wenders!“ – jede Bewegung auf dem Teppich wurde hundertfach auf Film festgehalten. Interessant übrigens, dass nur die Frauen beim Vornamen genannt werden…

Die hektischen Rufe der Fotografen ließen zumindest einen absolut kalt: den Schauspieler Jürgen Vogel. Er stieg aus, drehte den Kamerateams den Rücken zu und widmete sich ausführlich seinen Fans hinter den Absperrungen: Zunächst posierte er für das private Fotoarchiv der angereisten Zuschauer, danach verteilte er Autogramme. Den Silbernen Bären für die künstlerische Leistung gönne ich ihm persönlich vom ganzen Herzen! In dem sehr schweren Film „DER FREIE WILLE“ zeigt er uns seine Vielseitigkeit nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Co-Autor und Co-Produzent. Während der Preisverleihung betonte er nochmals, dass dieser Film viel Unterstützung braucht und dass er hofft, den Film durch die Berlinale-Auszeichnung in den deutschen Kinos zeigen zu können.

Ich bin bis zum Schluss geblieben und habe mir die Preisverleihung auf dem großen Bildschirm vor dem Berlinale Palast angeschaut. Leicht enttäuscht aber trotzdem einverstanden bin ich mit der Entscheidung der Juroren, den Goldenen Bären für den Film „GRBAVICA“ von Jasmila Zbanic zu vergeben. Ein großer Erfolg für die Produktionsfirma „Coop 99″, die von den jungen österreichischen Regisseurinnen Barbara Albert, Jessica Hausner und Antonin Svoboda (heute zählt auch Martin Gschlacht dazu) 1999 gegründet wurde! Sie war auf der diesjährigen Berlinale gleich mit zwei Filmen im Wettbewerb vertreten: „SLUMMING“ und „GRBAVICA“. Völlig unerkannt und unscheinbar huschte Barbara Albert an den Fotografen vorbei. Durch ihr unprätentiöses Auftreten fiel sie durch das Beuteschema der Kamerateams.

Der diesjährige Gewinner-Film erzählt eine Mutter-Tochter-Geschichte in Sarajevo. Eines Tages erfährt die 12jährige Sara über die Umstände ihrer Geburt während des Krieges auf dem Balkan. Für sie bricht eine Welt zusammen. Der langsam und rührend erzählte Film enthält zwar für meinen Geschmack einige zu überzogene und theatralische Szenen, die diesem Debüt der Regisseurin Jasmila Zbanic von der Jury aber offenbar verziehen wurden — vielleicht auch wegen der Thematik. Das ergreifende Ende des Films hat aber auch mich begeistert.

Alle Bären auf einen Blick:

– Goldener Bär: „GRBAVICA“ von Jasmila Zbanic

– Großer Preis der Jury – Silberner Bär: „EN SOAP“ („Eine Soap“) von Pernille Fischer Christensen und „OFFSIDE“ von Jafar Panahi

– Silberner Bär für die beste Regie: MICHAEL WINTERBOTTOM und MAT WHITECROSS „THE ROAD TO GUANTANAMO“

– Silberner Bär für die beste Darstellerin: SANDRA HÜLLER in „REQUIEM“ von Hans-Christian Schmid

– Silberner Bär für den besten Darsteller: MORITZ BLEIBTREU in „ELEMENTARTEILCHEN“ von Oskar Roehler

– Silberner Bär für eine künstlerische Leistung: JÜRGEN VOGEL als Schauspieler,- Co-Autor und Co-Produzent des Films „DER FREIE WILLE“ von Matthias Glasner

– Silberner Bär für die beste Filmmusik: PETER KAM für „ISABELLA“ von Pang Ho-Cheung

– Alfred-Bauer-Preis: „EL CUSTODIO“ („Der Schatten“) von Rodrigo Moreno

– Preis bester Erstlingsfilm: „EN SOAP“ („Eine Soap“) von Pernille Fischer Christensen

 

Wenn Sabu kommt

Was die Panorama-Veranstaltungen im Vergleich zum Wettbewerb so attraktiv macht, ist der direkte und persönliche Kontakt zu den Filmemachern. Bei den glamorösen Premieren im Berlinale Palast – wo nur Wettbewerbsfilme gezeigt werden – trifft man mit Sicherheit ein Paar Stars mehr, aber was hat man davon? Sie kommen auf die Bühne, bedanken sich bei den Organisatoren, bekommen Blumen und verschwinden hinter den Kulissen. Das war’s. Langweilig!

Gestern ging ich in die Vorführung des japanischen Films „Shisso“, um mir die angekündigte düstere Geschichte aus der Feder des bekannten japanischen Regisseurs Sabu (Hiroki Tanaka) anzuschauen, der sich bisher mit Komödien einen Namen machte. Der 1964 geborene Japaner begrüßte das Publikum vor dem Film mit folgenden Worten: „Hallo, ich bin DER geniale Regisseur Sabu. Sie sehen gleich mein neues Meisterwerk!“ — „Ich habe eine Tradition“, fuhr er fort, „ich mache mir immer ein Photo von meinem Publikum!“ Daraufhin kehrte er den Kinobesuchern den Rücken zu, drückte dem rot gewordenen Moderator seine Ein-Weg-Kamera in die Hand und … posierte mit einem Victory-Zeichen vor der Kamera. – Jagdszenen aus Japan!

