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„The Chopin Project“

Chopin von Synthesizern umrahmt – der isländische Musiker und Komponist Ólafur Arnalds improvisiert mit der deutsch-japanischen Pianistin Alice Sara Ott. 

„Seit Musik aufgezeichnet wird, hat es keine wirkliche Neuerung im Vortrag Chopin’scher Musik gegeben, und ich hoffte, dass jemand kommen und etwas anderes versuchen würde. Eines Tages, während eines Langstreckenfluges nach London, dachte ich: Warum versuche ichs nicht selbst?“, erzählt der preisgekrönte junge isländische Musiker und Komponist Ólafur Arnalds. Und seine Interpretation ist wahrhaftig neuartig.

Zusammen mit der deutsch-japanischen Pianistin Alice Sara Ott hat er The Chopin Project kreiert. Zur Aufnahme der Werke Chopins kommen alte, ungewöhnliche Klaviere, altmodische Aufnahmegeräte und verschiedene Mischtechniken zum Einsatz. Hier wird Chopin von Synthesizern und Streichern umrahmt. „Die Zuhörer sollen dem vortragenden Musiker so nahe sein, dass sie hören können, wie er atmet und die Tasten berührt“, erklärt Arnalds.

Chopin schrieb schließlich für intime Räume. In Hamburg hält deshalb bestimmt auch der Kleine Saal der Laeiszhalle gut her für das Konzert der beiden.

Text: Andra Wöllert

 

Chris‘ Kochtüte

Chris steht wochentags an der Hoheluftbrücke und verkauft seine Kochtüte. Darin: ein Rezept + passende Zutaten für den einen Feierabendsnack.

Es ist Montag. Wieder keine Lust, einkaufen zu gehen. Also wieder Spaghetti mit Ketchup? Für einige Menschen, die rund um den U-Bahnhof Hoheluftbrücke wohnen oder arbeiten, hat das Dilemma  ein Happy End: Seit April steht dort Christoph Zettler mit seinem Lastenrad, wochentags ab 16.30 Uhr und bietet Chris’ Kochtüte an.

Darin täglich ein neues Rezept mit den passenden Zutaten. Zum Beispiel Feldsalat mit Pfifferlingen und Walnüssen; oder Couscous mit Feta, Tomaten und Minze. Auf seiner Facebook-Seite kündigt der 32-Jährige, der zuvor in einem Hamburger Start-up gearbeitet hat, jeden Morgen das Tagesgericht an.

Die Tüten für eine Person kosten ab 4,90 Euro, für zwei Personen ab 7,90 Euro. Und am ungeliebtesten Tag der Woche ist die Kochtüte ein willkommener Lichtblick.

Text: Julia Braune

 

Hamburger Rudelsingen

Im Rudel wird so manches Vergnügen erst richtig genossen. Wer gerne singt, sich alleine aber nicht traut, kommt hier – ohne Risiko – voll auf seine Kosten.

Das allererste Rudelsingen ist’s vielleicht nicht, dieses jedoch wird von Team Bröker angeleitet, Teil eines Unternehmens, das die ganze Republik bespaßt. Vater Kurt von den Beathovens, Sohn Simon, der Sinfinity-Gitarrist. Wer solche Kalauer wagt, kennt keine Peinlichkeit, und das ist erstes Gebot beim Karaokegesang. Im Rudel allerdings fällt ohnehin vieles leichter, der Einzelne wird hier weder gefeiert noch geschmäht, die Masse macht die Musik. So fällt auch niemand auf, wenn man bei Sailing eine Träne verdrückt oder wie textfest man Verdammt ich lieb‘ Dich skandiert, die anderen tun es ja auch. Schreien statt schämen, und endlich wird wieder gesungen.

Text: Georg Kühn

 

Ein Herz für Hänger

Das Berliner Label Ein Herz für Hänger kommt wieder nach Hamburg ins Docks und bringt eine Wagenladung Electro-DJs mit.

