Lesezeichen

Feroun & Simon Ferdinand

Feroun kommt all the way from Baltimore, um mit seinem Kowli-Records-Buddy Simon Ferdinand in der Villa Nova feinsten House zu spielen.

Es gibt sie noch, die Open Airs und auch die laueren Sommernächte, aber wir müssen zugeben, der Draußen-Spaß neigt sich langsam, aber sicher dem Ende zu. Dafür steigt das Indoor-Partyangebot wieder und so beendet die Villa Nova ihre Sommerpause mit einem großartigen Double Bill: Der ursprünglich aus Kazeroun im Iran stammende, aktuell in Baltimore residierende Kowli-Records-Betreiber Feroun lädt mit seinen Deep-House-Produktionen zur imaginären Grenzüberwindung und bittet dabei per Credo um Gelassenheit: Let’s not forget to breathe! Ebenfalls in Aktion ist Ferouns Hamburger Label-Buddy Simon Ferdinand, der es nicht bei Platten- und Knöpfchendrehen belassen will, sondern ein komplett analoges Live-Set spielen wird. Wenn das mal kein Start in die neue „Saison“ in der Talstraße ist!

Text: Friedrich Reip

 

Ghostship

Bei dieser Party werden härtere Töne angeschlagen: Mit EBM, Industrial, Gothic, Alternative und Co. wird die „Stubnitz“ zum Geisterschiff.

Düstere Aussichten für die MS Stubnitz. So mussten wir in der Vergangenheit leider viel zu oft berichten. Und auch an diesem Wochenende sieht es düster aus für das Musik- und Kulturschiff am Kirchenpauerkai 29 – aus erfreulichem Grund. Die Stubnitz verwandelt sich zum Geisterschiff. Die Living Dead Crew lädt bei ihrer Veranstaltung Ghostship zum großen Gothic-Stelldichein. Bei der Party wird der dunklen Szene musikalisch einiges geboten: Auf den drei Floors der Stubnitz laufen neben Electronix, EBM, Industrial, Gothic und Wave auch Batcave, Alternative- und Indiesounds. Ob es dabei besonders gespenstisch zugeht, ist abzuwarten. So eine Stubnitz ist mit der richtigen Beschallung ohnehin schon unheimlich gut genug.

Text: Ole Masch

 

Antarktis

Entfremdung und Blasphemie: Das Hamburger Sprechwerk dreht richtig auf und zeigt in diesem Monat gleich zwei Eigenproduktionen.

Wenn andere Theater in die Sommerpause gehen, fangen die Sprechwerk-Schauspieler erst an zu proben. Bisher war das kleine Theater als Aufführungsort für freie Theatermacher und Gastspiele bekannt. Einmal im Jahr gab es eine Eigenproduktion, die von der Kulturbehörde gefördert wurde. Die letzte, 1984, wurde so gut aufgenommen, dass die Schauspieler Lust bekamen, etwas Größeres zu machen. Die neue Veranstaltungsreihe Wortgefechte zeigt vier bis fünf dialogstarke Eigenproduktionen im Jahr. Im August gibt es gleich zwei Premieren. Antarktis erzählt von Menschen, die sich mit Apps optimieren und nicht mehr zu sinnlichen Erfahrungen fähig sind. Die zweite Premiere (23.08.) mixt Salman Rushdies Die Satanischen Verse mit Oskar Panizzas radikal antikatholischer Satire Liebeskonzil aus dem Jahr 1894.

„Im Januar haben wir einen Antrag auf Förderung gestellt und ein paar Tage später war der Anschlag bei Charlie Hebdo„, sagt die Sprechwerk-Intendantin Konstanze Ullmer. Sie wollte das Thema „religiöser Fanatismus“ unbedingt ansprechen, und so beschäftigt sich das Stück einerseits „blasphemisch mit dem Islam“, andererseits „respektlos mit dem Christentum“. Aktueller geht’s kaum.

Text: Natalia Sadovnik

 

Die Fantastischen Vier

Älter, besser, weiter: Das gilt zumindest für Fanta4. Jetzt gehen die Deutschrap-Pioniere auf Tour – mit Halt auf der Trabrennbahn Bahrenfeld.