Um es kurz zu machen: So genial wie angekündigt war der Film leider nicht. Der Auftritt des Regisseurs war aber auf jeden Fall sehenswert!

 

Spiel mir ein Lied nach dem Tod

Wieder eine Dorfgeschichte, aber wie anders ist sie!

Der deutsche Wettbewerbsbeitrag „Requiem“ erzählt die Geschichte von Michaela Klingler, einer jungen Frau, die ihr Pädagogik-Studium in Tübingen antritt und damit erstmals aus der verschlafenen Dorfgemeinschaft ausbricht. Ihr neues Leben genießt sie in vollen Zügen, bald jedoch häufen sich die Epilepsie-Anfälle. Nach langen Krankenhausaufenthalten schien die Krankheit in der behüteten Umgebung ihrer Eltern schon unter Kontrolle zu sein, – der Rückfall trifft sie schwer. In ihrem von tiefer Religiösität geprägten Umfeld hat man die Ursache schnell ausgemacht: Ihr weltlicher Lebenswandel in der Stadt.

1976 starb die 23jährige Anneliese Michel aus Klingenberg am Main an Unterernährung. Nach dem letzten Exorzismus auf deutschem Boden im Auftrag des Würzburger Bischofs wog sie nur noch 31 Kilogramm. Hans-Christian Schmids („Nach 5 im Urwald“, „Crazy“, „Lichter“) Film „Requiem“ ist nach „The Exorcism of Emily Rose“ der zweite Film, der sich mit diesem Fall beschäftigt.

Der Film hat mich sehr berührt. Zunächst fühlte ich mich in meine Studiumsanfangszeit versetzt: wie ein Kind freute ich mich über mein erstes eigenes Zimmer in einem Studentenwohnheim: Tür an Tür mit Hunderten anderer Mädchen. Mein erster Computer, der nur als eine Schreibmaschine gut war. Die Hausarbeiten, die ich erst in durchgearbeiteten Nächten geschrieben habe; Und die Enttäuschung, dass sie doch niemand gelesen hat. Auch das kleinbürgerliche Milieu der Nachkriegsgeneration ihrer Eltern hat der Regisseur sehr gut getroffen.

Der weitere Ablauf der Ereignisse bleibt uns jedoch völlig unverständlich: Michaela entfernt sich vom Zuschauer, was durch die distanzierten Kameraaufnahmen betont wird. Wir verlieren sie. Ein ‚Requiem’ ist für Regisseur Hans-Christian Schmid ein Lied der Gefühlsausbrüche, die er bei dem Zuschauer auslösen will. Man möchte der Protagonistin sagen: „Mensch, kapier doch, das ist nicht so, wie du denkst!“, wie es Schmid in einem Interview ausdrückte. Die Teufelsaustreibung selbst wird in einer Härte gezeigt, dass mir noch einige Zeit nach dem Film schlecht war.

Eine echte Entdeckung: Die Schauspielerin Sandra Hüller. Für ihre Rolle in „Requiem“ wurde sie bereits mit dem Bayerischen Filmpreis 2006 als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet. Hans-Christian Schmid hatte schon einmal das richtige Gespür: In seinem Film „Nach fünf im Urwald“ sahen wir zum ersten Mal die Schauspielerin Franka Potente.

Wie entscheiden sich die Juroren in Berlin? Die Schlussphase eines Wettbewerbs ist immer beinahe quälend spannend – aber nicht mehr lange: Die Auflösung kommt heute! Die Preisverleihung findet um 19 Uhr im Berlinale Palast statt.

Der Kinostart des Films „Requiem“ ist zwei Wochen nach der Berlinale am 2. März 2006.

 

Glauben Sie an die wirkliche Liebe?

Die Regisseurin Valeska Grisebach konfrontiert uns in ihrem Film „Sehnsucht“ (Berlinale Wettbewerb) mit dem Sujet von Romeo und Julia. Sie versetzt die vierhundert Jahre alte Liebesgeschichte von Shakespeare in ein kleines Dorf in der Nähe von Berlin.

Ella (Ilka Welz) und Markus (Andreas Müller) sind unsterblich ineinander verliebt. Ihre Liebe wird allerdings – wie auch bei Romeo und Julia – auf eine Bewährungsprobe gestellt. Diesmal sind es nicht die Eltern, die sich den Verliebten in den Weg stellen: Es ist ein One-Night-Stand. Markus feiert mit seinen Freunden von der freiwilligen Feuerwehr bis zur Bewusstlosigkeit. Am nächsten Morgen wacht er im Bett von Rosa auf, kann er sich aber an den Verlauf des Vorabends nicht mehr erinnern. Obwohl ihn die ungewollte Liebesnacht quält, kann er die Beziehung zu Rosa nicht abbrechen. Wiederholt versucht er, die Affäre zu beenden, verfällt dabei jedoch Rosa immer wieder. Bis Rosa eines Tages bei einem ihrer heimlichen Treffen vom Balkon eines Hotels stürzt. Ob es ein Unfall war, bleibt für den Zuschauer eine ungeklärte Nebensache. Rosa überlebt das Unglück, will ihn aber nicht mehr sehen. Der Vorfall lässt sein Fremdgehen auffliegen, ihn seine Frau verlässt ihn. Markus zerbricht an der Situation und versucht, sich mit einer Schrotflinte das Leben zu nehmen.

