Was die enthemmte, volksverdummende Brexit-Rhetorik angerichtet hat, macht viele Briten fassungslos. Auch wenn der Mörder von Jo Cox psychisch gestört ist, bleibt seine Tat politisch.
Als ich am Donnerstagabend von Jo Cox‘ Tod hörte und erfuhr, dass sie einen Mann und zwei Kinder hinterlässt, musste ich an das Buch Trauer ist ein Ding mit Federn von Max Porter denken. Es schildert, wie ein Mann und seine beiden Söhne nach dem überraschenden Tod der Mutter trauern und versuchen, mit der neuen Lage zurechtzukommen. Ihre Leben sind auf immer verändert. Eine Krähe, rau, schwarz, brutal, Aasfresser, Allesfresser, riesig, zieht bei ihnen ein.
Porters Roman sagt radikale Taten gegen Andersdenkende (Politiker, weiblich) nicht voraus. Er hat mit dem Fall von Jo Cox nichts zu tun. Doch Trauer fühlte ich, wie mir angesichts der brutalen Tat in Birstall deutlich wurde, bereits seit Wochen. Weiter„Gegen den Brexit hilft nur Aufklärung“
Auch wenn man es für ein Klischee hält: Island ist einfach magisch. Grund dafür sind aber nicht die vielbeschworenen Trolle und Elfen. Das Geheimnis steckt woanders.
Ich glaube nicht an Trolle und nicht an Elfen. Es ist wichtig, das an dieser Stelle festzustellen, weil es so viele gab, die mir einen Glaubenswandel prophezeit haben: Wenn du aus Island zurück kommst, wirst du an Trolle und Elfen glauben, dieses Land wird dich verändern, und manche fügten hinzu: „du sowieso, du mit deiner Fantasie“, weil das irgendwie passt: Elfen und Trolle und Schriftsteller. Vielleicht war ich auch deshalb so fest entschlossen: Auf gar keinen Fall an Elfen und Trolle zu glauben, wenn ich zurückkehre von meinem sechswöchigen Aufenthalt in diesem Land als writer in residence. Noch so ein erbärmliches Klischee: Eine Schriftstellerin, die verzweifelt versucht, keinem Klischee über Schriftsteller zu entsprechen. Weiter„Einfach sagenhaft eben“
Pöbeln ist einfach. Was für ein Glück, dass unsere Politik auch die leisen Stimmen vernimmt. Von Tieren können wir lernen, wie das Ganze noch besser funktioniert.
Wenn alle Götter jung sind wie Neymar oder Kroos, müssen viele gestandene Helden frühzeitig abdanken. Dabei zeigt uns der Fußball doch, wie anmutig das Alter sein kann.
Er fliegt, noch immer fliegt er. WM 2014 in Brasilien, ein unerwartet nickliges Vorrundenspiel gegen Ghana. Ich konnte es nicht sehen, sondern nur blechern hören über die Kopfhörer eines alten, kleinen Taschenradios, das ich immer wieder leise fluchend nach stabilem Empfang auf meinem Schoß ausbalancierte, auf einer Busfahrt über Long Island, New York, umgeben von Amerikanern, denen Soccer kaum mehr bedeutet als eine weitere europäische Extravaganz und die ungläubig den Kopf schütteln, wenn sie hören, dass so ein Spiel tatsächlich 0:0 enden kann. Weiter„Noch einmal fliegen und sein Herz verlieren“
Pegida-Märsche und AfD-Gestänker verderben vielen die Lust am Party-Patriotismus zur EM. Die Rechten haben sich die Deutungshoheit über das Nationalgefühl zurückerobert.
Vor zwei Jahren um diese Zeit konnte man sich vor Schwarz-Rot-Gold kaum retten. Von Flutschfinger bis Fliegenklatsche trug alles die deutschen Farben. Sie nisteten als Schminkset im Deckel des Nutellaglases, umschmiegten eine Traumkombination von Putzmitteln im praktischen Wischeimer und lagen als Wimpel jeder zweiten Zeitschrift bei. Denn die WM in Brasilien stand an, und seit dem „Sommermärchen“ von 2006 galt es als deutscher Brauch, zu den internationalen Fußballturnieren massenhaft Flagge zu zeigen. Weiter„Schland flaggt ab“
Wer nicht glaubt, dass man über Männer, Geschlechterkampf und Familie mit Humor und Geist schreiben kann, sollte die Text der kürzlich verstorbenen Fanny Müller lesen.
Wie stellt man Fanny Müller in eine Reihe mit Kafka und Brecht? So: Es war spätabends, als K. ankam. „Oh“, sagte Herr K. und erbleichte. „Genau wie Jonni!“ schreit Frau K. Weiter„Mit Mutterwitz durchs Vaterland“
Die Selbsterkenntnis ist die Mutter aller Erkenntnisse. Der Weg zu ihr ist dennoch steinig. Tiere haben einen besonderen Kniff: sich einfach mal ein bisschen verbiegen.
Lange hat unsere Autorin den Eskapismus der Naturfreunde belächelt. Nun hat sie zum ersten Mal ihren Balkon bepflanzt. Sofort ploppen die wahren Fragen des Lebens auf.
„Alles Gute für die Tomaten“, wünscht mir die Kassiererin, wir zwinkern uns vertraulich zu. Eine halbe Stunde lang bin ich durchs Pflanzenparadies gelaufen, an Bergen in Plastik eingeschweißter Blumenerde und gestapelter Balkonkästen vorbei, eine mir bislang verschlossene, eine von mir verschmähte Welt. Wer Zeit hat, seine Nachmittage mit der Auswahl roter, blauer oder roséfarbener Pflanzen zu verbringen, hat, so dachte ich bisher, aus der Geschichte nichts gelernt. Biedermeier, Spießertum, Landlust, es gibt viele Namen, unter denen der kleingärtnerische Eskapismus firmiert: Die Welt ist aus dem Ruder geraten und man selbst kauft Pflanzendünger. Weiter„Die Welt ist aus dem Ruder? Kauft Blumendünger!“
Die neue Rechte hantiert mit perfiden demagogischen Begriffen. Die Linke postet Katzenbilder. Höchste Zeit für ein bisschen Ideologiegeschichte.
Das Wort Gutmensch fällt in dieselbe Kategorie wie Warmduscher oder Sitzpinkler: Ich bekenne mich zu jeder der drei Zuschreibungen und komme mir dabei auch noch cool vor. Ich betrachte rücksichtsvolles Verhalten als das Gegenteil von Schwäche, ich finde, es ist alles andere als ein Beweis von Männlichkeit, seinen Urin über den Rand der Kloschüssel zu verspritzen, und wenn ich damit prahlen will, dass ich kein Weichei bin, muss ich nicht zu Hause kalt duschen, sondern kann zum Beispiel die verbürgte Anekdote raushauen, wie ich tief in Sibirien (im Dorf Scheregesch nahe der Stadt Taschtagol in den Mustagbergen) mit einer russischen Wandergruppe in der Banja war und es als Einziger fertigbrachte, die Flasche Bier, die ein Scherzkeks auf den Grund des Eisbeckens versenkt hatte, wieder hochzuholen. Dies nur kurz zum Einstieg, damit ihr wisst, was für ein harter Hund und netter Kerl ich bin. Weiter„Was heißt hier linksgrün?“