Lesezeichen
 

Das ist nur ein Spiel, Mama!

Auch wenn man Profibasketballer ist: Es ist schon wichtig, was die Eltern denken. Am Spielfeldrand mit der Mutter des Nationalmannschaftskapitäns

Die Mutter des deutschen Kapitäns ist Lehrerin: Karin Hövermann-Schaffartzik, Politik, Geografie und Geschichte. Sie hat selbst nie Basketball gespielt, aber jahrzehntelang zugesehen. Sie ist die Steuerfrau einer Basketballfamilie, ihre beiden Söhne spielen, und auch der Vater ist seit Jahrzehnten Basketballer. Frau Hövermann hat das Spiel studiert, ab und zu schleicht sich Fachjargon in ihre Sprache. Wenn sie am Spielfeldrand sitzt und ihren Jungs zusieht, hat sie eine dünne Haut. Ihre pädagogische Ader schimmert durch. Als ihre Kinder noch Kinder waren, lächelt sie, habe sie bei gelungenen Aktionen auch dem Gegner applaudiert. Heutzutage passe sie da besser auf. Sie lacht einem direkt ins Gesicht: Manchmal jubele sie immer noch aus Versehen. Eine gute Lebensgrundlage, denke ich: aus Versehen jubeln.

Weiter„Das ist nur ein Spiel, Mama!“

 

Mats Hummels isst ein Stück Vorderfuß

Trotz Hymne, High Fives und einer Schüssel Nüsschen: Gegen die Türkei ist den deutschen Basketballern nichts gelungen. Nichts. Überhaupt gar nichts.

Copyright: John Macdougall/AFP
Copyright: John Macdougall/AFP

Die Gewinner leuchten. Ein knappes Dutzend Fans hat Tickets in die Hand gedrückt bekommen: Deutschland – Türkei, Logenplatz, Chips und Bier und Promibesuch. Nowitzki-Trikots und T-Shirts von Niels Giffey. Großes Hallo. Kommentator Frank Buschmann schreibt Autogramme und macht seine Witze, später öffnet sich die Tür und Nationalverteidiger Mats Hummels steht im Rahmen. Auch Hummels leuchtet, eine Art Aura umgibt ihn, ein Schimmer aus Vorfreude und großen Erwartungen. „Weltmeister!“ skandieren zwei Gewinner. Zuvor hat er in Glasgow noch mit der deutschen Nationalmannschaft gegen Schottland gespielt, jetzt hat er einen Tag frei und will Dirk Nowitzki und die Mannschaft sehen. Weiter„Mats Hummels isst ein Stück Vorderfuß“

 

Der Flaschengeist am Spielfeldrand

© John Macdougall/AFP
© John Macdougall/AFP

Keine Backpfeifen, keine Maulschellen, kein Schlag in die Magengrube: So ein gutes Spiel wie gegen die Mannschaft aus Serbien hat keiner von den Deutschen erwartet.

Wenn man die Fernsehbilder der letzten Sekunden des Spiels gegen Serbien ansieht, sieht man Krenz am Spielfeldrand, direkt hinter dem Schiedsrichter, konzentriert und schweigend. Die Arme verschränkt, den Blick geradeaus. Alle anderen brüllen, die ganze Halle steht, die Fans unter dem Dach krakeelen, Serben und Deutsche. Ein paar können nicht hinsehen, verbergen ihre Gesichter in den Händen. Krenz sieht starr geradeaus. Es sind noch nullkommaneun Sekunden zu spielen, Deutschland liegt hinten. 66:68. Der Schiedsrichter übergibt den Ball an Dennis Schröder, es geht los, letzter Einwurf, letzte Chance, der Lärm wird ohrenbetäubend, und Krenz konzentriert sich. Weiter„Der Flaschengeist am Spielfeldrand“

 

Diese winzige, widerliche Sekunde

Die schlimmsten Momente im Sport sind, wenn Schmerz ist, wo eben noch Kraft war. Ob Wut oder Verzweiflung des verletzten Robin Benzing beim EM-Auftakt größer war?

Robin Benzing: Diese winzige, widerliche Sekunde - Freitext
Trost für Robin Benzing (© Tilo Wiedensohler)

Eine winzige, widerliche Sekunde: Im Auftaktspiel gegen die Isländer bekommt Flügel Robin Benzing an der Freiwurflinie den Ball, in Zeitnot und Bedrängnis, die Wurfuhr tickt und tickt und Benzing muss den Ball loswerden, schafft das auch und wirft im Nach-hinten-Fallen, aber landet dann, knickt weg. Vielleicht war es der Fuß von Jakob Sigurdason. Eine winzige Sekunde nur, dann schlägt Benzing auf den Boden, krümmt sich, verzieht das Gesicht. Sein Team springt auf und rennt zu ihm. Doc Neuendorfer und Alex King heben Benzing hoch und helfen ihm zur Bank, eigentlich schleppen und schleifen sie ihn. Weiter„Diese winzige, widerliche Sekunde“

 

Wer Foul sagt, kriegt ’nen Spruch

Hört auf mit Fußball! Das wahre Glück im Leben heißt: Basketball. Keiner fiebert der EM so entgegen wie unser Autor. Wenn bloß die Sache mit seinem Fernseher nicht wäre.

Basketball: Wer Foul sagt, kriegt 'nen Spruch
© cinematic/Photocase ()

Gestern unseren Fernseher aus dem Fenster geschmissen wie Keith Richards. Das alte Röhrenteil, einen halben Meter tief, tonnenschweres Glas, trauriger Elektroschrott. Krach. Die letzten Jahre hatten wir nur ab und zu mal eine DVD auf der alten Kiste angesehen, aber empfangen hat das Teil schon lange nichts mehr, seit einem halben Jahr konnte man ihn nicht einmal mehr anschalten.

Also weg damit, dachten wir, und zwar in aller Würde. Nicht auf die Straße stellen und „Zu verschenken“-Zettel draufkleben, aber niemand will das Teil geschenkt haben und man läuft tagelang jeden Morgen daran vorbei, als kenne man den eigenen Fernseher nicht mehr, und bei jedem Vorbeigehen wird einem klarer, dass die Zeit vergeht, dass man älter wird und irgendwann im Regen steht. Irgendwann pinkelt einem ein Köter an die Scheibe, der alte Dackel Vergänglichkeit. Weiter„Wer Foul sagt, kriegt ’nen Spruch“