Die Theorie von Thomas D: „Der Vorteil beim Älterwerden ist, dass man besser wird.“ Zumindest für seine Band Die Fantastischen Vier mag das gelten, die seit Ende der 1980er Jahre deutschsprachigen Hip-Hop mit mal mehr, mal weniger ernst gemeinten Texten macht und damit anhaltenden Erfolg hat. Die Bühnen wurden mit den Jahren nicht kleiner, die Positionen in den Hitlisten nicht niedriger. Wie das auf Dauer funktionieren kann, weiß der 46-Jährige natürlich auch: „Die Tüchtigkeit der Band entsteht aus einer Unzufriedenheit heraus. Wir wollen immer weitergehen, uns verändern. Wir wünschen uns, dass der Jetzt-Zustand nicht das Ende ist.“ Deshalb geht’s mit dem aktuellen Fanta-Album Rekord auch wieder auf große Tour. Am Samstag machen sie im Rahmen des Hamburger Kultursommers Halt auf der Trabrennbahn.

Text: Erik Brandt-Höge

 

Miu

Es groovt und hat Soul und ist leicht und tanzbar: Miu kommt ins Knust, um ihr Debütalbum vorzustellen und danach ordentlich abzufeiern.

„Es beginnt die Zeit der Gratwanderung zwischen ‚Aber ihr sollt doch alle mitkriegen, was alles ansteht!‘ und ‚Promo-Nerve'“, sagt Miu, um ihren Album-Release am Freitag im Knust anzukündigen. Aber so schlimm ist es gar nicht, schließlich sendet sie ja nicht auf allen Kanälen. Außerdem darf man sich ruhig ein bisschen reinhängen, wenn man seinen ersten richtigen Longplayer eingespielt hat. Das 5-Track-Minialbum Complicated Issues aus dem letzten Jahr war schon ein kleines Versprechen für die musikalische Zukunft, ein Appetizer, so köstlich, dass die Vorfreude auf ein volles Album durchaus berechtigt war. Dieses Debüt hat Miu jetzt mit Watercoloured Borderlines geliefert. Zugegeben, Vergleiche mit Amy Winehouse oder mit Adele sind total fehlgegriffen. Das ist aber auch egal, denn wenn es groovt und Soul hat und leicht ist und tanzbar, dann darf es einfach Miu heißen. Ohne Vergleiche.

Text: Nik Antoniadis

 

5 Kadaver Show

Blut, Folter und Schauergeschichten: Das „Hamburger Horrortheater“ zeigt The Best of the Worst, die schauerlichsten Szenen der vergangenen fünf Produktionen.

Ein Bühnenarbeiter folgt einem übernatürlichen Wesen, das in der Pariser Oper herumgeistert, nur um in dessen Folterkammer zu geraten. Der einzige Ausweg ist der Strick. Zwei Gauner brechen in eine alte leere Villa ein, die überraschenderweise bewohnt ist – und voller Schrecken. Die Theatertruppe Hamburger Horrortheater bringt kammerspielartige Schauerdramen, gespenstische Hörspiele und unheimliche Lesungen auf die Bühne des MUT! Theaters. Dabei werden viktorianische Horrorgeschichten adaptiert, spätmittelalterliche Dramen und sogar russische Märchen. Die Spielszenen werden durch Ton-Aufnahmen und Monologe ergänzt. In der neuen Reihe zeigt das Horrortheater unter dem Titel 5 Kadaver Show monatlich die spannendsten und blutigsten Szenen ihrer bisherigen fünf Werke.

Text: Natalia Sadovnik

 

Kingston Boatride

100 Prozent Massaya, 100 Prozent Vibes: Massaya Soundsystem lädt zur großen Reggae-Sause auf die Hedi. Support kommt von Stingray Disco aus Köln.

Nachdem die MS Classic Queen plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand, wäre die Party beinahe ins Wasser gefallen. Zum Glück ist die Hedi-Flotte groß, und so das Mutterschiff höchstpersönlich, Frau Hedi, eingesprungen. Denn der große Kingston Boatride XXL auf der Elbe darf natürlich nicht sang- und klanglos ausfallen. Schließlich wird Massaya Soundsystem zwölf und will das angemessen mit einem exklusiven Event feiern. Die Reggae- und Dancehall-Meister laden zu einer besonderen Hafenrundfahrt mit besonderem Geburtstagsgast: Stingray Disco. Die Kölner Crew um Selector Cooky Ranks, Hans, DJ Overproof und MC Junior Lion spannt bei ihren Selections gekonnt den Bogen zwischen aktuellen Jamaika-Tunes, exklusiven Dubplate Specials sowie Classics und Evergreens. Die beste Art, den Massayas zu gratulieren, ist, ordentlich das Boot zu rocken!

Text: Ole Masch

 

Castival

Veritabler Rap, griffige Indierock-Anleihen und Stadionhymnen für die Ewigkeit: Casper bringt seine neue Festivalreihe auf die Trabrennbahn.