Seit mehr als zwei Jahren feiert die Berliner Hängerfamilie in Hamburg exzessive Elektropartys und bringt dabei regelmäßig das Docks zum Beben. Mit dem Ziel, parallele Welten zu schaffen, hat die Crew mal wieder ein hervorragendes Line-up-Paket geschnürt: Britta Arnold, die als Teil der Bar25-Family seit vielen Jahren die Hauptstadt beglückt, Schlepp Geist aus Rostock (live), die Berliner Thomas Lizzara, Carlo Ruetz und DaVinci von den Hängerherzen selbst sind gebucht und natürlich dürfen auch die Lokalmatadore nicht fehlen: Surreal und Dirty Dishes sorgen für hanseatische Unterstützung und werden sicher zu einer unvergesslichen Elektronacht beitragen. Rave on kann das Motto da nur lauten.

Text: Ole Masch

 

Sunday Stomp

Das Revival des Count Basie Sounds reitet durch Hamburgs hippste Ecken und reanimiert den Tanztee. Swingen wie Opa mit Profis und angelernten Laien.

Drei Locations birgt das Haus 73, passenderweise findet der Sunday Stomp im Galopper des Jahres statt. Für rhythmisches Getrappel sorgt ab 16 Uhr ein Swingtanz-Crashkurs, damit auch der Laie den Einstieg ins lässige Swingen, rockige Bouncen etc. findet. Einfach kommen, niedrigschwellig und unangemeldet mitmachen, denn danach startet das Swing die Schanze-Set mit DJs und allen Schwierigkeitsklassen, Kuchen und Kaffee, „mit und ohne Latte“, bis 20 Uhr – ganz in der Tradition des Tanztees. Den Schwung kann man dann mitnehmen auf das gleichzeitig am Schulterblatt stattfindende Schanzenfest. Gut zu wissen: Der Swing war der Tanz der Amerikaner während des zweiten Weltkriegs und feiert in Hamburg derzeit eine blühende Renaissance.

Text: Georg Kühn

 

Barmbek Basch

Ganz schlimmer Nachbarschaftsflohmarkt, weit ab der menschlichen Zivilisation, kaum zu finden und deswegen überhaupt keine Empfehlung wert.

Niemals würde ich diesen Flohmarkt preisen, den Geheimtipp vermasseln. Keiner darf erfahren von dem neuen Panamahut oder dem Dadada-Casio, der nur einen Stoß Kontaktspray brauchte und wieder läuft – beides für je einen (!) Euro erstanden. Über den herrlichen Kuchen, den Profis nicht gebacken kriegen und den man morgens um zehn hier abliefert, um dann nur sechs Euro für den einen Meter langen Stand zu zahlen. Über diese Dinge schweige ich wie ein Graf. Dieser Flohmarkt ist für mich so nah und beginnt so spät, dass sogar meine Kinder Stillschweigen fordern. Am Ende trifft man dort noch die üblichen Verdächtigen, draußen auf dem Kirchhof, oder drinnen auf zwei Etagen. Auch darf nicht rauskommen, dass ich hier bei Mürbegebäck den Schnapper jage, statt die linke Faust zu recken auf dem im September gleichzeitig stattfindenden Schanzenfest. Wie ständ‘ ich in der Szene da?

Text: Georg Kühn

 

Schanzenfest 2015

Kritik, Kultur, Krawall? Wundertüte Schanzenfest – Sport, Spaß und Spannungen sind beim alljährlichen Feiern im teilgentrifizierten Viertel garantiert.

Wie jedes Jahr findet das Schanzenfest unangemeldet statt, die Veranstalter halten die Auflagen für unzumutbar, entsprechend wird das Quartier von der Polizei zum Gefahrengebiet erklärt. Neben diesen Ritualen gibt es auch andere Traditionen: den Anwohnerflohmarkt, Musik, Speisen und Information. Thematisch widmet sich das Fest dieses Jahr der Nolympia-Kampagne, verschiedene antiolympische Disziplinen werden rund um die Bartels-, Ludwig-, Stern- und Schanzenstraße ausgetragen. Befürchtet wird von den Aktivisten, dass neben der weiteren Kommerzialisierung und Gentrifizierung der Stadt die Polizei sich im Rahmen einer Olympiaaustragung üppig mit Befugnissen und Gerät ausstatten wird. Bedauert wird, dass diese Unsummen nicht in Bildung und soziale Projekte fließen, wie etwa der Flüchtlingsversorgung. So lautete das Motto letztes Jahr: „Refugees welcome“. Zu hoffen ist, dass das Fest friedlich bleibt.