„Es waren einmal ein Mann und eine Frau. Die haben sich sehr geliebt…“ – erzählt ein kleines Mädchen die Geschichte von Markus und Ella ihren Freunden am Ende des Films. Sie verrät uns, dass der Markus überlebt hat. – „Mit welcher Frau ist er denn jetzt zusammen?“, fragen die anderen Kinder. Das Mädchen zuckt mit den Schultern: „Hm …“ und schaut in die Kamera: „Ja! Genau!“ – Das Ende der Liebesgeschichte bleibt im Film offen, die Frage wird an die Zuschauer weitergegeben: Wie würde ich die Geschichte beenden? Gibt es denn die wirkliche Liebe? Habe ich nicht auch die Sehsucht, „für immer und ewig“ zu lieben und geliebt zu werden?

Der Titel konfrontiert uns mit einem sehr persönlichen ‚Sehnsucht’-Verständnis der Regisseurin, die sie „als wilde Kraft, die viel über einen Menschen erzählen und gleichzeitig auch eine bittersüße Prise Abschied, Verzicht in sich tragen kann“ empfindet.

Der halbdokumentarische Stil des Films erinnert an den „kleinen deutschen Film“, wie z.B. „Die Halbe Treppe“ von Andreas Dresen. Die Geschichte ist von einer beeindruckenden Spontaneität und Natürlichkeit geprägt. Wortkarg, fast ohne Musik aber mit einer unglaublichen Präzision im emotionalen Detail entwickelt der Film seine eigene ausdrucksvolle Sprache. Die Regisseurin übermittelt ihre Botschaft vor allem durch das nonverbale Interagieren der Figuren. Die vielen ergreifenden Momentaufnahmen, wie z.B. Markus’ selbstvergessener Tanz als Robbie Williams, und die schlichten und unverbrauchten Gesichter der Laienschauspieler verleihen der Geschichte über Elle und Markus einen rührenden Charme.

 

Love und Peace

Ich muss zugeben, dass ich den Abspann von „Elementarteilchen“ verpasst habe: Der nächste Film, der gerade für reichlich Gesprächsstoff in Berlin sorgt, wartete auf mich. „Wuji – The Promise“ gilt als die bislang teuerste Produktion aus China mit einem Budget von 35 Millionen Dollar und wird mit „Hero“ und „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ verglichen.

Abgehetzt kam ich im Filmpalast zehn Minuten nach dem offiziellen Filmbeginn an: Und wie gut, dass auch die „Wuji“-Stars mit der Pünktlichkeit nicht so genau nehmen! Also, vorbei an den Hauptdarstellern, – die auch die Kameras der anwesenden Journalisten offenbar in vollen Zügen genossen, – und schnell einen Platz ergattert.

Ich fand den Film großartig! Trotz der späten Stunde und zunehmender Müdigkeit hielten mich die Spannung und die Faszination der Bilder bis zum Schluss fest. Der Schnitt und die Kameraführung sind so akribisch bearbeitet und mit der Musik abgemischt, dass ich Gänsehaut bekam. Ich finde dieses farbenfrohe Märchen in seiner typisch asiatischen Art mit vielen Special Effects, Kostümen und Massenszenen absolut sehenswert. – Die Handlung über Sklaven und Prinzessinnen ist jedoch praktisch zu vernachlässigen.

Am nächsten Tag erzählte ich einem Bekannten von meiner Begeisterung und stieß auf ein: „Brauchst du vielleicht eine Brille? Der Film ist doch total verwackelt und die Keulen sehen sehr nach Plastik aus! Das ist ein absoluter Kitsch!“

Klar, die Effekte können sich nicht mit aktuellen Hollywood-Produktionen messen, die oft das zehnfache Budget haben. Sie wirken oft unrealistisch. Den Filmgenuss stört das bei der ohnehin von der Realität losgelösten Handlung aber wenig.

Wenig überzeugend war allerdings der Auftritt des Regisseurs Chen Kaige („Lebe wohl meine Konkubine“). Er mimte den lässigen Amerikaner („Hi guys“) und langweilte dann das Publikum mit seiner Vision, einen Film der United Nations zu schaffen: In „Wuji“ versammelte er Schauspieler aus Korea, Japan und China. Produziert wurde der Film unter anderem auch in den USA. Im Film ginge es um Liebe und Freiheit. Auch um deren Kombination – Liebe zur Freiheit und Freiheit zu lieben.

Filmschaffende aller Welt: Vereinigt euch. Love and Peace! … Märchenerzähler lieben manchmal einfache Botschaften.