Casper ist ein Phänomen. Das war er schon immer. Das einstige Hardcore-Kid aus der Stadt, die es nicht gibt, das als Rapper binnen kürzester Zeit „Hin zur Sonne“ gestrebt ist – und sie als funkelnder Stern am Hip-Hop-Himmel bisweilen sogar überstrahlt. Mit seiner versierten Melange aus veritablem Rap, griffigen Indierock-Anleihen und Camp-Nou-großen Stadionhymnen für die Ewigkeit hat er mit seiner heiseren Trademark-Stimme sämtliche Genregrenzen kurzerhand für nichtig erklärt – und damit nicht nur gute ehrliche Mucke in den Mainstream gehievt, sondern auch den anhaltenden Hip-Hop-Hype entscheidend mitgeprägt. Statt auf längst ausgetretenen Pfaden zu waten, ist Casper stets eigene Wege gegangen. Nicht verwunderlich also, dass der für seine energiegeladenen Konzerte bekannte Wahl-Berliner auch sein diesjähriges Live-Konzept auf links gezogen und mal eben eine eigene Festival-Reihe ins Leben gerufen hat: die Castivals. Dafür fährt er seit Anfang Juni durch die Lande und lässt sich von befreundeten und stets hochklassigen Kollegen begleiten – von Bosse über Prinz Porno, von Wanda bis K.I.Z. Am 21. August gastiert Casper endlich auch in Hamburg und wird die Trabrennbahn Bahrenfeld zum „Hinterland“ erklären. Mit dabei: Freund und Kupferstecher Thees Uhlmann sowie kein Geringerer als Baba Haftbefehl, der allen Hamburgern mal eine kleine Lehrstunde in „Kanackis“ erteilen wird – und den man vermutlich auch nicht sofort mit Casper in Verbindung gebracht hätte. Aber Casper ist eben ein Phänomen.

Text: Daniel Schieferdecker

 

MS Dockville

Das Gipfeltreffen des guten Geschmacks: Es ist wieder soweit, das große Open-Air-Happening geht zum neunten Mal auf der Elbinsel an den Start.

Das MS Dockville wird optimiert, der alte Charme jedoch bleibt. Zum neunten Mal treffen sich ab Freitag internationale Größen und noch unbekannte Talente auf der Elbinsel Wilhelmsburg, um MS-Dockville-Romantik zu erleben. Sie packen ihre Instrumente und Platten aus, schauen in glückliche, verschwitzte, bunt angemalte Gesichter, sehen am Horizont in der untergehenden Sonne Hafenkräne verschwimmen und stimmen erste Akkorde und Beats an. Bierknappheit und knietief im Matsch zu versinken, stören die Festivalidylle nicht mehr, das Orga-Team ist mittlerweile gut eingespielt – obwohl das Unperfekte ja auch seinen Charme hat, zumindest retrospektiv betrachtet. Den Blick in die Zukunft gerichtet, erwartet die Festivalgemeinde diesmal ein gewohnt abwechslungsreiches Line-up: Indie-Rock und Post-Punk von Interpol aus New York, Electro-Pop von FM Belfast, akustische Klänge von Junip-Frontmann José Gonzalez, Rap vom Berliner Prinz Pi, Live-Beats von Jan Blomqvist, Electro von Caribou und vieles mehr. So ist das MS Dockville quasi internationales Gipfeltreffen des guten Musikgeschmacks.

Text: Lena Frommeyer

 

Summer Academy Abschlusskonzert

Während die meisten in der Sonne lagen, haben diese Musiker in der School of Music gejammt und geschwitzt. Das Ergebnis zeigen sie live.

Dass Sommer für den Durchschnittshamburger im Park liegen, Erfrischung am und im Wasser suchen, ein Feierabendbier an der Elbe oder gar in den Süden fliegen bedeutet, sei hier einmal dahingestellt. Es gibt nämlich auch eine Handvoll Menschen, die ihren Sommer mit Musik-machen-Lernen verbringen. Bewiesen wird das an diesem Donnerstag beim Abschlusskonzert der eben angedeuteten Hamburg School of Music. Summer Academy Live heißt das Event und alle Teilnehmer zeigen ihre Errungenschaften der vergangenen drei Wochen. In der Zeit haben sie in 80 Unterrichtsstunden mit Profimusikern aus der Hansestadt gejammt und gelernt. Ob eine Band gründen oder sich solo weiterbilden, die Früchte ihrer Arbeit zeigen alle zum krönenden Abschluss auf der Bühne. Die befindet sich in diesem Fall im Music Club Live in Eimsbüttel.

Text: Andra Wöllert