Text: Georg Kühn

 

„Snak mal Dirty“

Das geplante SNAK! Hamburg Festival musste abgesagt werden, gefeiert wird aber trotzdem – im Waagenbau, Fundbureau und Central Park.

Das SNAK! Hamburg Festival war als erste Testveranstaltung für die neue Open-Air-Konzertlocation Parkland auf dem Verkehrsübungsplatz in Rothenburgsort groß angekündigt. Alle Genehmigungen lagen vor, bis kurzfristig eine weitere Auflage erteilt wurde: In einem Störfallgutachten sollte bewiesen werden, dass bei einer möglichen Havarie der angrenzenden Müllverbrennungsanlagen keine Gäste in Gefahr geraten. Die verständliche Forderung war zeitlich nicht mehr zu erfüllen. Als wunderbaren Trost für alle potenziellen Gäste wird jetzt zum gleichen Datum unter dem Motto „Snak mal Dirty“ in den Sternbrücken-Clubs Waagenbau, Fundbureau und Central Park sowie auf dem Lattenplatz mit über einem Dutzend Artists (Marcus Intalex, DJ Stylewarz, Jay Pauli, Marc Deal, Mixwell, Slim Charles und anderen) gefeiert.

Text: Ole Masch

 

St. Pauli trödelt

Der nichtkommerzielle Anwohnermarkt auf dem Spielbudenplatz der Reeperbahn bietet Kaffeditschen und anderes Klimbim für die gute Sache.

Zwischen tanzenden Türmen und taumelnden Touris, bei glitzernder Neonreklame und grauer Suppenküche: das Herz der Reeperbahn, der Spielbudenplatz, verwandelt sich diesen Sonntag in eine lebhafte Marktfläche. Der Anwohnerflohmarkt auf St. Pauli bietet Dorfcharakter im Sündenpfuhl: Alte Schallplatten, Klamotten und Skurrilitäten suchen neue Besitzer. Bewusst wird die Veranstaltung nachbarschaftlich und unkommerziell gehalten, gewerbetreibende Händler müssen draußen bleiben, angemeldete Kinder bis zwölf Jahre können ihr Spielzeug ganz ohne Standgebühr verkaufen! Hier findet man noch echten Trödel zum Schnäppchenkurs. Morgens gibt es Kaffee und belegte Brötchen, nachmittags den Kuchenbasar, der Erlös fließt sämtlich in die Projekte der Obdachlosenzeitung Hinz & Kunzt.

Text: Georg Kühn

 

Pop-up Lädenfestival

Geführte Touren von Shop zu Shop – alte Flächen werden mit neuen Ideen bespielt. Bei dieser Führung lernt man die Inhaber und ihre Konzepte kennen.

Ein Pop-up-Store ist ein temporärer Laden, der plötzlich aufpoppt, die Herzen seiner Kundschaft erobert (fast wie ein Start-up) und dann wieder verschwindet – oder bleibt. Bleiben und Verschwinden sind derzeit die großen Themen in Wilhelmsburg, der Stadtteil ist im Umbruch. Das Ladenfestival am Reiherstieg hat sich vorgenommen, Verwaistes und Brachliegendes aus dem Dornröschenschlaf wachzuküssen und arbeitet so bildhaft den Unterschied von Märchen und Utopie heraus, ein Unterfangen von politischer Dimension. In einer einstündigen Shoppingtour werden Ladenfrischlinge besucht und ihre Betreiber befragt – beispielsweise Esther Daenschel und Arndt Fricke, die in ihrer Möwe Pflanzen und schöne Kleinigkeiten verkaufen (Foto). Was sind das für Pop-ups und was war eigentlich früher in den Räumen? Im Rahmen des Pop-up Ladenfestivals Wilhelmsburg, im dem Höhepunkte wie Speisepilzlaboratioren, fahrradgetriebene Smoothiemixerbars und Schlaf-UFOs geboten werden. Ohne Anmeldung.

Text: Georg Kühn